Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Beiden Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am l2. März l940 geborene Schuhmachermeister Hermann A und der am 27. Mai l953 geborene Fassadenarbeiter Franz B des Vergehens des schweren Betruges nach §§ l46, l47 Abs 2 StGB, Hermann A überdies des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil in Wien l.) Hermann A und Franz B am l9. November l976 im einverständlichen Zusammenwirken als Beteiligte mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der D-Versicherungs-Aktiengesellschaft durch Vorlage eines falschen Unfallberichtes, betreffend einen in Wahrheit vorsätzlich herbeigeführten Zusammenstoß ihrer beiden Personenkraftwagen, mithin durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen verleitet haben, welche die Versicherungsgesellschaft an ihrem Vermögen schädigten, nämlich a) zur Auszahlung von 57.3l4 S an Hermann A, b) zur Auszahlung von 30.000 S an Sonja bzw. Franz B;
2.) Hermann A am 8. und am l8. November l977
durch die vor dem Untersuchungsrichter wiederholt erhobene Behauptung, er habe an der Unterfertigung der zu Punkt l) genannten Unfallmeldung nicht freiwillig mitgewirkt, sondern sei von Franz B durch Drohungen, Faustschläge und die Ankündigung, sein Vorleben in seinem Bekanntenkreis preiszugeben, dazu genötigt worden, den Franz B einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens der Nötigung nach § l05 Abs 1 StGB, falsch verdächtigt und hiedurch der Gefahr behördlicher Verfolgung ausgesetzt hat, wobei er wußte, daß die Verdächtigung falsch war. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Hermann A mit einer auf die Ziffern 5, 9 lit a und l0 des § 28l Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Der Angeklagte Franz B hat das Urteil nicht angefochten. In bezug auf den Schuldspruch wegen Vergehens des schweren Betruges (Punkt l des Urteilssatzes) macht der Angeklagte Hermann A als Begründungsmängel im Sinne des § 28l Abs 1 Z 5 StPO Unvollständigkeit des Ausspruches über entscheidende Tatsachen sowie Angabe nur offenbar unzureichender Gründe geltend.
Zur Rüge, das Erstgericht habe infolge einer falschen Rechtsansicht eine Feststellung darüber unterlassen, ob der Angeklagte tatsächlich mit Bereicherungs-
'absicht' (richtig: -vorsatz) vorgegangen sei, zu welchem Zweck das Entgelt, das er aus einem Verkauf seines Fahrzeugs an die Firma C zu erwarten gehabt hätte, dem ihm nach Abzug sämtlicher Spesen von der Versicherungsleistung verbliebenen Betrag gegenüberzustellen gewesen wäre, wird bei der Behandlung der Rechtsrüge Stellung genommen.
Rechtliche Beurteilung
Die Frage, von welchem der Angeklagten die Initiative zur Durchführung des Versicherungsbetruges ausgegangen ist, betrifft keine für die rechtliche Beurteilung entscheidende Tatsache (vgl. SSt. l3/80 und die weiteren bei Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2 unter Nummern 7 ff zu § 28l Z 5 StPO angeführten Entscheidungen), sondern einen höchstens für die Strafzumessung (§ 34 Z 3 und 4 StGB) bedeutsamen Umstand, der vom Beschwerdeführer ohnehin
auch zum Gegenstand der Berufung (vgl. SSt. 32/ 70) gemacht wurde.
Unter Anrufung des materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes der Z l0 des § 28l Abs 1 StPO macht der Angeklagte A geltend, das Erstgericht habe zufolge der irrigen Rechtsansicht, die Kenntnis der Angeklagten von der Leistungsfreiheit des Versicherers im Sinne des § 6l VersVG impliziere eine unrechtmäßige Bereicherung, Feststellungen bezüglich einer vorsätzlichen Vermehrung des faktischen Vermögens der Angeklagten unterlassen. Denn auf Grund ihrer Angaben hätten die Angeklagten von der D-Versicherungsgesellschaft aus der Vollkasko- und Haftpflichtversicherung nicht mehr erhalten, als sie auch bei einem Verkauf ihrer Fahrzeuge erzielt haben würden; ihr Vorteil habe sich darauf beschränkt, daß Franz B für sein relativ schwer verkäufliches Fahrzeug in kurzer Zeit Bargeld erhalten und der Beschwerdeführer sich weitere Verhandlungen mit der Firma C erspart habe. Mangels Bereicherung sei die Tat mithin nicht als Betrug, sondern nur als Täuschung (§ l08 StGB) zu beurteilen.
Die Rechtsrüge hält einer überprüfung nicht stand.
Eines Betruges macht sich schuldig, wer mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, jemanden durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung verleitet, die diesen oder einen anderen am Vermögen schädigt (§ l46 StGB).
Mit Bereicherungsvorsatz handelt, wer durch die Tat sein Vermögen oder das Vermögen eines Dritten vermehren will. Unrechtmäßig bereichert sich, wer auf die durch die Tat bewirkte Vermehrung seines oder des Dritten Vermögens keinen Anspruch hat. Die Bereicherungstendenz braucht nicht das ausschließliche Ziel des Täters zu sein, doch muß sie im Zeitpunkt der Täuschung vorliegen (Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 74l). Selbst wenn man, der Darstellung des Beschwerdeführers folgend, annehmen würde, daß die Angeklagten an Versicherungsleistungen nicht mehr erhalten haben, als sie letztlich auch bei einem Verkauf der Fahrzeuge erzielt haben würden, und daß durch die inkriminierte Vorgangsweise die Angeklagten sich lediglich Verkaufsverhandlungen erspart hätten und Franz B rascher zu seinem Geld gekommen sei, könnte dies am betrügerischen Charakter ihrer Vorgangsweise und an der Tatsache der Bereicherung nichts ändern.
Denn zur Zeit der Tat - nämlich im Zeitpunkt der Täuschung der Organe der Versicherungsgesellschaft durch Vorlage des wahrheitswidrigen Unfallberichtes -
hatten die Fahrzeuge infolge des an beiden Wagen herbeigeführten Totalschadens (Seite 239 d. A) nur noch Wrackwert. Auf Grund der von den Angeklagten auf betrügerische Weise erwirkten Auszahlung der weit höheren Versicherungssummen hat das faktische Vermögen der Angeklagten aber - wie sich auch aus dem Beschwerdevorbringen ergibt - eine beträchtliche Vermehrung erfahren.
Daß die Versicherungsgesellschaft um die ausbezahlten Beträge geschädigt wurde, wird auch vom Beschwerdeführer nicht in Zweifel gezogen.
In bezug auf den Schuldspruch wegen Vergehens der Verleumdung (Punkt 2 des Urteilssatzes) rügt der Angeklagte Hermann A als Begründungsmangel im Sinne des § 28l Abs 1 Z 5 StPO Unvollständigkeit des Ausspruches über entscheidende Tatsachen und macht geltend, aus seinen Angaben vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung ergebe sich, daß er Franz B nicht ernsthaft einer Nötigung geziehen, sondern eher Angst vor der Polizei gehabt habe.
Die Urteilsfeststellungen, wonach der Angeklagte den Franz B am 8. und am l8. November l977 vor dem Untersuchungsrichter beschuldigt hat, ihn durch die mehrfach geäußerte Drohung, sein Vorleben preiszugeben, sowie durch Versetzen von Faustschlägen genötigt zu haben, an der vorsätzlichen Beschädigung der Fahrzeuge mitzuwirken und den gemeinsamen Unfallbericht auszufüllen und zu unterschreiben (Seiten 242-243 d. A), finden jedoch im Inhalt des dem Angeklagten in der Hauptverhandlung vorgehaltenen Beschuldigtenprotokolls ON 5 Deckung, aus dem sich ergibt, daß Hermann A diese Anschuldigungen bei drei verschiedenen Vernehmungen und auch noch nach der in der Beschwerde erwähnten, auf den Vorhalt, warum er auf seiner üblichen Strecke gefahren sei, wenn er vor B Angst gehabt habe, gemachten Angabe, so ernst habe er die Sache wieder nicht genommen (Seite 65 d. A), wiederholt hat (Seiten 64, 67 und 67 a d. A). Daß der Angeklagte A in der Hauptverhandlung die gegen Franz B erhobenen Anschuldigungen nachträglich abgeschwächt hat, kann die Eignung seiner ursprünglichen Angaben, B der Gefahr behördlicher Verfolgung auszusetzen, nicht berühren. Tatsächlich haben die vom Beschwerdeführer vor dem Untersuchungsrichter gemachten Angaben auch zur Einleitung einer Voruntersuchung gegen Franz B wegen Vergehens der (schweren) Nötigung nach §§ l05, l06 StGB geführt (Seiten 3 und 243 d. A).
Der behauptete Begründungsmangel ist somit nicht gegeben. Als ebensowenig zielführend erweist sich die auf den Nichtigkeitsgrund nach § 28l Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützte Rechtsrüge.
Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers hat das Erstgericht ohnehin festgestellt, daß Hermann A die aus den von ihm bewußt wahrheitswidrig erhobenen falschen Anschuldigungen für Franz B resultierenden Konsequenzen und insbesondere die Einleitung eines Strafverfahrens wegen Nötigung durchaus bedacht und bewußt billigend in Kauf genommen hat (Seiten 243-244 d. A).
Mit der Behauptung, in keiner Weise bedacht zu haben, daß allenfalls gegen B ein Verfahren in Richtung des § l05 StGB eingeleitet werden könnte, ist die Rechtsrüge nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil auf diese Weise nicht der vom Erstgericht festgestellte, sondern ein willkürlich angenommener - urteilsfremder - Sachverhalt mit dem darauf anzuwendenden Strafgesetz verglichen wird.
Schließlich wird in den Entscheidungsgründen zutreffend dargelegt, daß es eine unzulässige überschreitung des einem Beschuldigten zustehenden Verteidigungsrechtes darstellt, wenn von ihm über eine Abwehr ihn belastender Angaben hinaus bewußt wahrheitswidrig falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt werden, wonach, würden sie der Wahrheit entsprechen, eine andere Person eine strafbare Handlung begangen hätte (Seite 244 d. A;
vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 48-49 und ll72). Ebendies trifft aber auf die von Hermann A gegen Franz B erhobenen falschen Anschuldigungen zu.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten Hermann A nach §§ 28, l47 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 l/2 Jahren; bei der Strafzumessung nahm es als erschwerend die einschlägigen, erheblichen Vorstrafen, das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen, die Wiederholung der Verleumdungen wie auch die Begehung der Straftaten innerhalb der Probezeit einer bedingten Strafnachsicht, als mildernd hingegen das Geständnis im Falle des Betruges und das Schadensanerkenntnis an. Zugleich wurde der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einweisung des Angeklagten in eine Anstalt für gefährliche Rückfallstäter gemäß § 23 Abs 1 StGB abgewiesen.
Während die Berufung des Angeklagten eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstrebt, bekämpft jene der Staatsanwaltschaft allein die Abweisung des Antrages auf Anordnung einer Maßnahme gemäß § 23 Abs 1 StGB
Beide Berufungen sind nicht begründet.
Was die bekämpfte Strafhöhe anlangt, so hat das Schöffengericht die vorliegenden Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig mit der Einschränkung angeführt, daß das bloße Schadensanerkenntnis (S. 222 d. A) nicht den Milderungsgrund nach § 34 Z l5
StGB herzustellen vermag. Auch die von der Berufung vorgebrachten Argumente für eine Strafminderung vermögen nicht zu überzeugen. Eine Verleitung durch den Mitangeklagten Franz B zum Betruge liegt nach den Feststellungen des Erstgerichtes nicht vor. Von einer Unbesonnenheit kann im Hinblick auf die sorgfältige Planung dieser Tat nicht die Rede sein. Die nicht nur der Zahl, sondern auch dem Gewichte nach wesentlich überwiegenden Erschwerungsumstände rechtfertigen durchaus eine im oberen Drittel des Strafrahmens gelegene Freiheitsstrafe, zumal die vom Sachverständigen bekundete Haltlosigkeit und gleichgültige Einstellung des Angeklagten gegenüber fremdem Eigentum (S. 224) die Verhängung einer längeren Freiheitsstrafe indiziert, um den vom Angeklagten selbst unterbrochenen Resozialisierungseffekt wieder herzustellen. Aber auch der Berufung der Staatsanwaltschaft war ein Erfolg zu versagen, weil nach den Verfahrensergebnissen und dem Gutachten des Sachverständigen Prim. Dr. Heinrich Gross der Angeklagte noch nicht eindeutig als Hangtäter zu qualifizieren ist. Es handelt sich vielmehr, wie das Erstgericht auch zutreffend erkannt hat, um einen Grenzfall, bei welchem der Sachverständige selbst trotz vorhandener krimivalenter Faktoren die Frage eines vorliegenden Hanges zur Begehung krimineller Handlungen aus medizinischer Sicht offen lassen mußte (siehe wieder S. 224). Eine Gesamtschau der Persönlichkeit des Angeklagten, insbesonders die Berücksichtigung der auch vom Erstgericht hervorgehobenen zeitweiligen Resozialisierung rechtfertigt zumindest derzeit nicht die Anordnung der von der Staatsanwaltschaft geforderten Maßnahme gemäß § 23 Abs 1 StGB
Es war daher spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO
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