Spruch:
Der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 4.September 1995, GZ 16 Vr 306/94-73, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 191 Abs 3 StPO.
Dieser Beschluß, der im übrigen unberührt bleibt, wird im Ausspruch über die Fruktifikationszinsen aufgehoben und es wird dem Landesgericht Klagenfurt die neuerliche Entscheidung im Umfang der Aufhebung aufgetragen.
Text
Gründe:
Im Strafverfahren AZ 16 Vr 306/94 des Landesgerichtes Klagenfurt wurde der italienische Staatsangehörige Dr.Emerico S*****, der sich wegen Verdachtes des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB und der Geldwäsche nach § 165 Abs 1 und Abs 3 StGB in Untersuchungshaft befand, nach Ablegung eines Gelöbnisses gemäß § 180 Abs 5 Z 1 und 2 StPO sowie nach Erlag einer Barkaution von 1,000.000 S am 17.August 1994 enthaftet (Bd I, ON 29, 32; ON 23 in ON 40). Die Haftkaution wurde gemäß richterlichem Auftrag vom 21.Oktober 1994 (ON 39) auf einem sodann bei der Verwahrungsabteilung des Oberlandesgerichtes Graz hinterlegten Sparbuch der S***** AG fruchtbringend angelegt (siehe Bd II ON 72).
Mit Beschluß des Untersuchungsrichters vom 14.Juli 1995 (ON 64) wurde ua die von Dr.Emerico S***** erlegte Kaution von 1,000.000 S gemäß § 191 Abs 2 StPO für verfallen erklärt und die bezeichnete Verwahrungsabteilung angewiesen, diesen Betrag an die "Staatskasse" abzuführen. Dieser Beschluß wurde der Staatsanwaltschaft am 17.Juli 1995, dem Wahlverteidiger des Beschuldigten am 20.Juli 1995 zugestellt (3 f, 3 i des Antrags- und Verfügungsbogens und 228/II), er blieb unbekämpft und erwuchs demgemäß am 4.August 1995 in Rechtskraft.
Da der Überweisungsauftrag von der Verwahrungsabteilung infolge der fruchtbringenden Anlegung der Barkaution auf einem Sparbuch nicht durchgeführt werden konnte (Bd II ON 72), wies der Untersuchungsrichter des Landesgerichtes Klagenfurt mit in Rechtskraft erwachsenem Beschluß vom 4.September 1995 (ON 73) die Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Graz an, dieses Sparbuch zur Gänze zu realisieren und das Realisat samt Fruktifikationszinsen und ohne Abzug einer Verwahrungs- und Umsatzgebühr dem Rechnungsführer des Landesgerichtes Klagenfurt zwecks Abführung an den "Bundesschatz" zu überweisen.
Am 15.September 1995 berichtete die Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Graz dem Landesgericht Klagenfurt, daß ein von der S***** AG an diesem Tag eingezahlter Betrag von 1,027.491 S als Realisat aus dem vorgenannten Sparbuch auftragsgemäß dem Rechnungsführer des Landesgerichtes Klagenfurt zur Abführung an den "Bundesschatz" überwiesen wurde (ON 75).
Rechtliche Beurteilung
Der Beschluß des Untersuchungsrichters vom 4.September 1995 steht, wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Nach § 191 Abs 2 StPO ist die Kautions- oder Bürgschaftssumme bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen für verfallen zu erklären. Verfallene Sicherheitsbeträge, die erst mit der Rechtskraft des Beschlusses, womit sie für verfallen erklärt werden, in das Eigentum des Bundes übergehen (SSt 59/39; s auch Sobalik, "Die Ansprüche nach § 193 Abs 3 StPO auf die für verfallen erklärte Haftkaution", RZ 1971, 3; Lohsing-Serini, Österreichisches Strafprozeßrecht, Seite 248, Anm 8), sind gemäß § 191 Abs 3 StPO an die Bundeskasse abzuführen.
Daraus folgt, daß abreifende Zinsen einer fruchtbringend angelegten Kaution bis zur Rechtskraft des Verfallsbeschlusses (hier: 4.August 1995) dem Erleger der Kaution, ab diesem Zeitpunkt jedoch dem Bund zufallen.
Im vorliegenden Fall hat daher der Bund nur auf jenen Teil der Fruktifikationszinsen von 27.491 S Anspruch, der aus der fruchtbringend angelegten Haftkaution ab der Rechtskraft des Verfallserkenntnisses, somit ab 4.August 1995 abgereift ist. Der darüber hinausgehende Betrag steht dagegen dem Beschuldigten Dr.Emerico S***** zu.
Da sich die Gesetzesverletzung zum Nachteil des Beschuldigten auswirkt, war spruchgemäß zu entscheiden.
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