Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Markus Z***** mehrerer Verbrechen nach § 3g VG schuldig erkannt.
Danach hat er jeweils in B***** (zusammengefasst) sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er nachstehende nationalsozialistische Inhalte in seine „Facebook-Seite“ stellte, und zwar:
1./ am 29. Mai 2010 die Äußerung „Best greets from Austria 88“;
2./ am 12. August 2010 die Äußerung „Demokraten - Pfui Teufel! Das Übel der Zeit 88“;
3./ am 26. August 2010 die Äußerung „88 aus Braunau!“;
4./ am 12. Juli 2010 das Zitat von Mathilde Ludendorff „Sei Deutsch, sei wahr, sei zuverlässig, sei stolz, sei stark, sei furchtlos, sei beherrscht, sei bewusst deines Blutes, sei Hilfe dem Edlen, sei Vernichtung dem Bösen, sei Herzeigen dem Volke, sei Feind seinen Feinden!!!!!!“;
5./ am 11. November 2010 den Auszug aus einer Rede von Baldur von Schirach „Mögen die anderen spotten und lachen, ihr werdet einmal Deutschlands Zukunft sein! Ihr seid das kommende Volk und auf euch ruht die Vollendung dessen, um was wir heute kämpfen. Potsdam 1932“.
Die vom Angeklagten dagegen aus den Gründen des § 345 Abs 1 Z 5, 8 und 13 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde schlägt fehl.
Rechtliche Beurteilung
Die Verfahrensrüge (Z 5) richtet sich zum einen gegen den Aussetzungsbeschluss des Schwurgerichtshofs vom 19. Jänner 2012 (ON 16) sowie die nachfolgende Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 17. Februar 2012, AZ 13 Ns 9/12w (ON 17), und zum anderen gegen die „mangelnde Parteiöffentlichkeit von Rechtsbelehrung und Fragenbesprechung“, bezieht sich damit aber auf keinen Antrag oder Widerspruch des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung, wie ihn der herangezogene Nichtigkeitsgrund voraussetzt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 302), wobei sie verkennt, dass gegen einen Aussetzungsbeschluss kein Rechtsmittel zulässig ist (vgl Philipp, WK-StPO § 334 Rz 11). Im Übrigen wäre auch ein entsprechender Antrag zu Recht abgelehnt worden, weil das Gesetz eine Anwesenheit der Parteien bei der Beratung und damit auch bei der mündlichen Rechtsbelehrung nach § 323 Abs 1 StPO nicht vorsieht (vgl Philipp aaO § 322 Rz 6).
Mit der in der Strafzumessungsrüge erhobenen Kritik „mangelnder Abgrenzung im Verbotsgesetz zu allgemeinen Tatbeständen der Verhetzung“ wird weder eine Überschreitung der Strafbefugnis durch das Geschworenengericht (Z 13 erster Fall) noch eine offenbar unrichtige Beurteilung einer für die Strafbemessung maßgebenden entscheidenden Tatsache (zweiter Fall) oder ein in unvertretbarer Weise erfolgter Verstoß gegen Bestimmungen über die Strafbemessung (dritter Fall) dargetan. Indem der Beschwerdeführer ohne durch Angabe der Fundstelle einen aktenmäßigen Bezug herzustellen damit - ebenso wie in der Instruktionsrüge - im Ergebnis eine Eventualfrage gemäß § 314 Abs 1 StPO in Richtung des Tatbestands des § 283 StGB einfordert (der Sache nach Z 6), zeigt er kein eine solche Fragestellung indizierendes und in der Hauptverhandlung hervorgekommenes Tatsachensubstrat auf (RIS-Justiz RS0120766, RS0102724; vgl Ratz, WK-StPO § 345 Rz 42 f).
Gegenstand einer Instruktionsrüge (Z 8) kann nur der Inhalt der schriftlichen Belehrung der Geschworenen sein, soweit er sich entweder auf die Darlegung der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung, auf die die Haupt- oder Eventualfrage gerichtet ist, auf die Auslegung der in den einzelnen Fragen vorkommenden Ausdrücke des Gesetzes, auf das Verhältnis der einzelnen Fragen zueinander oder auf die Folgen der Bejahung oder Verneinung jeder Frage (betreffend einen Schuld- oder einen Freispruch und die Subsumtion) bezieht (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 53). Die vom Rechtsmittelwerber vermisste Belehrung über „die konkrete Fallgestaltung“, dh ob durch die Art und Weise der Veröffentlichung „mehrdeutiger“ Zahlencodes in einem sozialen Forum wie „Facebook“ der Tatbestand des § 3g VG erfüllt wurde und ob ein bestimmtes Zitat (nach seinem Bedeutungsinhalt) „als NS-Propaganda erkennbar war“, bezieht sich jeweils auf Tatfragen, die Gegenstand der Besprechung gemäß § 323 Abs 2 erster Satz StPO, nicht aber der Rechtsbelehrung sind (vgl Ratz, WK-StPO § 345 Rz 64 iVm § 281 Rz 404).
Da die Rechtsbelehrung nach ständiger Rechtsprechung nur hinsichtlich der den Geschworenen tatsächlich gestellten Fragen angefochten werden kann (RIS-Justiz RS0101085), bedurfte es - entgegen der insgesamt nicht prozessförmig ausgeführten Instruktionsrüge (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 65) - auch „zu den Tatbestandsmerkmalen der Verhetzung“ nach § 283 StGB keiner belehrenden Erläuterungen.
Zum wiederholten Antrag des Beschwerdeführers, das Aussetzungsverfahren und dessen zugrundeliegende Bestimmungen auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen zu lassen, bleibt - ungeachtet nicht erkennbarer Präjudizialität (im Sinn des Art 89 Abs 2 zweiter Satz B-VG) im Nichtigkeitsverfahren - bloß anzumerken, dass gegen die Verfassungskonformität des § 334 StPO schon deshalb keine Bedenken bestehen, weil sich der Angeklagte in der wiederholten Verhandlung (§ 334 Abs 3 StPO) wieder uneingeschränkt sämtlicher Beteiligungs-, Mitwirkungs- und Verteidigungsrechte (§§ 6 und 7 StPO) bedienen konnte (vgl auch RIS-Justiz RS0053954).
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung des Verteidigers - bereits bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß §§ 344, 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über seine Berufung folgt (§§ 344, 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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