Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mario S***** (im Urteil falsch: S*****) des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt, weil er am 15. September 2003 in Wien Maja K***** durch zumindest fünf Stiche mit einem Küchenmesser (Klingenlänge 12 cm) in den Brustkorbbereich zu töten versuchte.
Die Geschworenen bejahten die anklagekonform nach versuchtem Mord gestellte Hauptfrage, ließen demzufolge die nach dem Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung (§ 87 Abs 1 StGB) und dem Vergehen der schweren Körperverletzung (§§ 83 Abs l, 84 Abs 1 StGB) gestellten Eventualfragen unbeantwortet, verneinten die zu den Schuldfragen gestellte Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit und ließen folgerichtig die in Richtung § 287 Abs 1 StGB gestellte Eventualfrage unbeantwortet.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde:
Die gegen diesen Schuldspruch aus den Gründen der Z 4 und 6 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl. Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider bedurfte es im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) keines Hinweises darauf, dass der Angeklagte die Tat vorsätzlich begangen hat, weil der - in der Deliktsbeschreibung des § 75 StGB nicht genannte - Vorsatz (§ 5 Abs 1 StGB) durch § 7 Abs 1 StGB subintellegiert wird (vgl Ratz WK-StPO § 281 Rz 12 und 283 mwN), und überdies ein - wie vorliegend angelasteter - Tatversuch nach dem Gesetz (§ 15 Abs 1 StGB) nur vorsätzlich begangen werden kann. Im Übrigen wurde den Geschworenen in der ihnen gemäß § 321 StPO erteilten Rechtsbelehrung (S 4) das Vorsatzerfordernis beim Verbrechen des Mordes unmissverständlich dargelegt (vgl Ratz WK-StPO § 345 Rz 33).
Die Fragenrüge (Z 6) moniert zu Unrecht das Unterbleiben einer Eventualfrage nach versuchtem Totschlag. Denn Eventualfragen sind gemäß § 314 Abs 1 StPO dann zu stellen, wenn in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht worden sind, nach denen - wenn sie als erwiesen angenommen werden - ein eines vollendeten Verbrechens oder Vergehens Angeklagter nur des Versuches schuldig oder ein als unmittelbarer Täter Angeklagter als Täter anzusehen wäre, der einen anderen dazu bestimmt hat, die Tat auszuführen, oder der sonst zu ihrer Ausführung beigetragen hat, oder wonach die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat unter ein anderes Strafgesetz fiele, das nicht strenger ist als das in der Anklageschrift angeführte.
Im vorliegenden Verfahren wäre eine Eventualfrage nach §§ 15, 76 StGB demnach nur bei einem Tatsachenvorbringen zulässig gewesen, auf dessen Grundlage die rechtliche Annahme getroffen werden könnte, der Angeklagte habe sich in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung zur versuchten Tötung der Maja K***** hinreißen lassen. Allgemein begreiflich ist eine heftige Gemütsbewegung jedoch nur dann, wenn das Verhältnis zwischen dem sie herbeiführenden Anlass und dem Ausnahmezustand allgemein verständlich wäre, sich nämlich ein mit den rechtlich geschützten Werten verbundener Mensch vorstellen könnte, unter den besonderen Umständen des Falles in eine solche Gemütsverfassung zu geraten. Die Ursache der Gemütsbewegung muss sittlich verständlich sein; sie darf nicht im Charakter des Täters oder in seinen verwerflichen Neigungen oder Leidenschaften und auch nicht in einem psychisch abnormen Persönlichkeitsbild, sondern bloß in äußeren Umständen zu suchen sein (Fabrizy StGB8 § 76 Rz 2; Leukauf/Steininger Komm3 § 76 RN 11 f).
Das Vorliegen eines nur unter diesen Gesichtspunkten im Sinne des § 76 StGB privilegierenden psychischen Ausnahmezustandes wird - dem (unsubstantiierten) Beschwerdestandpunkt zuwider - durch die im Rechtsmittel bezeichneten Verfahrensergebnisse, nämlich die Angaben der Zeuginnen Marina und Ankica S*****(S 41 f, 49 f/I), nicht indiziert. Selbst unter der Annahme eines aus der Schilderung der Erfolglosigkeit einer Gesprächsanbahnung mit Maja K*****, die sich in einer Runde von wiederholt vom Angeklagten auf deren Beziehung zu ihr angesprochenen männlichen Lokalbesuchern befand, ableitbaren tiefgreifenden Affektzustandes resultierte dieser nach jenen Zeugenaussagen aus einer krankhaften Eifersucht des Angeklagten gegenüber dem nach der bereits längere Zeit zurückliegenden Trennung von ihm wiederholt bedrohten und misshandelten Tatopfer und wäre daher nach den zuvor genannten Tatbestandskriterien des § 76 StGB keinesfalls als allgemein begreiflich zu beurteilen gewesen, weshalb eine Eventualfrage nach versuchtem Totschlag zu Recht unterblieb. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Zur Berufung gegen den Strafausspruch:
Das Geschworenengericht verurteilte Mario S***** nach § 75 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Jahren. Dabei wertete es keinen Umstand erschwerend, mildernd berücksichtigte es hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel und dass es beim Versuch des Mordes blieb.
Der gegen diesen Strafausspruch vom Angeklagten erhobenen Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Der Milderungsgrund nach § 34 Abs 1 Z 16 StGB tritt - entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers - bedeutungsmäßig in den Hintergrund, weil es nach Lage des Falles (Beobachtung der Tat durch mehrere Zeugen, die den Täter kannten) nicht wahrscheinlich war, dass der Angeklagte unentdeckt geblieben wäre oder leicht hätte entfliehen können.
Angesichts der von Maja K***** erlittenen lebensgefährlichen Verletzungen bestand auch unter Berücksichtigung der psychischen Beeinträchtigungen (einschließlich des chronischen Alkoholismus) des Berufungswerbers für den Obersten Gerichtshof kein Anlass zu einer Korrektur der vom Erstgericht ausgesprochenen Sanktion.
Zur Berufung gegen den Zuspruch an die Privatbeteiligte:
Auch die gegen den Zuspruch von 26.380 EUR Schmerzengeld vom Angeklagten ergriffene (fälschlich als Beschwerde bezeichnete) Berufung ist verfehlt.
Denn das Geschworenengericht ist - dem Gutachten der Sachverständigen Dr. F***** folgend (US 6 iVm S 385/I) - davon ausgegangen, dass Maja K***** auf Grund der ihr vom Angeklagten zugefügten multiplen schwersten Verletzungen (vgl S 135/I) 34 Tage starke, 66 Tage mittlere und 100 Tage leichte Schmerzen erleiden musste. Der bekämpfte Betrag ist auch als - vom Beschwerdeführer angestrebte - Globalsumme angemessen.
Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.
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