OGH 12Os71/78

OGH12Os71/7814.9.1978

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. September 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Seidl als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter A wegen Vergehens nach § 1 Abs. 1 lit. a und c PornG.

über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 21. Februar 1978, GZ. 1 b Vr 805/77-14, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Waldeck und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 5. Februar 1949 geborene kaufmännische Angestellte Peter A des Vergehens nach § 1 Abs. 1 lit. a und c PornG. schuldig erkannt, weil er am 6. Juni 1977 in Wien in gewinnsüchtiger Absicht unzüchtige Schriften und Abbildungen, nämlich insgesamt 26 im Urteil unter Punkt I und II namentlich aufgezählte Magazine und Bücher zum Zweck der Verbreitung vorrätig gehalten und anderen angeboten hat. Vom selben Anklagevorwurf in Beziehung auf einige andere Druckwerke wurde er rechtskräftig freigesprochen.

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer als 'Berufung wegen Nichtigkeit' bezeichneten Nichtigkeitsbeschwerde, die er auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. a StPO stützt.

In seiner Rechtsrüge macht der Beschwerdeführer zunächst geltend, daß § 1 PornG. durch das am 1. Jänner 1975

in Kraft getretene Strafgesetzbuch materiell derogiert sei, bestimme letzteres doch in seinem § 220, daß derjenige (wegen Vergehens) zu bestrafen ist, der in Druckwerken, in einem Laufbild oder sonst öffentlich zur gleichgeschlechtlichen Unzucht oder zur Unzucht mit Tieren auffordere oder derartige Unzucht in einer Art gutheiße, die geeignet sei, solche Unzuchtshandlungen nahezulegen, womit in einem späteren Strafgesetz eine Sonderregelung getroffen worden sei, welche die allgemeine Strafvorschrift des § 1 PornG. für die zutreffenden Fälle ausschließe.

Rechtliche Beurteilung

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß sich an der Geltung der Strafbestimmungen des Pornographiegesetzes durch das Inkrafttreten des Strafgesetzbuchs nichts geändert hat; das ergibt sich nicht nur daraus, daß das Pornographiegesetz in der - allerdings nicht abschließenden (arg. 'insbesondere') - Aufzählung der infolge des Inkrafttretens des Strafgesetzbuchs außer Kraft gesetzten Rechtsvorschriften (Art. XI Abs. 2 StRAG.) nicht angeführt ist, sondern vor allem aus der Verschiedenartigkeit der nach dem Pornographiegesetz und nach § 220 StGB geschützten Rechtsgüter. Nach § 220 StGB ist nämlich das Auffordern oder Gutheißen von (u.a.) gleichgeschlechtlicher Unzucht verboten; § 1 Abs. 1 PornG. pönalisiert dagegen das in gewinnsüchtiger Absicht erfolgende Herstellen, Vorrätighalten, Einführen, Befördern, Ausführen, Anbieten, überlassen und öffentliche Ausstellen unzüchtiger Druckwerke. Allein diese Unterschiedlichkeit der durch die beiden Normen geschützten Rechtsgüter und der den Tatbestand erfüllenden Handlungen zeigt, daß durch § 220 StGB eine materielle Derogation des Pornographiegesetzes nicht eingetreten sein kann und letzteres sohin weiterhin in Kraft steht.

Damit gehen aber auch alle in der Nichtigkeitsbeschwerde angestellten Spekulationen ins Leere, wonach in den vom Beschwerdeführer feilgehaltenen Druckwerken die unzüchtigen (vorwiegend gleichgeschlechtlichen) Handlungen nicht angepriesen oder gutgeheißen, sondern lediglich - gleichsam wertfrei - geschildert würden, ohne daß hiedurch zur Nachahmung aufgefordert werde. Denn nicht das Auffordern oder Gutheißen unzüchtiger Handlungen (im Sinne des § 220 StGB), sondern das der Strafnorm des § 1 (lit. a und c) PornG. zuwider in gewinnsüchtiger Absicht unternommene Inverkehrsetzen sogenannter harter Pornographie (wenn auch in einem Sex-Shop) wird dem Beschwerdeführer zum - strafrechtlich allein relevanten - Vorwurf gemacht. Mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO führt der Beschwerdeführer weiters aus, das Erstgericht lege ihm auch zur Last, daß in den feilgehaltenen Druckwerken in ununterbrochener Aneinanderreihung sexuelle Betätigungen aller Art geschildert würden, die eines Handlungsgeschehens oder eines darüber hinausreichenden gedanklichen Inhaltes entbehrten; eine Verbreitung derartiger bloßer Schilderungen geschlechtlichen Verhaltens sei aber nach der nunmehrigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wenn sie in einem entsprechend gekennzeichneten Sexladen erfolgt, zu dem Jugendlichen wirksam der Zutritt verwehrt wird, nicht mehr strafbar. Auch damit ist die Beschwerde nicht im Recht. Das Erstgericht hat in übereinstimmung mit der neuen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. insbes. ÖJZ-LSK.

1977/254 = EvBl. 1977/186; 12 0s 109/77 u.a.) die vom Beschwerdeführer feilgehaltenen Druckwerke rechtsrichtig als absolut verpönte, harte Pornographie beurteilt (S. 54 d.A.), enthalten doch diese Druckwerke in stark vergröberter Darstellungsweise und anreisserisch verzerrter Form unter Verwendung ordinärster Sprachelemente die Darstellung gleichgeschlechtlicher Unzuchtsakte, die teilweise tatsächlich bis zur Anpreisung solchen in unserer vorwiegend heterosexuellen Gesellschaft abartigen Verhaltens reicht (vgl. z.B. Pleasure 15 - Tete a tete; Pleasure 7 - Lord Wankleys health manor;

Private 38 - Marion, Kim, Barbra; Climbim - Die lesbischen Schwestern; Lore - Süße Natascha und Strip; Prince 15 Love me tenderly; Bums extrem 1 und 2 - Susi und Hilde, Lesbos;

Porno Boy 18 - Wenn die Votze juckt; Exciting 3

- lesbische Bilder; Das Sexschloß des Dracula - S. 179 ff., Bilder S. 146 und 152; 169 - 171). Aber auch die anderen Bücher und Magazine enthalten derartige Schilderungen, wozu noch in den Druckwerken Nazi - Sex, Mice - torture, Transsexuale Bondage, Lockende Fesseln (hier S. 13 - 27, 52 ff., 84 ff.) und Lolita (S. 130 ff.) sexualbezogene Gewalttätigkeit und Sadomasochismus dargestellt werden. Damit haftet der Beurteilung der in den inkriminierten Druckwerken enthaltenen pornographischen Darstellungen als absolut perhorreszierte, strafbare harte Pornographie und somit absoluter Unzüchtigkeit ein Rechtsirrtum nicht an. Soweit das Erstgericht darauf verweist, daß sich in einzelnen Druckwerken - neben den Stellen harter Pornographie - auch andere Darstellungen finden, in denen sexuelles Verhalten 'aller Art' dargestellt wird, bringt es bloß zum Ausdruck, daß hiedurch der pornographische Charakter der Werke nur noch unterstrichen wird, zumal auch die Schilderung dieser Szenen unter Verwendung ordinärster Worte und in einer Weise geschieht, aus der sich gleichfalls ergibt, daß es den Autoren nicht etwa auf eine künstlerisch vertretbare Darstellung (auch abartigen) menschlichen Sexualverhaltens ankommt, sondern daß einziges Ziel der Druckwerke die Weckung niedrigster Instinkte und in bezug auf die harte Pornographie die Befriedigung des beim Leser vorausgesetzten Interesses für solche abartigen sexuellen Betätigungen ist. Der in Rede stehende Hinweis des Erstgerichts dient somit nur der Illustration des von ihm - rechtsrichtig - festgestellten (absolut) pornographischen Charakters der Druckwerke, die in jedem einzelnen Fall sog. harte Pornographie im Sinne der zitierten Judikatur enthalten.

Soweit sich der Beschwerdeführer unter Berufung auf § 281 Abs. 1 Z. 9 (gemeint: lit. a) StPO dagegen wendet, daß auch jene Darstellungen, die sich mit Unzuchtsakten von Zwittern untereinander befassen, als gleichgeschlechtliche harte Pornographie beurteilt worden sind, und dazu ausführt, Zwitter seien unglückliche Wesen, bei denen sowohl die männlichen wie die weiblichen Geschlechtsmerkmale ausgebildet seien, weshalb man sie weder als Mann noch als Frau bezeichnen und Unzuchtsakte zwischen ihnen nicht als gleichgeschlechtlich ansehen könne, so ist ihm zu entgegnen, daß die bezüglichen Druckwerke (Transsexuals Orgy I, Transsexuals Fucking, Masculins feminins, Transsexuals Bondage) Abbildungen von Zwittern enthalten, bei denen die weiblichen Brüste ebenso ausgebildet sind wie das männliche Glied. Die zwischen diesen abgebildeten Personen erfolgende geschlechtliche Betätigung ist jedenfalls nicht heterosexuell, sondern nach Art der Darstellung eindeutig der gleichgeschlechtlichen Unzucht zuzuordnen, was das Erstgericht zutreffend erkannt hat. Dazu kommt aber, daß im Magazin 'Transsexuals bondage' auch sadomasochistische Szenen (Auspeitschung, Fesselung) dargestellt werden, woraus allein schon die Beurteilung als harte Pornographie abzuleiten ist. Dem Erstgericht ist somit auch insoweit bei Auslegung des Begriffes der (absolut) strafbaren harten Pornographie kein Rechtsirrtum unterlaufen.

Schließlich meint der Beschwerdeführer in seiner Rechtsrüge noch, ihm habe es an der gewinnsüchtigen Absicht gefehlt, denn 'Gewinnsucht' müsse schon nach der rein sprachlichen Bedeutung des Wortes mehr bedeuten als bloßes Anbieten zum Verkauf und Hinnehmen von Entgelt; fehle es aber an der Gewinnsucht, könne der Tatbestand nach § 1 Abs. 1 PornG. nicht vorliegen.

Auch hierin kann der Beschwerde nicht beigepflichtet werden. Gewinnsucht nach § 1 Abs. 1 PornG. liegt immer schon dann vor, wenn durch die Verwendung des Tatobjektes im wirtschaftlichen Sinn ein Vermögensvorteil entsteht bzw. entstehen soll (EvBl. 1975/141). Ein solcher Vermögensvorteil wäre dem Beschwerdeführer schon dadurch zugekommen, daß er im Sexshop seines Bruders tätig war und den Lohn für seine dort geleisteten Dienste zumindest teilweise aus den Erträgnissen des Verkaufes der als unzüchtig beurteilten Artikel erhalten hätte. Zudem wäre es belanglos, ob und inwieweit der Gewinn aus dem Verkauf der inkriminierten Druckwerke dem Angeklagten selbst oder dem Geschäftsinhaber zugeflossen wäre, weil zum Begriff des Handelns in gewinnsüchtiger Absicht nicht notwendig ein Handeln um des eigenen Vorteiles willen gehört (SSt. 26/39; 10 0s 13/73).

Gestützt auf § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO führt der Beschwerdeführer schließlich aus, daß die 'harte' Pornographie nur einen kleinen Teil der feilgehaltenen Druckwerke ausgemacht habe und von ihm bei den vorgenommenen stichprobenweisen Kontrollen als nicht ins Auge springend übersehen worden sei. überdies habe der Beschwerdeführer damit rechnen können, daß das Pornographiegesetz aufgehoben werde und keine Anzeigen mehr nach diesem Gesetz erstattet wurden. Zu dieser überzeugung habe die Tatsache beigetragen, daß die Staatsanwaltschaft in einigen Fällen Druckwerke, die gleichfalls homosexuelle Beziehungen zum Inhalt gehabt hätten, von der Verfolgung ausgenommen habe und in vielen Fällen Darstellungen auch harter Pornographie überhaupt unverfolgt geblieben seien. Dem Beschwerdeführer müsse daher ein Irrtum bei der Auslegung des Begriffes strafbarer harter Pornographie zugebilligt werden. Damit wird zwar nicht der angerufene, wohl aber der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO geltend gemacht, der dem Ersturteil jedoch gleichfalls nicht anhaftet. Das Erstgericht hat sich mit der Verantwortung des Beschwerdeführers, ihm sei der pornographische Inhalt der Druckwerke nicht bekannt gewesen, eingehend auseinandergesetzt, sie jedoch als unglaubwürdig bezeichnet und mithin als widerlegt angesehen, weil der Beschwerdeführer vor der Polizei ein Geständnis abgelegt habe und die Darstellung homosexueller Szenen in den beanstandeten Druckwerken so umfangreich sei, daß sie auch bei flüchtiger Durchsicht der Druckwerke nicht übersehen werden können (S. 56/57 d. A.).

Damit hat es mit lebensnaher und sowohl im Akteninhalt als auch durch den Inhalt der inkriminierten Druckwerke gedeckter Begründung einen bezüglichen Tatsachenirrtum des Beschwerdeführers abgelehnt. Ebensowenig ist für den Beschwerdeführer durch den auf das Vorliegen eines Rechtsirrtums (§ 9 StGB) abzielenden Hinweis, er habe auf eine Abschaffung des Pornographiegesetzes bzw. auf eine Liberalisierung der Rechtsprechung hiezu vertraut, zu gewinnen. Denn die Art des von seinem Bruder mit seiner Hilfe betriebenen Geschäfts und seine bereits früher erfolgte Beanstandung hätten den Beschwerdeführer schon mit Rücksicht auf die von ihm vertriebenen Druckwerke zu besonderer Sorgfalt veranlassen müssen, wobei er auch verpflichtet war, sich entsprechende Kenntnisse der bestehenden Rechtslage zu verschaffen, und sich keineswegs auf eine mögliche önderung derselben hätte verlassen dürfen.

Da dem Erstgericht somit weder ein Rechtsirrtum noch ein Begründungsmangel unterlaufen ist, war die demnach zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 1 Abs. 2 PornG. unter Anwendung des § 37 StGB zu einer Geldstrafe von 60 (sechzig) Tagessätzen, wobei es den Tagessatz mit 100 S bestimmte und die Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit 30

(dreißig) Tagen festsetzte. Gemäß § 1 Abs. 3 PornG. erkannte es weiters (in Verbindung mit § 41 PresseG.) auf Verfall der unzüchtigen Druckwerke.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend keinen Umstand, als mildernd hingegen, daß die pornographischen Schriften sichergestellt wurden.

Mit seiner Berufung wendet sich der Angeklagte sowohl gegen die Anzahl der verhängten Tagessätze als auch gegen die Höhe des Tagessatzes. Er strebt eine Herabsetzung der Zahl der Tagessätze und eine Reduzierung der Höhe des Tagessatzes, sowie die Gewährung bedingter Strafnachsicht an.

Der Berufung kommt in keiner Richtung Berechtigung zu. Die Anzahl der verhängten Tagessdrze entspricht dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat, aber auch der Täterpersönlichkeit. Sie wird auch den in § 32 StGB normierten allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung, die auch bei Verhängung einer Geldstrafe gelten, gerecht. Ausgehend von den in erster Instanz festgestellten persönlichen Verhältnissen des Angeklagten und seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit - der Angeklagte verdient monatlich netto 5.000 S und hat keine Sorgepflichten (vgl. S. 8 und 46 d.A.) - besteht aber auch kein Anlaß zu einer Herabsetzung der Höhe des Tagessatzes. Von einem 'ungewähnlich harten Urteil' kann - entgegen der Meinung des Berufungswerbers - keine Rede sein. Die Gewährung bedingter Strafnachsicht kam vorliegend - abgesehen davon, daß der Angeklagte kein ungetrübtes Vorleben hat (seine Strafregisterauskunft weist drei - allerdings nicht einschlägige - Vorstrafen auf) - nicht in Betracht, weil die spezialpräventiv erforderliche Effektivität der Strafe gegebenenfalls nur durch die Bezahlung der Strafe erzielt werden kann.

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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