OGH 12Os70/06w

OGH12Os70/06w21.9.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. September 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. Solé als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Denk als Schriftführer, in der Strafsache gegen Manuela K***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Manuela K*****, Anton St***** und Josef C***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 12. April 2006, GZ 7 Hv 266/05t-26, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Plöchl, der Angeklagten und ihrer Verteidiger Mag. Stöger, Dr. Wiesinger und Mag. Mödlagl zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch der Angeklagten Manuela K***** zu Punkt II 2 des Urteilssatzes (ersatzlos) sowie demgemäß in dem diese betreffenden Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Manuela K***** wird für das ihr laut dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs (Punkt I a 1 des Urteilssatzes) weiterhin zur Last liegende Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt gemäß § 302 Abs 1 StGB nach dieser Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.

Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird diese Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Mit ihrer Berufung wird Manuela K***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Den Berufungen der Angeklagten Anton St***** und Josef C***** wird nicht Folge gegeben.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Manuela K***** der Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB, teilweise als Bestimmungstäterin nach § 12 zweiter Fall StGB (I a 1 und II 2), sowie die Angeklagten Johann Ko***** (I a 2), Anton St***** (I b) und Josef C***** (II 1) des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB, Letzterer als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB, schuldig erkannt.

Danach haben in Pamhagen

I. als Bedienstete der Gemeinde Pamhagen, die gemäß § 7 Abs 1 Volksbegehrengesetz 1973 im übertragenen Wirkungsbereich Eintragungsbehörde für das Volksbegehren „Veto gegen Temelin" (Einleitung mit Entscheidung des Bundesministeriums für Inneres vom 24. Oktober 2001, Zl 48.131/3-V/6/01) war, sohin als Beamte, mit dem Vorsatz, dadurch die Republik Österreich an einem konkreten öffentlichen Recht zu schädigen, ihre Befugnis im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht,

a) zwischen 24. Oktober 2001 und 21. Jänner 2002, wobei sie für die Vornahme der Eintragungen der Stimmberechtigten in die Eintragungsliste zuständig waren,

1. Manuela K*****, indem sie die fortlaufende Zahl 111, den Vor- und Familiennamen ihrer Schwester Brigitte K***** sowie deren Geburtsdatum in die Eintragungsliste einsetzte und deren Unterschrift nachmachte;

2. Johann Ko*****, indem er bei dem angeführten Eintrag Nr 111 zur Vervollständigung die Spalte „Zahl in der Wählerevidenz/Stimmliste" ausfüllte;

b) Anton St***** kurz nach dem 21. Jänner 2002, indem er - obwohl er vom Zustandekommen der Eintragung Nr 111 wusste - gemäß § 14 Volksbegehrengesetz 1973 unter Einschluss der genannten Eintragung die Feststellung der Summe der gültigen Eintragungen vornahm, die entsprechende Niederschrift zur Beurkundung durch den Bürgermeister vorbereitete, diese der Bezirkswahlbehörde mitteilte und die vom Bürgermeister gutgläubig unterfertigte Niederschrift sowie die Eintragungslisten an die Bezirkswahlbehörde überbrachte;

II. zwischen 24. Oktober 2001 und 21. Jänner 2002 einen Beamten dazu bestimmt, mit dem Vorsatz, dadurch einen anderen an seinen Rechten zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Geschäfte Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich zu missbrauchen,

1. Josef C*****, indem er Manuela K***** zu der unter I a 1 dargestellten Tat anstiftete;

2. Manuela K*****, indem sie Johann Ko***** zu der unter I a 2 dargestellten Tat anstiftete.

Während Johann K***** die angemeldeten Rechtsmittel zurückzog, bekämpfen die anderen Angeklagten die jeweils sie betreffenden Schuldsprüche mit Nichtigkeitsbeschwerde, Manuela K***** gestützt auf Z 5, 5a, 9 lit a und 10, Anton St***** auf Z 4, 5a und 9 lit a sowie Josef C***** auf Z 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Erstangeklagten Manuela K*****:

Unberechtigt ist der in der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) erhobene Vorwurf unzureichender Begründung der Feststellung, die Beschwerdeführerin habe im Bewusstsein ihrer Beamtenfunktion ihre Befugnis wissentlich missbraucht. Das Erstgericht führte hiezu an, allen Angeklagten, so auch der Beschwerdeführerin, sei aufgrund ihrer dienstlichen Erfahrung und des ihnen bekannten Erlasses des Bundesministeriums für Inneres zum gegenständlichen Volksbegehren das Tätigwerden als Beamte bewusst gewesen und sie hätten in Kenntnis der Unechtheit der Unterschrift von Brigitte K***** die festgestellten Amtshandlungen missbräuchlich getätigt (US 13, 22). Diese Begründung ist mängelfrei, sie widerspricht weder den Denkgesetzen noch allgemeinen Erfahrungswerten.

Ein Begründungsmangel liegt daher nicht vor.

Der Tatsachenrüge (Z 5a) ist insoweit zuzustimmen, als die Beschwerdeführerin bei Unterschriftsleistung für das Volksbegehren „Veto gegen Temelin" in eigenem Namen (US 9 dritter Absatz) als Privatperson handelte. Dieser Umstand spricht jedoch nicht gegen einen Missbrauch der Amtsgewalt durch Nachmachen der schwesterlichen Unterschrift. Das Erstgericht konnte sich bei der Annahme, Manuela K***** habe sehr wohl zwischen privatem und amtlichen Agieren unterschieden, zutreffend auch darauf stützen, dass sie bei der inkriminierten Eintragung überdies die Schrift verstellte (US 7 zweiter Absatz, US 9 vierter Absatz). Schon aufgrund dieses Umstandes - mag die Angeklagte auch über Ersuchen ihrer Schwester gehandelt haben - ergeben sich keine erheblichen Bedenken gegen die Feststellung des Befugnismissbrauches.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) erachtet die Urteilskonstatierung, die Nichtigkeitswerberin habe die Schädigung der Republik Österreich an einem konkreten öffentlichen Recht billigend in Kauf genommen (US 8 erster Absatz), als zur Darstellung eines dolus eventualis nicht ausreichend.

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass ein „billigendes Inkaufnehmen" des (ernstlich) für möglich Gehaltenen nach neuerer Rechtsprechung ein Plus gegenüber dem bloßen Abfinden mit dem Erfolg darstellt und daher für die Annahme bedingten Vorsatzes schon genügt (vgl Fabrizy, StGB9 § 5 Rz 8).

Mit der Behauptung, es mangle dem Urteil an Feststellungen zur Wissentlichkeit, übergeht die Beschwerdeführerin die wiederholte Urteilskonstatierung, sie habe um den Befugnismissbrauch gewusst (US 8 erster Absatz, US 11 letzter Absatz, US 13 vorletzter Absatz). Der Einwand fehlender Konstatierungen zu einem Tatbildirrtum, im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin den Wunsch ihrer Schwester auf Unterstützung des Volksbegehrens an ihren Vorgesetzten, den Viertangeklagten Josef C*****, herangetragen, dieser ihr Vorhaben auf Leistung der Unterschrift namens der Schwester für zulässig erklärt habe und deshalb die Tatbildverwirklichung nicht erkannte, übergeht die Urteilsannahme, wonach Manuela K***** von ihrem Befugnismissbrauch als Beamtin gewusst hat (US 22 vorletzter Absatz). Da die Beschwerde somit bei ihrer Forderung nach weiteren Feststellungen nicht vom gesamten festgestellten Sachverhalt ausgeht, ist sie diesbezüglich nicht gesetzmäßig ausgeführt (Mayerhofer, StPO5 § 281 Z 9a E 5).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) wirft dem Erstgericht vor, aufgrund rechtsirriger Auffassung die zur Verwirklichung des Tatbestandes nach „§§ 223 f StGB" nötigen Feststellungen verabsäumt zu haben. Dieses Vorbringen negiert zum einen die Konstatierung, die Beschwerdeführerin habe wissentlich ihre Befugnis als Beamtin missbraucht, und legt zum anderen nicht dar, weshalb diese Annahme die vom Erstgericht vorgenommene Subsumierung nicht zu tragen vermag. Der Beschwerdeauffassung zuwider kann Missbrauch der Amtsgewalt nach ständiger Rechtsprechung auch durch ein Verhalten begangen werden, welches (zudem) den (verdrängten) Tatbestand einer allgemein strafbaren Handlung erfüllt (vgl Mayerhofer, StGB5 § 302 E 114).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Drittangeklagten Anton St*****:

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wies das Erstgericht den Antrag auf Durchführung eines Ortsaugenscheins in den Räumlichkeiten der Gemeinde Pamhagen zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer „nichts hören musste, was gesprochen wurde" (S 249) ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab, weil er sich nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Tatsachen bezog. Insbesonders lässt die Annahme der Möglichkeit, Gesprochenes nicht wahrgenommen zu haben, die - insoweit entscheidende - Frage der tatsächlichen Wahrnehmungslage unbeantwortet.

Der Tatsachenrüge (Z 5a) zuwider ist es nicht lebensfremd, aus den Aussagen der Mitangeklagten K***** (S 221) und Ko***** (S 228 f) im Zusammenhalt mit der örtlichen Situation im Büro (Beil ./2) zu schließen, der Beschwerdeführer habe Gespräche über das Nachmachen der Unterschrift tatsächlich mitgehört, zumal er vor der Untersuchungsrichterin eingestand, „Verdacht" geschöpft zu haben, „dass es bezüglich der Unterschrift der Schwester der Erstangeklagten zu Ungereimtheiten gekommen sei" (S 109). Auch war es dem Schöffengericht nicht verwehrt, das Polizeiprotokoll über die Vernehmung von Anton St***** ungeachtet der verweigerten Unterschrift in die Beweiswürdigung miteinzubeziehen.

Insgesamt vermag die Rüge keine Umstände aus den Akten aufzuzeigen, welche erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen ergeben könnten.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) spricht der Anton St***** obliegenden Aufgabe, gemäß § 14 Volksbegehrengesetz 1973 die Summen der Stimmberechtigten laut Wählerevidenz sowie der gültigen Eintragungen festzustellen und in einer Niederschrift zu beurkunden (US 7 letzter Absatz), die Eignung als Hoheitsakt ab; dies zu Unrecht. Unter zur Hoheitsverwaltung gehörenden Amtsgeschäften iSd § 302 Abs 1 StGB sind nach der Rechtsprechung auch Verrichtungen rein tatsächlicher Art zu verstehen, mit denen keine Befehls- oder Zwangsgewalt verbunden ist, sofern sie zur Erreichung der amtsspezifischen Vollzugsziele sachbezogen und relevant sind (Fabrizy, StGB9 § 302 Rz 7 f); hiezu kommt als weitere Anforderung, dass die von einem Beamten vorzunehmenden sonstigen Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung den Rechtshandlungen (wenigstens einigermaßen) gleichwertig zu sein haben (SSt 60/45). Diesen Bedingungen entsprechen die vom Beschwerdeführer vorgenommenen Verrichtungen, hängt doch der den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Ablauf eines Volksbegehrens, sohin eines verfassungsgesetzlich vorgesehenen Instruments der unmittelbaren Beteiligung des Volkes an der Rechtserzeugung, maßgeblich vom konkreten Erfassen der Summe der unterzeichnenden Personen und der Weiterleitung dieser Feststellung samt Niederschrift an die Bezirksverwaltungsbehörde ab (§ 14 Abs 2 Volksbegehrengesetz 1973; siehe auch Art 41 Abs 2 B-VG).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Viertangeklagten Josef C*****:

Die Durchführung eines Ortsaugenscheins in den Räumlichkeiten der Gemeinde Pamhagen wurde zum Beweis dafür beantragt, dass allfällige Gespräche der Mitangeklagten K***** und Ko***** mit dem Beschwerdeführer über das Nachmachen der Unterschrift durch Brigitte K***** vom Drittangeklagten St***** hätten gehört werden müssen (S 248).

Da das Erstgericht diesen Umstand ohnedies seinen Feststellungen zugrunde legte (US 23, s auch US 6 f), bedurfte es der begehrten Beweisaufnahme nicht.

Gegen die schuldrelevante Feststellung der Anstiftung der Erstangeklagten führt die Mängelrüge (Z 5) die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers wie auch insbesondere den - seiner Meinung nach - vom Erstgericht nicht hinreichend berücksichtigten Umstand ins Treffen, dass er krankheitsbedingt nicht oft im Amt gewesen sei.

Die Tatrichter haben die leugnende Verantwortung des Viertangeklagten zur Gänze abgelehnt (US 20). Sie waren daher nicht verpflichtet, sich mit jedem Detail der Einlassung im Einzelnen auseinanderzusetzen. Im Übrigen hat Josef C***** selbst eingangs seiner Verantwortung in der Hauptverhandlung nicht dezidiert ausgeschlossen, im Deliktszeitraum im Gemeindeamt anwesend gewesen zu sein (vgl S 238: ich war zum besagten Zeitraum kaum im Gemeindeamt), erst später angegeben, zur fraglichen Zeit nicht im Gemeindeamt gewesen zu sein, jedoch darüber keine genauen Aufzeichnungen geführt zu haben (S 242). Zudem hat er selbst das Volksbegehren persönlich unterfertigt, sodass er jedenfalls zu diesem Zeitpunkt im Gemeindeamt gewesen sein muss (vgl S 43 fortlaufende Zahl 22).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) verweist auf - vom Erstgericht ohnedies beweiswürdigend erörterte (US 9 ff) - Abweichungen zwischen den Aussagen der Erstangeklagten vor Polizei, Untersuchungsrichterin und dem erkennenden Gericht betreffend den Zweitangeklagten Ko***** und leitet daraus Zweifel an deren Glaubwürdigkeit ab. Dieses Vorbringen ist jedoch ungeeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken, zumal es sich bei den Abweichungen lediglich um Randdetails handelt.

In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) bestreitet der Beschwerdeführer, dass der ihm zur Last gelegte Vorsatz, die Republik Österreich an ihrem Recht auf ordnungsgemäße Durchführung des Volksbegehrens „Veto gegen Temelin" zu schädigen, auf Schädigung eines konkreten Rechtes der Republik Österreich abziele, weil das Recht der Republik auf Einhaltung aller Rechtsvorschriften nur abstrakter Natur sei. Unter Schädigung eines konkreten öffentlichen Rechts ist die Vereitelung einer bestimmten in der Rechtsordnung festgelegten staatlichen Maßnahme zu verstehen, wenn damit der bestimmte Zweck beeinträchtigt werden soll, den der Staat mit der Erlassung der dieser Maßnahme zugrundeliegenden Vorschrift erreichen will (vgl Fabrizy, StGB9 § 302 Rz 24a). Vorliegend war das Handeln des Beschwerdeführers auf Beeinträchtigung des Rechtes des Staates auf Abwicklung eines durch Volksbegehrengesetz 1973 und Erlass des Bundesministeriums für Inneres determinierten, auf Erfassung der im Hinblick auf Art 41 Abs 2 B-VG bedeutsamen Gesamtzahl der Unterstützungsunterschriften abzielenden (§ 16 Abs 2 Volksbegehrengesetz 1973) Vorgangs gerichtet. Es sollte genau der Zweck, dem dieses Gesetz und der Erlass dienen, also ein konkreter Anspruch der Republik Österreich unterlaufen werden. Ob tatsächlich ein Schaden eingetreten ist, kann dem weiteren Beschwerdevorbringen zuwider dahingestellt bleiben, weil der Schadenseintritt nicht Tatbildmerkmal ist (vgl Fabrizy aaO Rz 24).

Die unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten K*****, St***** und C***** waren daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu vom Angeklagten C***** gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung - zu verwerfen.

Zur Maßnahme gemäß § 290 Abs 1 StPO:

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden hat sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, dass dem Schuldspruch II 2 der Angeklagten K***** der nicht geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO anhaftet.

Zu Faktum II 2 wurde Manuela K***** nämlich schuldig erkannt, den Zweitangeklagten Ko***** angestiftet zu haben, an genau jener (mehraktigen) Straftat mitzuwirken, die sie selbst (durch Setzen anderer Teilakte) als unmittelbare Täterin zu verantworten hat (Faktum I a 1). Infolge stillschweigender Subsidiarität tritt aber bei einer derartigen Konstellation die Bestimmungstäterschaft nach dem zweiten Fall des § 12 StGB hinter die unmittelbare Täterschaft im Sinn des ersten Falles des § 12 StGB zurück (Ratz in WK² Vorbem §§ 28 bis 31 Rz 50). Gemäß § 290 Abs 1 StPO war demnach der Schuldspruch der Angeklagten Manuela K***** zu Punkt II 2 des Urteilssatzes ersatzlos und somit auch der diese betreffende Strafausspruch aufzuheben.

Für den aufrecht gebliebenen Schuldspruch der Manuela K***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB (Faktum I a 1) war daher die Strafe nach § 302 Abs 1 StGB neu zu bemessen.

Der Oberste Gerichtshof wertete dabei als erschwerend keinen Umstand, als mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel und ihren Beitrag zur Wahrheitsfindung.

Die konkrete Abwicklung und die richtige Feststellung der entsprechenden Stimmenanzahl sind bei Volksbegehren, Volksabstimmungen und Wahlen besonders wichtig. Es ist daher erforderlich, dass sich die bei der Durchführung Mitwirkenden penibel an die Verfassung, die Gesetze und die Verordnungen halten. Die wissentliche Verletzung der einschlägigen Bestimmungen stellt daher einen gravierenden Eingriff in die Rechtsordnung dar und begründet eine hohe persönliche Täterschuld.

Die Angeklagte Manuela K***** ist weiterhin in der Gemeinde Pamhagen beschäftigt. Es sind daher auch spezialpräventive Aspekte bei der Strafzumessung von Bedeutung. Ebenso kommt generalpräventiven Gesichtspunkten ein Gewicht zu, weil die Strafe auch auf andere potenzielle Täter aus dem Kreis der für demokratiepolitisch wichtige Vorgänge verantwortlichen Personen abhaltende Wirkung haben soll. Es konnte daher bei der Angeklagten, die durch Fälschung der Unterschrift ihrer Schwester einen wesentlichen Teil des gemeinsam ausgeführten Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt gesetzt hat, keine geringere als die Mindeststrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe verhängt werden.

Ihrem Berufungsbegehren, gemäß § 37 Abs 1 StPO eine Geldstrafe anstelle der Freiheitsstrafe zu verhängen, konnte im Hinblick auf die erwähnten präventiven Erfordernisse nicht entsprochen werden. Hingegen war die Freiheitsstrafe für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachzusehen, weil im Hinblick auf den bisher ordentlichen Lebenswandel und die weiterhin geordneten persönlichen Verhältnisse der Angeklagten K***** anzunehmen ist, dass die bloße Androhung des Vollzuges genügen wird, um sie von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Auch generalpräventive Gründe sprechen nicht gegen diese bedingte Strafnachsicht.

Mit ihrer Berufung war die Angeklagte Manuela K***** auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Zu den Berufungen der Angeklagten Anton St***** und Josef C*****:

Das Schöffengericht verhängte nach § 302 Abs 1 StGB über den Angeklagten Anton St***** eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten, über den Angeklagten Josef C***** eine Freiheitsstrafe von acht Monaten. Gemäß § 43 Abs 1 StGB sah es die Freiheitsstrafen jeweils unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nach. Bei der Strafbemessung wertete es beim Angeklagten St***** keinen Umstand, bei Josef C***** als erschwerend die Bestimmungstäterschaft; bei beiden Angeklagten als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel.

Obwohl die Tat bereits viereinhalb Jahre zurückliegt, war die Höhe der über Anton St***** verhängten Freiheitsstrafe nicht zu korrigieren. Für eine außerordentliche Strafmilderung bleibt kein Raum, da die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe nicht beträchtlich überwiegen (§ 41 Abs 1 StGB). Darüber hinaus bedarf es - wie bereits ausgeführt - aus spezial- und generalpräventiven Gründen der Verhängung von zumindest die Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens erreichenden Freiheitsstrafen, um die Verletzung von demokratiepolitisch wichtigen Werten nicht geradezu als Bagatelle hinzustellen.

Die über den Angeklagten Josef C***** verhängte Freiheitsstrafe entspricht ebenso seiner persönlichen Täterschuld und dem Unrechtsgehalt der Tat. Er war nicht nur Bestimmungstäter, sondern es traf ihn als leitenden Beamten des Gemeindeamtes und als einzigen Bediensteten, der in juristischen Belangen geschult war, eine besondere Verantwortung, die er missbraucht hat. Ihn trifft daher ein höheres Verschulden, welchem das Erstgericht zutreffend auch mit einer höheren Strafe begegnet ist.

Für eine Herabsetzung der Freiheitsstrafen bestand daher kein Anlass, sodass den Berufungen ein Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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