OGH 12Os54/84

OGH12Os54/849.5.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Mai 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wrabetz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz Josef A wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG. und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. Jänner 1984, GZ 6 e Vr 11691/83-27, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kodek, des Angeklagten Franz Josef A und des Verteidigers Dr. Gstettner zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 28.Jänner 1944 geborene Franz Josef A (I.) des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG. und (II.) des Vergehens nach § 16 Abs 1 Z 2 (dritter und vierter Fall) SGG. schuldig erkannt. Das Verbrechen liegt ihm zur Last, weil er im Sommer 1983 vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in solchen Mengen in Verkehr setzte, daß daraus eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, indem er zumindest 300 g Haschisch an den abgesondert verfolgten Ewald B verkaufte.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 (sachlich auch Z 11) StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Einen Begründungsmangel (Z 5) des Urteils im Sinn einer angeblichen Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe behauptet der Beschwerdeführer mit dem Argument, es sei unerörtert geblieben, in welchen Teilmengen er das Suchtgift an B weitergegeben und wieviel dieser davon seinerseits in Verkehr gesetzt habe. Außerdem werde übergangen, daß bei B noch 75 g Haschisch sichergestellt werden konnten, sodaß dieser unter Berücksichtigung seines Eigenverbrauchs lediglich 125 g Haschisch verkauft haben könne. Das Erstgericht lasse auch die Ergebnisse des Verfahrens zum AZ 6 g Vr 10402/83 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gegen Ewald B unberücksichtigt, in dem dieser (nur) des Vergehens nach § 16 Abs 1 Z 1 SGG. schuldig erkannt worden sei. Der Sache nach wird damit, wie in der auch mit der (einen Schuldspruch nach § 16 Abs 1 Z 1 SGG. anstrebenden) Subsumtionsrüge (Z 10) ein Mangel an zur rechtlichen Beurteilung erforderlichen Feststellungen geltend gemacht. Der Beschwerdeführer geht dabei von der Rechtsmeinung aus, daß eine Gemeingefahr im Sinn des § 12 Abs 1 SGG. nur herbeigeführt werde, wenn solche Suchtgiftmengen in Verkehr gesetzt werden, die bereits für sich allein die sogenannte Grenzmenge übersteigen.

Dabei übersieht der Beschwerdeführer jedoch, daß die Suchtgiftmengen einzelner Tathandlungen zu addieren sind und die Eignung nach § 12 Abs 1

SGG. an der Gesamtmenge zu prüfen ist, wenn im Sinn einer fortlaufenden Tatbestandsverwirklichung die betreffenden Einzelakte objektiv mit einer am einheitlichen Gefahrenbegriff orientierten Kontinuität gesetzt werden, und auf der subjektiven Seite der (zumindest bedingte) Tätervorsatz jeweils auch den an die bewußt kontinuierliche Begehung geknüpften Additionseffekt mitumfaßt (SSt. 50/38; Leukauf/Steininger Strafrechtliche Nebengesetze 2 S. 843 f. und ENr. 32 zu § 12 SGG.).

Eben diesen auf fortgesetzte Tatbildverwirklichung gerichteten Vorsatz des Angeklagten hat das Erstgericht festgestellt, indem es davon ausging, daß der Beschwerdeführer ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, daß Ewald B - zur Finanzierung des eigenen Suchtgiftbedarfs, wie bei Dealern der forensischen Erfahrung nach allgemein üblich Teilmengen des ihm verkauften Suchtgifts weitergeben werde, wodurch ein größerer Personenkreis gefährdet wird (S. 215). Dabei bedurfte es keiner Feststellungen über die bei B durch das polizeiliche Eingreifen sichergestellten Haschischmenge, weil auch diese vom Angeklagten bereits in Verkehr gesetzt worden war und sein (bedingter) Gefährdungsvorsatz sich auch darauf erstreckte. Desgleichen kommt es auf die Menge des von B selbst verbrauchten Suchtgifts - die nach dem Beschwerdevorbringen 100 g betrug, sodaß jedenfalls 200 g von B teils in Verkehr gesetzt wurden, teils in Verkehr gesetzt werden sollten - nicht an. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist nämlich auch die überlassung jenes Teiles des Suchtgifts, den der unmittelbare Abnehmer für sich selbst verbraucht, im Rahmen der gesamten, ihm als verbotswidriges Inverkehrsetzen von Suchtgift unter dem Gesichtspunkt des § 12 Abs 1 SGG. zur Last liegenden Tätigkeit zu sehen, zumal auch B - obgleich selbst süchtig -

eine der von der Gemeingefahr erfaßten Personen war, deren Sucht durch den Erhalt von Suchtgift noch vertieft werden konnte (vgl. 13 Os 133/81, 13 Os 25/83; Leukauf/Steininger a.a.O. ENr. 23, 43, 44). Die Grenzmenge bei Haschisch beträgt nach ständiger Rechtsprechung 100 g.

Der Beschwerdeführer hat das 3-fache dieser Menge in fortgesetzten Angriffen in Verkehr gesetzt und sich damit abgefunden, daß die Art der Weitergabe durch Ewald B einen größeren Personenkreis der Gefahr der Sucht aussetzt. Daß diesem selbst in einem das Erstgericht nicht bindenden Erkenntnis letztlich nicht das Verbrechen nach § 12 Abs 1 SGG., sondern nur das Vergehen nach § 16 Abs 1 Z 1 SGG. zugerechnet wurde, hat bei der Beurteilung der vorliegenden Strafsache außer Betracht zu bleiben.

Im Rahmen der Berufung, sachlich aber auf die Z 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützt, bekämpft der Beschwerdeführer das Ausmaß der gemäß § 12 Abs 4 SGG. mit 18.000 S (entsprechend dem Verkaufspreis von 60 S pro Gramm Haschisch für insgesamt 300 Gramm), festgesetzten (Verfallsersatz-) Geldstrafe, weil unberücksichtigt geblieben sei, daß von den in Verkehr gesetzten 300 g Haschisch 75 g bei B sichergestellt (und für verfallen erklärt) wurden.

Auch dieser Beschwerdeeinwand versagt. Denn jedes (Weiter-) Verhandeln ein- und derselben Suchtgiftmenge - oder eines Teiles davon - (durch mehrere Personen nacheinander) stellt eine selbständige Straftat dar, wobei der von jedem einzelnen solchen Täter aus seiner strafbaren Handlung - nämlich der Weitergabe an die nächste Person - erzielte (greifbare) Erlös für verfallen zu erklären ist oder, sofern auf diesen nicht mehr gegriffen werden kann, in Ansehung jedes einzelnen Täters unabhängig entsprechende (Verfallsersatz-) Geldstrafen zu verhängen sind (vgl. ÖJZ-LSK. 1977/339 = EvBl 1978/64;

Leukauf/Steininger a.a.O. ENr. 90, Erben-Kodek-Pipal, S. 46). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 28, 41 StGB § 12 Abs 1 SGG. zu neun Monaten Freiheitsstrafe sowie gemäß § 12 Abs 4 SGG.

zu einer (Verfallsersatz-) Geldstrafe von 18.000 S, im Nichteinbringungsfall zu einem Monat (Ersatz-) Freiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht keinen Umstand als mildernd, hingegen die mehreren Angriffe und das Zusammentreffen zweier Delikte als erschwerend.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe (unter weiterer Anwendung des § 41 StGB), die bedingte Nachsicht dieser Strafe oder überhaupt nur die Verhängung einer Geldstrafe an deren Stelle sowie schließlich eine Herabsetzung der Verfallsersatz-Geldstrafe, einschließlich der hiezu festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe, an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Ihr ist zwar einzuräumen, daß vorliegendenfalls 'die mehreren Angriffe' vom Erstgericht zu Unrecht als besonderer Erschwerungsgrund herangezogen wurden. Demgegenüber ließ das Schöffengericht jedoch unberücksichtigt (vgl. S. 219), daß der Angeklagte im Jahr 1974 wegen § 6 Abs 1 und § 9 Abs 1 Z 2

SGG. a.F. (u.a.) zu einer zwanzigmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, die er bis 14.April 1978 verbüßt hat. Insoweit der Angeklagte den Umstand, daß er 'selbst Suchtgiftkonsument ist' als mildernden Umstand berücksichtigt wissen will, genügt der Hinweis, daß die eigene Süchtigkeit des Täters keinen Milderungsgrund darstellt (vgl. Leukauf/Steininger Kommentar 2 § 34 RN. 29 und die dort zitierte Judikatur).

Auf der Basis der sohin korrigierten Strafzumessungsgründe entspricht das vom Erstgericht gefundene Strafmaß durchaus dem Schuld- und Unrechtsgehalt der dem Angeklagten zur Last fallenden Straftaten, sodaß seinem Begehren auf Herabsetzung der Freiheitsstrafe ein Erfolg versagt bleiben mußte. Damit ist dem weiteren Begehren auf Verhängung (bloß) einer Geldstrafe die gesetzliche Basis entzogen (§ 37 StGB). Der Gewährung bedingter Strafnachsicht hinwieder stehen im Hinblick auf die Art der Straftaten sowie die ihnen adäquate Größe der Tatschuld des bereits einschlägig vorbestraften Angeklagten spezialpräventive Erwägungen, aber auch Gründe der Generalprävention entgegen.

Was letztlich das Begehren des Angeklagten um Reduzierung der über ihn gemäß § 12 Abs 4 SGG. verhängten (Verfallsersatz-) Geldstrafe betrifft, so übersieht die Berufung, daß § 12 Abs 4 SGG. für Billigkeitserwägungen keinen Raum bietet (vgl. ÖJZ-LSK. 1971/16). Im übrigen kann in diesem Zusammenhang auf die bereits im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde erfolgte Erörterung des bezüglichen Vorbringens verwiesen werden. Es erscheint aber auch die mit einem Monat festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe nach Lage des Falles jedenfalls nicht überhöht.

Es war daher auch der Berufung ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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