OGH 12Os5/21h

OGH12Os5/21h17.2.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Februar 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in der Strafsache gegen Mehmet B***** und einen weiteren Angeklagten wegen Verbrechen der Schlepperei nach § 114 Abs 1, Abs 3 Z 2 und Abs 4 erster Fall FPG und eine weitere strafbare Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Mikail T***** gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 11. November 2020, GZ 25 Hv 56/20i‑133, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0120OS00005.21H.0217.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Mikail T***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit für die Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – Mikail T***** des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs 1 und Abs 3 Z 2 FPG schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 4. Juli 2020 in B***** die rechtswidrige Ein‑ oder Durchreise von zumindest drei Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union mit dem Vorsatz gefördert, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, indem er in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit Mehmet B*****, Ömer K***** und Gökmen G***** insgesamt sieben Personen, die nicht zum Aufenthalt in der Europäischen Union berechtigt sind, von Ungarn nach Österreich brachte, wobei Ömer K***** und Mehmet B***** jeweils zwei und Mikail T***** drei Fremde in Ungarn in die von ihnen gelenkten Fahrzeugen aufnahmen und im Konvoi über den Grenzübergang nach Österreich beförderten, während Gökmen G***** in einem Vorausfahrzeug die Schleppung unterstützte.

[3] Hiefür wurde Mikail T***** nach § 114 Abs 3 FPG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten verurteilt. Gemäß § 43a Abs 3 StGB wurde ein Teil dieser Freiheitsstrafe von neun Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen (US 3).

Rechtliche Beurteilung

[4] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mikail T*****, der keine Berechtigung zukommt.

[5] Mit Mängelrüge (Z 5) releviert der Beschwerdeführer einen „Widerspruch“ zwischen den Erwägungen des Erstgerichts, wonach eine „unbedingte Sanktion in der Dauer von zwei Monaten“ zu verhängen gewesen sei (US 16), und dem oben dargestellten Sanktionsausspruch (§ 260 Abs 1 Z 3 StPO).

[6] Dem Vorbringen des Beschwerdeführers zuwider begründen „Widersprüche“ im Verhältnis von Sanktionserwägungen zu Sanktionserkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 3 StPO) keine Nichtigkeit des Urteils nach Z 5 dritter Fall. Vielmehr gilt in solchen Fällen allein die im Erkenntnis genannte Sanktion (RIS‑Justiz RS0099014 [T2]; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 279 und 436).

[7] Unter dem Aspekt der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO wäre Nichtigkeit nur dann gegeben, wenn die Ausführungen in den Entscheidungsgründen das Erkenntnis aus der Sicht des Obersten Gerichtshofs undeutlich machten (RIS‑Justiz RS0099014; Lendl, WK‑StPO § 260 Rz 39; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 279). Dies ist jedoch angesichts des hier vorliegenden offenkundigen Schreibfehlers in den Entscheidungsgründen nicht der Fall (vgl 14 Os 80/13s).

[8] Die Darstellung der Diversionsrüge (Z 10a) ist – unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens der Voraussetzungen nach § 198 StPO – auf der Basis der Urteilsfeststellungen methodisch korrekt zu entwickeln (RIS‑Justiz RS0124801, RS0116823). Diese Vorgabe verfehlt die Beschwerde, indem sie ohne Bezug zur gegenständlichen Urteilsbegründung und insbesondere ohne Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Schöffengerichts zu den einer diversionellen Erledigung entgegenstehenden generalpräventiven Gründen (US 15 f) bloß auf den bisherigen ordentlichen Lebenswandel des Beschwerdeführers sowie das Vorliegen der Voraussetzungen des § 198 Abs 2 Z 1 und 3 StPO hinweist sowie unsubstantiiert behauptet, spezial‑ und generalpräventive Erwägungen sprächen nicht gegen ein diversionelles Vorgehen und es liege keine schwere Schuld vor.

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[10] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[11] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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