OGH 12Os47/05m

OGH12Os47/05m2.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Juni 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krammer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz R***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 28. Februar 2005, GZ 8 Hv 20/04t-45, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der österreichische Staatsbürger Franz R***** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 1. November 2000 in Spenge (Deutschland) mit dem Vorsatz, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern (US 5), Rolf und Irmhild Sch***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Behauptung, ein rückzahlungswilliger und rückzahlungsfähiger Darlehensnehmer zu sein und die hingegebenen Goldbarren bzw deren Gegenwert binnen 10 Tagen zu refundieren, zur Übergabe von 8 kg Goldbarren im Wert von 160.000 DM (= ca 81.400 EUR), sohin zu Handlungen verleitet, die diese an ihrem Vermögen in einem 50.000 EUR übersteigenden Betrage schädigten.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, Z 5a, Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

Der in der Mängelrüge (Z 5) erhobene Vorwurf der Nichterörterung der „Bestätigung des Willi S***** vom 18. Dezember 2003" (S 135) versagt schon deshalb, weil diese Urkunde in der Hauptverhandlung nicht vorkam (vgl die in S 353 dokumentierten Verlesungen), daher gar nicht berücksichtigt werden durfte (§ 258 Abs 1 Satz 1 StPO). Im Übrigen wäre sie selbst im gegenteiligen Fall mangels tatbezogenen Inhalts („Hiermit versichere ich, dass Herr Sch***** bei jeder einzelnen Geldzahlung bzw -übergabe über den Zweck in vollem Umfang informiert war. Eventuell weitere Vereinbarungen entziehen sich weitgehend meiner Kenntnis") - zumal selbst der Angeklagte angegeben hatte, dass S***** „am 1. November 2000 nicht dabei" war (S 258, 263) - als unerheblich für die Schuldfrage nicht erörterungsbedürftig. Der Einwand unzureichender Begründung der Feststellungen zur inneren Tatseite versagt angesichts der erstgerichtlichen Ausführungen US 6 bis 10, in denen ausführlich dargelegt wird, aus welchen Gründen der Schöffensenat die betrügerisches Vorgehen insgesamt leugnende Einlassung des Beschwerdeführers als durch die Verfahrensergebnisse widerlegte Schutzbehauptung erachtete.

„Inwieweit tatsächlich eine Bereicherung vorliegt, wohin das Geld tatsächlich gekommen ist oder wer schlussendlich tatsächlich bereichert ist oder auf welche Art und Weise sich der Beschuldigte bereichert hat" mag als nicht entscheidend für die Herstellung des Betrugstatbestandes auf sich beruhen (Mayerhofer StGB5 § 146 E 86b). Aus Z 5 kann ferner nicht geltend gemacht werden, dass die Individualisierung der Tat im Urteilsspruch (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) den auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatz nicht enthält (Fabrizy StPO9 § 281 Rz 41). In den allein maßgeblichen Entscheidungsgründen findet sich - neben allen anderen Komponenten des objektiven und subjektiven Tatbestandes (US 3 bis 6) - diese Feststellung ohnedies, was auch die insoweit urteilsfremd argumentierende Rechtsrüge (Z 9 lit a) übergeht.

Das Wesen der Aktenwidrigkeit verkennt der Nichtigkeitswerber vollends: Eine solche liegt nur vor, wenn im Urteil der eine entscheidende Tatsache betreffende Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergegeben wird (bloß beispielsweise für die ständige Judikatur EvBl 1972/17). Ob der Angeklagte „mehrjähriger Vollkaufmann" (US 10) war - vgl dazu überdies den zureichenden Hinweis auf die unbestrittene Tätigkeit als Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung US 2, 3 - und wusste, dass die von ihm angebotene „Sicherungsübereignung einer in Österreich gelegenen Liegenschaft" [rechtlich] nicht möglich sei (US 10, 11), betrifft ebenso wenig subsumtionsrelevante Tatsachen wie das Motiv des Angeklagten für seine in Rede stehenden Aktivitäten. Soweit sich der Beschwerdeführer - wenngleich unter dem Praetext des Aufzeigens unzureichender Begründung - schließlich nach Art einer nur im Einzelrichterprozess normierten Berufung wegen Schuld mit einzelnen, isoliert herausgegriffenen und eigenständig spekulativ gewürdigten Umständen auseinandersetzt, entzieht er sich im Nichtigkeitsverfahren sachbezogener Erwiderung.

In seinen auf Z 5a gestützten Ausführungen bewegt sich der Rechtsmittelwerber außerhalb des gesetzlichen Anfechtungsrahmens: Die Ableitung erheblicher Bedenken gegen die dem Schuldspruch zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen darf sich nämlich nicht auf Hypothesen und Spekulationen als Antithese zu den Erwägungen der Tatrichter beschränken, sondern muss aus den Akten - sohin unter Bezugnahme auf konkrete Verfahrensergebnisse und im Kontext mit der Gesamtheit der Beweiswürdigung - erfolgen.

Die Behauptung, das Erstgericht sei seiner gesetzlichen Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitsforschung - etwa hinsichtlich der eingangs der Erledigung der Mängelrüge erwähnten „Bestätigung" und hinsichtlich des Aussageverhaltens des Zeugen R***** (der sich teilweise auf das Bankgeheimnis berief und Fragen, wer mit Geld welcher Herkunft dem Angeklagten die Goldbarren abgekauft hatte, nicht beantwortete - S 340, 342) - nicht nachgekommen, legt nicht dar, wodurch der Beschwerdeführer an der Ausübung entsprechender Antragsrechte in der Hauptverhandlung gehindert war (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480 mwN aus der ständigen Judikatur zur Aufklärungsrüge). Insgesamt gelingt es dem Rechtsmittelwerber nicht, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der zu seinem Schuldspruch führenden Feststellungen zu erwecken: Dass er - wie er einräumt - alles daran setzte, seine bei Spekulationen verlorenen Gelder zurückzubekommen, indiziert geradezu sein inkriminiertes Verhalten zum Nachteil der Eltern jenes Mannes, dem er die (Mit-)Schuld an seinen Verlusten gab (US 11; S 25).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits nach nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), die Entscheidung über die unter einem erhobene Berufung kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§§ 280, 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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