OGH 12Os46/95

OGH12Os46/954.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Mai 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Rohrböck als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerhard B***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten und teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und § 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruches über die "Schuld" und die Strafe des Angeklagten Gerhard B***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 16.Dezember 1994, GZ 11 Vr 193/94-47, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung "wegen Schuld" werden zurückgewiesen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt gemäß § 290 Abs 1 StPO im Schuldspruch B/2 des Urteilssatzes (versuchter schwerer Betrug zum Nachteil des Autohauses H*****) und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner (gegen den Ausspruch über die Strafe gerichteten) Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Gerhard B***** wurde des Verbrechens des (teils vollendeten und) teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und § 15 StGB (A), des Vergehens des (teils vollendeten und) teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 und § 15 StGB (B) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (C) schuldig erkannt. Vom Vorwurf eines weiteren Einbruchsdiebstahls wurde er gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Nach dem Inhalt des - allein angefochtenen - Schuldspruches wegen Diebstahls (A) hat er in der Nacht zum 29.März 1994 fremde bewegliche Sachen Berechtigten mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung, und zwar

1. in Possegg (Gemeinde Stanz im Mürztal) dem Franz K***** (richtig:

Berechtigten der Firma W*****; vgl S 357/I), indem er eine Metallabdeckung aufsprengte und ein Fenster des Baucontainers mit einem Stein einschlug,

ferner in Fischbach

2. Berechtigten der Firma F*****-M*****, indem er ein Fenster der Wiegehütte mit einem Stein einschlug,

wegzunehmen versucht und

3. Berechtigten der Firma Ko***** durch Einbruch in deren Baucontainer aus einer Getränkekasse 400 S Bargeld weggenommen.

Die nur in bezug auf das äußere Erscheinungsbild des ihm zu A/1 angelasteten deliktischen Geschehens geständige, ansonsten (A/2,3) auch die objektiven Diebstahlshandlungen leugnende Verantwortung des Angeklagten (Einbruch zum Zweck eines Telefonates nach einem Verkehrsunfall) erachtete das Schöffengericht unter Hinweis darauf, daß der ortskundige Täter näher beim Unfallsort Möglichkeiten zum Telefonieren gehabt hätte, ferner bei den in Fischbach gelegenen Tatorten - wo in einem Fall (A/3) 400 S Bargeld gestohlen wurde - zur seltenen Bereifung des von ihm zur Tatzeit benutzten Kraftfahrzeuges passende Reifenspuren sichergestellt und diese Taten auf die gleiche Art und Weise verübt wurden (US 10 f), als widerlegt.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge (Z 4) gegen die Nichterledigung des in der Hauptverhandlung am 15.Juli 1994 (S 359/I) gestellten Antrages auf Einholung einer Auskunft des Dunlop-Generalimporteurs in Wien über die Anzahl der in der Steiermark durchschnittlich im Jahr verkauften Reifen Marke Dunlop (SP Sport 40) 215/40 ZR 17 scheitert daran, daß dieser Beweisantrag mangels Wiederholung in der gemäß § 276 a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 16.Dezember 1994 (S 3/II) nicht wirksam blieb (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 31 zu § 281 Z 4).

Der Tatsachenrüge (Z 5 a) zuwider ergeben sich gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten Feststellungen zu den vom Bereicherungsvorsatz des Beschwerdeführers getragenen Einbruchshandlungen (A/1-3) nach Prüfung der Akten anhand des Vorbringens keine (erheblichen) Bedenken.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO). In gleicher Weise war mit der im Rechtsmittelverfahren gegen Urteile von Kollegialgerichten gesetzlich nicht vorgesehenen Berufung "wegen Schuld" zu verfahren.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde konnte sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugen, daß das angefochtene Urteil hinsichtlich des (nicht angefochtenen) Schuldspruches B/2 mit einem von Amts wegen wahrzunehmenden materiellrechtlichen Feststellungsmangel behaftet ist.

Nach dem Urteilstenor liegt dem Angeklagten diesbezüglich zur Last, am 28. März 1994 in Kapfenberg mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und der Vorgabe ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde zu sein, mithin durch Täuschung über Tatsachen, Walter P*****, Fahrzeugverkäufer des Autohauses H***** zur Überlassung eines Vorführwagens der Marke Honda Prelude im Wert von 305.128 S und einer Garnitur Sportreifen samt Alufelgen im Gesamtwert von 24.559 S verleitet zu haben, wobei es beim Versuch blieb (US 2 f). In den Entscheidungsgründen (US 7) wird das Verhalten des Angeklagten dahin detailliert, daß er nach seiner Haftentlassung am 9. Juni 1993 Notstandshilfe bezog und zum Zeitpunkt der Überlassung des Personenkraftwagens lediglich einen Umschulungskurs besuchte. Obwohl er nicht im Besitz einer Lenkerberechtigung gewesen sei und auch über kein Barvermögen verfügte, habe er mit dem Fahrzeug eine Probefahrt unternommen und sei nicht wie vereinbart zum Autohaus H***** zurückgekehrt, sondern habe mit dem Personenkraftwagen am 29. März 1994 einen Totalschaden verursacht. Dem Autoverkäufer habe er überdies vorgetäuscht, beim Magistrat Graz als Kraftfahrer beschäftigt zu sein und über Barmittel zu verfügen.

Diesen Konstatierungen kann evidentermaßen nicht entnommen werden, worauf der zur Tatbestandserfüllung erforderliche Schädigungsvorsatz des Angeklagten gerichtet war; vielmehr lassen sie durch die Formulierung, der Angeklagte habe den Verkäufer "zur Überlassung eines Vorführwagens" verleitet (US 3) und mit dem Wagen sodann eine "Probefahrt" unternommen (US 7) die Auslegungsmöglichkeit offen, daß der Senat von der (irrigen) Rechtsmeinung (siehe SSt 51/35 und Kienapfel BT II3 § 136 RN 24) ausging, der Angeklagte habe das ihm vorgeworfene Betrugsdelikt schon dadurch verwirklicht, daß er durch die Vortäuschung ein zahlungswilliger und -kräftiger Kunde und beim Magistrat als Kraftfahrer beschäftigt zu sein den Verkäufer zur Überlassung des Wagens für eine kurzfristige Probefahrt verleitet hatte. Käme doch ein rechtlich einwandfreier Schuldspruch im Sinne des Anklagevorwurfs vorliegend nur dann in Betracht, wenn feststünde, daß der Angeklagte - abweichend von seiner Verantwortung, wonach er lediglich den Rückgabetermin übersah und zu spät zum Autohaus H***** kam bzw es seine Absicht war, den Personenkraftwagen am 29. März 1994 im Laufe des Vormittags zum Autohaus zurückzustellen, weil er keineswegs beabsichtigte, das Fahrzeug zu veruntreuen sondern zu dessen Ankauf einen Bankkredit aufnehmen wollte (vgl S 41 f in ON 5, I/167 f und I/267) - nicht bloß mit dem Vorsatz gehandelt hätte, den Personenkraftwagen vorübergehend zu benutzen, sondern sein Bestreben darauf gerichtet gewesen wäre, das Fahrzeug in sein Vermögen überzuführen, in welchem Zusammenhang allerdings nicht unberücksichtigt bleiben dürfte, daß er sich gegenüber dem Verkäufer Walter P***** mit seinem Reisepaß auswies (ON 5/33) und er bereits am 24. März 1994 beim Autohaus P***** einen Pkw Toyota Carina unter der Vorgabe, ihn kaufen zu wollen, für eine Probefahrt erlangt, das Fahrzeug dann aber am folgenden Tag zurückgestellt hatte (ON 5/38 f).

Da der aufgezeigte Feststellungsmangel, der eine endgültige rechtliche Beurteilung des Verhaltens des Angeklagten unmöglich macht, vom Obersten Gerichtshof nicht saniert werden kann, war bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung gemäß §§ 285 e und 290 Abs 1 StPO mit einer Kassierung des betreffenden Schuldspruchsfaktums vorzugehen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die mit der vorgenannten Entscheidung notwendig verbundene Beseitigung des Strafausspruchs zu verweisen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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