OGH 12Os45/89

OGH12Os45/8918.5.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Mai 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Ofner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Aloisia G*** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und 2, zweiter Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 1.Februar 1989, GZ 7 Vr 305/87-63, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 12.Februar 1950 geborene Aloisia G*** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und 2, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt. Darnach hat sie von Anfang 1983 bis April 1987 in Andau als verantwortliche Leiterin der Geschäftstelle A*** der S*** des Bezirkes N*** AM S*** die ihr durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen und andere zu verpflichten, wissentlich mißbraucht und dadurch namentlich überwiegend nicht bekannten Bankkunden bzw. Verfügungsberechtigten der S*** N*** AM S*** einen Vermögensnachteil von zumindest 39,136.620,15 S zugefügt, indem sie zur Abdeckung von Fehlbuchungen, Gewährung von Zinsenbonifikationen, Reduzierung bzw. Abdeckung aushaftender Fremdkredite oder Kreditraten, Abdeckung von Fremdkontenüberziehungen sowie zur Bezahlung von Kreditsteuern und Zuzählungsprovisionen bei Fremdkrediten, Gelder von im Urteil einzeln angeführten Giro- und Sparkonten abbuchte und zum Ankauf von Wertpapieren bestimmte Kundengelder sowie Geldbeträge aus von ihr fingierten Kreditverträgen für diesen Zweck verwendete. Diesen Schuldspruch ficht die Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5, 9 lit. a und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an, wobei aber zur Z 9 lit. a weder ausdrücklich noch erkennbar Ausführungen gemacht wurden, die als gesetzmäßige Darstellung dieses materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes gedeutet werden könnten. Mit der Mängelrüge (Z 5) wird die Urteilsannahme zum wissentlichen Befugnismißbrauch (S 135/V) mit den Behauptungen als unvollständig, undeutlich und unzureichend begründet hingestellt, daß "im ..... Detail die strafrechtlich relevante Art" der Verfehlungen nicht festgestellt, insbesondere aber nicht dazu Stellung bezogen wurde, in welchen Fällen tatsächlich ein wissentlicher Befugnismißbrauch und nicht nur eine "Verletzung der Sorgfaltspflicht und eine Ordnungswidrigkeit" vorliege. In den Urteilsausführungen über die Gewährung von Sonderkonditionen an Kunden ohne Absprache mit den Vorgesetzten (S 133, 134/V) könne jedenfalls kein wissentlicher Befugnismißbrauch erblickt werden, zumal das Gericht keine Begründung dafür geben konnte, wie es zu dem zu Anfang des Jahres 1983 aufgetretenen Fehlbetrag von ca. 6 bis 7 Millionen S gekommen sei und auch Fehlbuchungen als Ursache nicht ausgeschlossen werden konnten. Da die Beschwerdeführerin mit ihrem Verhalten nur weitere Gewinne für die S*** lukrieren wollte, könne man ihr einen wissentlichen Befugnismißbrauch zum Nachteil ihres Dienst- und Machtgebers nicht unterstellen.

Rechtliche Beurteilung

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß das Schöffengericht die bekämpften Feststellungen zur subjektiven Tatseite auf das volle und reumütige Geständnis der Angeklagten, das sie schon im Vorverfahren in wiederholten Vernehmungen und teilweise auch in einer eigenhändigen schriftlichen Darstellung (vgl. S 1021 ff/IV) abgelegt und in der Hauptverhandlung wiederholt hatte (S 109 ff/V), stützte, zumal diese geständige Verantwortung in den umfangreichen sparkasseninternen und in den Erhebungen der Gendarmerie sowie in den Aussagen der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, nämlich der Erhebungsbeamten und der ehemaligen Vorgesetzten der Angeklagten Bestätigung gefunden hatte.

Demgemäß handelte es sich bei der Beschwerdeführerin um eine ausgezeichnete Geschäftsstellenleiterin, die auch die für diese Funktion vorgeschriebene Sparkassenprüfung mit ausgezeichnetem Erfolg abgelegt hatte. Durch Gewährung von Sonderkonditionen an Kunden und durch sonstiges, mit der Geschäftsleitung nicht abgesprochenes Entgegenkommen konnte sie zwar den Geschäftsumfang der Filiale A*** stark ausweiten, mußte aber Anfang des Jahres 1983 einen - aus nicht mehr rekonstruierbaren Gründen entstandenen - Fehlbetrag von 6 bis 7 Millionen S feststellen, den sie nicht mehr (wie bisher) mit ihren privaten Mitteln oder Geldern ihrer nahen Verwandten abdecken konnte (S 133, 134/V).

Soweit die Beschwerdeführerin aus den - trotz eingehender sparkasseninterner Recherchen (ON 44/I) - nicht mehr aufzuklärenden Ursachen für das Entstehen dieser Fehlbeträge Schlußfolgerungen für ihr nachträgliches (allein inkriminiertes) strafgesetzwidriges Verhalten abgeleitet haben will, bringt sie keine für die rechtliche Beurteilung entscheidende Tatsache vor, die allein der gedrängten Begründungspflicht unterläge (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO), sondern zielt lediglich auf die Klärung der Vorgeschichte ab. Die Angeklagte entschloß sich nämlich, nach den weiteren Urteilskonstatierungen erst ab Anfang 1983, unter wissentlich mißbräuchlicher Ausnützung ihrer sparkassenintern eingeräumten Befugnis als Leiterin der Geschäftsstelle A*** von den im Urteilstenor angeführten Girokonten der Gemeinde Andau und von den Sparkonten namentlich überwiegend nicht bekannter Bankkunden größere Geldbeträge abzuheben. Zur Verschleierung ihrer Tathandlungen fälschte sie bezughabende Auszahlungsbelege durch Setzung der Unterschrift des Bankkunden bzw. Kontenverfügungsberechtigten, übermittelte aber an die betroffenen Bankkunden entsprechend manipulierte Auszüge, auf denen die von ihr vorgenommenen Abbuchungen nicht ersichtlich waren. Weitere Geldmittel verschaffte sie sich durch Errichtung der im Urteilsspruch ebenfalls einzeln angeführten Kreditverträge mit überwiegend fingierten Kunden, die sie je nach Erfordernis mit der Unterschrift des vorgegebenen Kreditnehmers und vereinzelt auch mit der Unterschrift von Kreditbürgen fertigte. Darüber hinaus erlangte sie weiteres Geld durch Verwendung von in der Bank deponierten, zum Ankauf von Wertpapieren für Bankkunden bestimmten Geldbeträgen, die bereits in die Verfügungsmacht der Bank übergegangen waren. Diese Gelder verwendete sie sukzessive zur Abdeckung des sich immer weiter erhöhenden Mankos im Bewußtsein, daß dadurch Bankkunden, letzten Endes aber die S*** selbst einen Schaden in Millionenhöhe erleiden werde und in dem nunmehr festgestellten Betrag auch tatsächlich erlitten hat (S 135, 136/V).

Diese entscheidungswesentlichen Feststellungen finden in den Einlassungen der Angeklagten, die nicht nur die objektiv nachgewiesenen Manipulationen und den sich daraus zwangsläufig ergebenden wissentlichen Befugnismißbrauch, sondern auch das Zugeständnis beinhalteten, gewußt zu haben, daß sich dies letztlich zum Nachteil der S*** auswirken könne, sich aber damit abgefunden zu haben, volle Deckung; auch von der Höhe des zu erwarteten Schadens hatte die Angeklagte eine zutreffende Vorstellung, zumal die zur Aufdeckung führende fingierte Gutschrift allein einen Betrag von über 12 Millionen S ausmachte.

Dieser Urteilsbegründung vermag die Beschwerde kein einziges Beweisergebnis oder aktenkundiges Indiz entgegenzusetzen, das vom Schöffengericht bei der Beweiswürdigung übergangen worden wäre. Auch steht die Argumentation des Gerichtes in keinem logischen Gegensatz zu den in der Beschwerde hervorgehobenen möglichen Ursachen für das ursprüngliche Entstehen des die Untreuehandlungen erst auslösenden Fehlbetrages von 6 bis 7 Millionen Schilling. Hätte doch die Angeklagte - wie sie in ihrer schriftlichen Rechtfertigung (S 1021 ff/IV) selbst einräumte - bei Aufklärung zum damaligen Zeitpunkt wohl mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes, nicht aber mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen müssen. Die behaupteten formalen Begründungsmängel im Sinn der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO haften dem Urteil damit nicht an.

Die auf Z 11 der genannten Gesetzesstelle gestützten Ausführungen zur Unrichtigkeit der Strafzumessung stellen sich dagegen überhaupt nur als Berufungsvorbringen dar, wird doch keine offenbar unrichtige rechtliche Beurteilung der für den bekämpften Strafausspruch maßgebenden Strafzumessungstatsachen gerügt. Nur eine solche falsche Beurteilung hätte aber eine unrichtige Anwendung des Strafgesetzes zur Folge, auf welche die materiellrechtlichen Nichtigkeitsgründe und demnach auch die Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO in allen ihren Anwendungsfällen abstellen (vgl. hiezu auch Tschulik in RZ 1988, 51, EvBl. 1989/63, 14 Os 72/88 = RZ 1988/47, 14 Os 79/88 uva). Eine derartige rechtsfehlerhafte Bewertung der vom Erstgericht angeführten Strafzumessungstatsachen zeigt die Beschwerdeführerin jedoch nicht auf, sondern behauptet lediglich, daß die Grundsätze des § 32 StGB mißachtet worden seien, weil die Vorgeschichte und die Motive der Tat, die Mitwirkung an der Schadensminderung und das Anerkenntnis einer Schadenssumme von 20 Millionen Schilling zu wenig berücksichtigt worden seien. Dabei handelt es sich aber ausschließlich um dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichtes bei der Gewichtung der Strafzumessungsgründe anheimgestellte Erwägungen, die sohin nur im Rahmen der Entscheidung über die - ohnehin auch ausgeführte - Berufung zu prüfen sein werden.

Es war daher die Nichtigkeitsbeschwerde als großteils nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, im übrigen als unbegründet schon gemäß § 285 d Abs. 1 StPO bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung wird vom zuständigen Oberlandesgericht zu treffen sein (§ 285 i StPO).

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