Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann Julius I*** - neben anderen strafbaren Handlungen auch - des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2, 148 zweiter Fall StGB (Punkt I des Urteilssatzes) sowie des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB (Punkt II) schuldig erkannt.
Diesen Teil des Schuldspruches bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Zu Punkt I/ des Schuldspruches wird dem Angeklagten angelastet, daß er vom 27.April 1984 bis 16.Mai 1986 in Wien gewerbsmäßig mit Bereicherungsvorsatz Angestellte des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 12 - Sozialamt, Sozialreferat für den 17.Bezirk, in insgesamt 22 Fällen durch die falsche Behauptung seiner Mittellosigkeit und des Fehlens jeglichen Einkommens über Tatsachen getäuscht und hiedurch zur Auszahlung ihm nicht zustehender Geldaushilfen verleitet hat, wodurch das erwähnte Sozialamt des Magistrates der Stadt Wien im Gesamtbetrag von 99.145 S geschädigt wurde.
Einen Begründungsmangel erblickt der Beschwerdeführer in Ansehung dieses Faktums darin, daß dem Urteil nicht zu entnehmen sei, aus welchen Gründen das Erstgericht seiner geständigen Verantwortung vor dem Untersuchungsrichter - wonach er regelmäßig in verschiedenen Sparten als Gelegenheitsarbeiter (unangemeldet) tätig gewesen sei und hiedurch monatlich 6.000 S bis 7.000 S verdient habe - gefolgt ist, nicht aber seiner gegenteiligen Verantwortung in der Hauptverhandlung, in welcher er seine früheren Angaben widerrufen und behauptet hat, in der fraglichen Zeit nichts gearbeitet und folglich auch nichts verdient zu haben. Auch habe sich das Erstgericht nicht mit der dem Angeklagten in der Hauptverhandlung vorgehaltenen Aussage der Zeugin Claudia D*** auseinandergesetzt, welche bekundet habe, daß der Angeklagte "in seinem Leben noch nie etwas gearbeitet hat".
Das Erstgericht hat in den Urteilsgründen diesem Vorbringen zuwider ausführlich (S. 457 bis 460) dargelegt, aus welchen Überlegungen es der ursprünglichen Verantwortung des Angeklagten, nicht aber jener in der Hauptverhandlung Glauben geschenkt hat, weshalb dem eingangs dargelegten Beschwerdeeinwand keine Berechtigung zukommt.
Was die Aussage der Zeugin Claudia D*** vor dem Untersuchungsrichter (ON 60, S 341 bis 343) anlangt, so wurde nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls dem Angeklagten im Zusammenhang mit seiner Verantwortung, er habe ihr öfters "etwas gegeben" (S 410), die Seite 343 des Aktes vorgehalten, in welchem Teil ihrer Aussage die Zeugin (Lebensgefährtin des Angeklagten) zur Verwendung der Sozialhilfe für den gemeinsamen Haushalt, bzw. die gemeinsame Kasse Stellung nahm (vgl. S 411), offensichtlich nicht aber auch Seite 342 des Aktes, auf welcher sich die vom Beschwerdeführer aus dem Zusammenhang gerissenen und vollständig:
"... jedoch glaubte ich nicht, daß er etwas gearbeitet hat. Er hat noch nie in seinem Leben etwas gearbeitet" lautenden Angaben der Zeugin über seine Arbeitsunlust finden. Schon aus diesem Grund brauchte das Erstgericht zu dieser im übrigen bloß auf die allgemeine Einstellung des Angeklagten zur Arbeit Bezug nehmende Aussage nicht Stellung zu nehmen. Im übrigen jedoch konnten diese Angaben deshalb nicht im Urteil verwertet werden, weil Claudia D*** als Lebensgefährtin des Angeklagten zwar vor dem Untersuchungsrichter ausdrücklich auf ihr Zeugnisentschlagungsrecht im Sinne des § 152 StPO verzichtet, in der Hauptverhandlung von diesem Recht aber Gebrauch gemacht hat (S 415) und daher auch ihre zeugenschaftlichen Bekundungen vor dem Untersuchungsrichter nicht mehr Gegenstand der Beweiswürdigung sein durften (Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , § 152, ENr. 33; 13 Os 3/86).
Die Mängelrüge des Angeklagten erweist sich daher als unbegründet.
Rechtliche Beurteilung
Mit seiner den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO relevierenden Rechtsrüge vertritt der Angeklagte zum Faktum I/ den Rechtsstandpunkt, die §§ 24 und 41 Abs. 4 des Wiener Sozialhilfegesetzes (WSHG) enthielten Strafbestimmungen, welche aber auf jene Personen nicht anzuwenden seien, welche lediglich zu Unrecht Sozialhilfe bezogen haben. Da das Wiener Sozialhilfegesetz eine lex specialis sei, welche die Bestimmungen des StGB verdränge, seien folglich Verstöße gegen das WSHG nicht nach dem StGB zu ahnden. Die Frage, ob allenfalls Strafbestimmungen des Wiener Sozialhilfegesetzes (WSHG) 1973, Landesgesetzblatt für Wien, Nr. 11, als lex specialis die allgemeinen Strafbestimmungen des StGB ersetzen, könnte sich nur dann stellen, wenn das WSHG hinsichtlich des unrechtmäßigen Bezugs von Sozialhilfe eine abschließende Strafbarkeitsregelung enthielte. Dies trifft aber - wie offensichtlich auch der Angeklagte erkannt hat - nicht zu, weil es im WSHG überhaupt keine Strafbestimmungen in bezug auf den unrechtmäßigen Bezug von Sozialhilfe gibt. Vielmehr betrifft die in der Beschwerde zitierte Bestimmung des § 24 Abs. 2 WSHG (in der Fassung der zweiten Sozialhilfegesetznovelle, LGBl. für Wien 1980, Nr. 21) die verwaltungsbehördliche Strafbarkeit von bestimmten Verhaltensweisen im Rahmen des Betriebes von Wohnheimen, jene des § 41 Abs. 4 WSHG die verwaltungsbehördliche Strafbarkeit von Dienstgebern, welche ihre Auskunftspflicht gegenüber dem Magistrat der Stadt Wien verletzen. Die §§ 26 und 32 Abs. 2 und 3 WSHG schließlich befassen sich mit zivilrechtlichen Fragen (Ersatzpflicht durch den Empfänger der Hilfe und seine Erben bzw. Anzeige- und Rückersatzpflicht). Die Erwägung des Angeklagten ein keine Strafbestimmungen für ein bestimmtes Verhalten aufweisendes Landesgesetz derogiere dermaßen Bundesrecht, daß im Rahmen der von diesem Landesgesetz geregelten Materie ein nach dem StGB tatbildmäßiges Verhalten nicht nach demselben bestraft werden dürfe, verkennt die Rechtslage und bedarf keiner weiteren Entgegnung. Zum Faktum II des Urteilssatzes (Vergehen nach § 107 Abs. 1 StGB) erblickt der Beschwerdeführer den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO darin, daß im Urteilsspruch nicht seine Absicht festgestellt wurde, die Bedrohten in Furcht und Unruhe zu versetzen, weshalb zu Unrecht angenommen worden sei, daß er das Vergehen nach § 107 Abs. 1 StGB begangen habe.
Es ist zwar richtig, daß der Urteilsspruch - offensichtlich versehentlich - diese subjektiven Tatbestandsmerkmale des § 107 Abs. 1 StGB nicht enthält; ihr Vorliegen wird aber in den mit dem Spruch eine Einheit bildenden Urteilsgründen klar und deutlich festgestellt (S 467 unten), womit dem Erfordernis der Anführung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale im Urteil (§ 260 Abs. 1 Z 1 StPO) entsprochen wurde (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , ENr. 2 a sowie 4 bis 7 a zu § 260) und damit alle Umstände festgestellt wurden, welche die Beurteilung der im Urteil näher umschriebenen Tat des Angeklagten als Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB rechtfertigen. Dem angefochtenen Urteil haftet somit weder der relevierte, noch etwa ein anderer Nichtigkeitsgrund (§ 281 Abs. 1 Z 3 StPO) an. Soweit der Angeklagte im Rahmen seiner Rechtsrüge versucht, ein Handeln in der Absicht, die Bedrohten in Furcht und Unruhe zu versetzen, zu bestreiten und seine Tat als bloße Unmutsäußerung hinzustellen, bringt er den relevierten Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, weil er nicht von den Urteilsfeststellungen, sondern von urteilsfremden Prämissen ausgeht.
Auch die Rechtsrüge des Angeklagten versagt sohin.
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war demnach zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 148 zweiter Strafsatz StGB zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Bei deren Bemessung war erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit vier Vergehen, die einschlägigen Vorstrafen und die wiederholte Tatbegehung, mildernd hingegen das Teilgeständnis, die Schadensgutmachung hinsichtlich der Sachbeschädigung, die ungünstigen familiären Verhältnisse sowie die Persönlichkeitsstörung des Angeklagten.
Die Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Strafherabsetzung anstrebt, ist nicht berechtigt.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig erfaßt und auch zutreffend gewürdigt. Der Angeklagte vermag in seiner Berufung nichts aufzuzeigen, was eine Strafminderung rechtfertigen könnte. Nach Lage des Falles ist die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe vor allem im Hinblick auf die Wiederholung der Straftaten sowie sein getrübtes Vorleben und seine - durch die offenbare Erfolglosigkeit selbst empfindlicher vorangegangener Abstrafungen gekennzeichnete - Täterpersönlichkeit, durchaus angemessen. Eine Reduzierung der Strafe war somit nicht angebracht.
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