Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der beide Angeklagten betreffenden Ablehnung des Ausspruchs, daß sie die ihnen jeweils angelasteten Betrugstaten gewerbsmäßig begingen, in der darauf beruhenden Nichtannahme der Qualifikation nach § 148 erster Fall StGB und demgemäß auch in den Strafaussprüchen (einschließlich der Aussprüche über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Der am 9.April 1950 geborene Günther K***** und die am 9.September 1939 geborene Irmtraud K***** wurden des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB, Irmtraud K***** als Beteiligte gemäß § 12 dritter Fall StGB schuldig erkannt. Demnach haben an verschiedenen Orten in der Steiermark (A) Günther K***** in der Zeit vom 5. bis 24.August 1992 mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung in ingesamt 13 Fällen Verfügungsberechtigte von Beherbergungs- und Beförderungsunternehmen sowie andere Personen durch die Vorspiegelung der Fähigkeit und Willigkeit zu alsbaldiger Bezahlung bzw Rückzahlung, mithin durch Täuschung über Tatsachen zur Erbringung von Beherbergungs- und Beförderungsleistungen sowie zur Gewährung von Darlehen in einem Gegenwert von insgesamt ca 22.500 S verleitet und in dieser Höhe am Vermögen geschädigt; (B) Irmtraud K***** in der Zeit vom 5. bis 21. August 1992 in fünf Fällen zur Ausführung vorangeführter Betrugstaten des Günther K***** mit einem Gesamtschadensbetrag von 11.234 S beigetragen, indem sie dessen Täuschungshandlungen jeweils "bekräftigte bzw bestätigte".
Nach den wesentlichen tatrichterlichen Feststellungen begaben sich die beschäftigungslosen Sozialhilfeempfänger Günther K***** und Irmtraud K***** Anfang August 1992 in die Steiermark, wo sie, nachdem sie ihr mitgeführtes Bargeld ausgegeben hatten, ab 5.August 1992 erkannten, daß sie nicht in der Lage sein würden, die dessen ungeachtet weiterhin in Anspruch genommenen Beherbergungs-, Verpflegungs- und Transportleistungen zu bezahlen.
Rechtliche Beurteilung
Der aus § 281 Abs 1 Z 10 StPO gegen die anklagewidrige Nichtannahme der Qualifikation gewerbsmäßiger Tatbegehung nach § 148 erster Fall StGB erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft kommt Berechtigung zu.
Der den Angeklagten Günther K***** betreffenden Ablehnung einer Tatbeurteilung (auch) nach § 148 erster Fall StGB liegt nämlich im Sinn der Subsumtionsrüge ersichtlich die verfehlte Rechtsauffassung zugrunde, daß sowohl eine vom sogenannten Gesamtvorsatz geleitete Tatwiederholung als auch eine tatplangemäße Mitbeteiligung eines Komplizen an der unrechtmäßigen Bereicherung der Annahme gewerbsmäßigen Handelns entgegenstünden. Dies trifft aber nach gefestigter Rechtsprechung weder in der einen noch in der anderen Richtung zu. Gewerbsmäßige Absicht setzt zwar einen einheitlichen direkten Tätervorsatz hinsichtlich aller Straftaten - nach Art eines fortgesetzten Delikts - nicht voraus (Leukauf-Steininger StGB3 RN 4 zu § 70), doch schließt andererseits ein den Fortsetzungszusammenhang umfassender Tätervorsatz die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung keineswegs aus (LSK 1982/103). Ein solcher kann vielmehr ein aussagekräftiges Indiz dafür darstellen, daß der Täter über die fortgesetzte Tatbegehung hinaus in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Tatbegehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Die Qualifikation gewerbsmäßiger Tatbegehung zu verantworten hat aber nicht nur der unmittelbare Täter, sondern auch jeder Tatbeteiligte, der in gewerbsmäßiger, sohin auf eine fortlaufende Einnahme zum eigenen Vorteil ausgerichteter Absicht an einem von einem anderen verübten gewerbsmäßigen Betrug mitwirkt, was auch auf den Beitragstäter zutreffen kann (SSt 54/68). Daß neben dem unmittelbaren Täter auch ein anderer Tatbeteiligter an den "Einnahmen" aus einem Betrug partizipiert, steht demnach der Annahme gewerbsmäßigen Handelns bei keinem der Tatbeteiligten entgegen, so seine Absicht miteinschließt, sich selbst (unmittelbar aus der Tat oder mittelbar auf dem Umweg über einen Dritten, immer aber als eine unmittelbare wirtschaftliche Folge der Tat) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Daß sich die Tatwiederholungen im konkreten Fall auf den relativ kurzen Zeitraum von ca drei Wochen beschränkten (die Angeklagten wurden am 26.August 1992 festgenommen) schließt gewerbsmäßige Tatbegehung nicht aus, weil bei Erwiesenheit der entsprechenden subjektiven Handlungskomponenten schon eine einmalige Betrugstat nach § 148 StGB qualifiziert wäre. Schließlich kann bei der in Rede stehenden Sachkonstellation auch davon nicht die Rede sein, daß sich die inkriminierten Betrügereien auf die Erzielung bloß unbedeutender und daher zu vernachlässigender Einnahme zur Befriedigung eines Mindestbedarfes an Nahrungsmitteln beschränkt hätten.
Obwohl es im Sinn der Beschwerdeargumentation zutrifft, daß das Erstgericht hinsichtlich des Angeklagten K***** primär infolge eines verfehlten Verständnisses der Rechtsgrundlagen gewerbsmäßiger Tatbegehung verneint hat, kommt eine abschließende Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst schon deshalb nicht in Betracht, weil der in erster Instanz unterlaufene Rechtsirrtum offensichtlich auch dafür ausschlaggebend war, daß diese Qualifikationsproblematik betreffende Urteilserwägungen zur Angeklagten Irmtraud K*****, überhaupt unterblieben. Vollständigkeitshalber ist dazu festzuhalten, daß die Angeklagte K***** mit der Bekräftigung und Bestätigung der Täuschungsakte ihres Komplizen unmittelbar gegenüber den getäuschten Personen der erstgerichtlichen Auffassung zuwider sehr wohl betrugsspezifische Ausführungshandlungen im Sinne - hier ohne Nachteil für die Angeklagte mit der rechtlich gleichartigen Beteiligungsform nach § 12 dritter Fall StGB vertauschter - unmittelbarer Täterschaft setzte (223).
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war das angefochtene Urteil daher in dem im Spruch bezeichneten Umfang aufzuheben und insoweit eine partielle Verfahrenserneuerung anzuordnen.
Mit ihrer hiedurch gegenstandslos gewordenen Berufung war die Staatsanwaltschaft auf die (auch die Strafaussprüche erfassende) kassatorische Entscheidung zu verweisen.
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