OGH 12Os39/85

OGH12Os39/8525.4.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.April 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Loidl als Schriftführer in der Strafsache gegen Ernst A und andere wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Ernst A gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 24.Oktober 1984, GZ 11 a Vr 79/82-40, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil in seinem schuldigsprechenden Teil und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfange der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthaltenden Urteil wurde Ernst A des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 25.10.1981 in Ernstbrunn Rudolf B durch Packen an den Haaren und durch Versetzen eines Trittes in das Gesicht vorsätzlich am Körper schwer verletzte, wobei die Tat den Verlust des inneren und unteren Schneidezahnes rechts, eine Lockerung der angrenzenden Schneidezähne, eine innen- und außenseitig liegende kleinere Weichteilverletzung an der Unterlippe und eine Hautabschürfung oberhalb des rechten Auges zur Folge hatte. Dieser Schuldspruch wird vom Angeklagten mit einer auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Strafausspruch mit Berufung angefochten.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde kommt aus dem erstgenannten Nichtigkeitsgrunde Berechtigung zu:

Das Erstgericht gründete seine zum Schuldspruch führenden Feststellungen überwiegend auf die ihm glaubwürdig erscheinenden Aussagen der Zeugen RAMLOHR, C und D, die in überaus lebensnaher Weise geschildert hätten, wie der Angeklagte auf Rudolf B eingeschlagen, er diesen an den Haaren gerissen, seinen Kopf heruntergezogen und dann gegen das Gesicht getreten hätte. Eine Überprüfung der genannten Aussagen ergibt jedoch, daß das Ersturteil insofern aktenwidrig ist, als den genannten Aussagen dieser Urteilssachverhalt nicht entnommen werden kann.

Der Zeuge Robert E belastete in seinen Angaben vor der Gendarmerie (S 33) den Angeklagten in keiner Weise, ja er erwähnte ihn überhaupt nicht;

gleiches gilt für die Einvernahme von Alfred C und Walter D vor der Gendarmerie (S 53 und 11).

Der Verantwortung des Alfred C vor dem Untersuchungsrichter (ON 12) ist lediglich zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer B gegen einen Zaun gedrückt hat. D sagte als Zeuge vor dem Untersuchungsrichter aus (ON 14), er hätte im Angeklagten jenen Mann erkannt, der B gegen den Zaun drückte. Robert E war vom Untersuchungsrichter nicht einvernommen worden.

In der Hauptverhandlung am 24.11.1982 (S 131 f) bekundete Walter D als Zeuge, der Angeklagte und (der rechtskräftig freigesprochene) Johann H*** hätten B geschlagen, die zwei hätten 'hingehaut'. In der Hauptverhandlung am 7.12.1983 (S 207 f) sagte er, alle drei Angeklagten (A, Michael F und G) hätten 'hingehaut'. Wer genau und wie 'hingehaut' habe, wisse er nicht. Robert E deponierte in der Hauptverhandlung am 19.3.1984

als Zeuge (S 239 f), er habe nichts gesehen, was A gemacht habe, bei der Ranglerei bei den Autos, beim Zaun sei er dabeigewesen, dort sei er gestanden, wo er 'hingehaut' habe, wisse er nicht, ob sie dort gerauft hätten, wisse er nicht, als er ihn gesehen habe, hätten sie nicht mehr gerauft. Der Aussage des Zeugen Alfred C in der Hauptverhandlung vom 19.3.1984

(S 241 ff) ist zu entnehmen, daß er gesehen habe, wie der Angeklagte B zum Zaun 'zuwegedrückt', daß er ihn gehalten und daß er sicher 'dann' nicht mehr 'hingehaut' habe.

Somit ergibt sich aus den Aussagen der Zeugen Robert E, Alfred C und Walter D nicht der geringste Hinweis dafür, daß der Angeklagte B an den Haaren gezerrt oder gerissen sowie seinen Kopf heruntergedrückt und ihm dann mit dem Fuß einen Schlag gegen das Gesicht versetzt hat, wodurch B die verfahrensgegenständlichen Verletzungen erlitt. Sofern das Ersturteil die erwähnten Feststellungen auf die Aussagen der genannten Zeugen stützt, erweist es sich daher als aktenwidrig (SSt 6/58, 7/39; EvBl 1972/17) und somit mit einem derart schwerwiegenden Begründungsmangel im Sinne des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs. 1 Z 5 StPO behaftet, sodaß die Erneuerung des Verfahrens unvermeidlich ist. Ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen war deshalb entbehrlich.

Gemäß § 285 e StPO war sohin der zum Vorteil des Angeklagten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Beratung Folge zu geben und der Beschwerdeführer mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.

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