Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf den Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Urteil wurde der am 7. Dezember 1940
geborene und zuletzt beschäftigungslos gewesene Angeklagte Peter Horst A 1.) des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 (erster Fall) StGB. und 2.) des Vergehens der Amtsanmaßung nach § 314 StGB. schuldig erkannt. Nach der von den Geschwornen stimmeneinhellig bejahten Hauptfrage I hatte er das erstgenannte Delikt (des schweren Raubes) dadurch verwirklicht, daß er am 11. Juni 1979 in Wien in Gesellschaft der abgesondert verfolgten (und inzwischen mit Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht am 27. Februar 1980 wegen dieser Tat gleichfalls rechtskräftig abgeurteilten) Jugendlichen Harald A und Manfred B als Beteiligte (§ 12 StGB.) mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben Rudolf C und Wolfgang D einen Bargeldbetrag von 135 S mit dem Vorsatz wegnahm, sich durch die Zueignung des Geldes unrechtmäßig zu bereichern, indem er den beiden unter der Vorspiegelung, Kriminalbeamter zu sein, und der Aufforderung, sie müßten mitkommen,in eine (Straßen-)Unterführung brachte, die abgesondert verfolgten Harald A und Manfred B den Rudolf C an der Flucht durch Festhalten hinderten und der Angeklagte Peter Horst A in der Folge Rudolf C und Wolfgang D den Weg verstellte, während seine Komplizen Harald A und Manfred B die beiden festhielten und ihnen das Geld abnahmen sowie durch das (vom Angeklagten und seinen beiden Komplizen) von Anbeginn an auf bedrohliche Wirkung und Einschüchterung der beiden Opfer angelegte Auftreten als eine zahlenmäßig und körperlich überlegene Personengruppe.
Mit seiner nur gegen den Schuldspruch wegen Verbrechens des schweren Raubes (Punkt 1.) des Urteilssatzes) gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde macht der Angeklagte Peter Horst A die Nichtigkeitsgründe der Z. 5 und 12 des § 345 Abs. 1 StPO. geltend. Den erstangeführten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung des durch seinen Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Durchführung eines Ortsaugenscheins durch den Schwurgerichtshof. Damit sollte der Beweis erbracht werden, daß Rudolf C und Wolfgang D damals nicht der Weg verstellt worden sei, daß sie hinreichend Möglichkeit hatten, um zu flüchten, und sich nicht bedroht fühlen mußten (S. 306 d.A.). Indes ist den für die Abweisung dieses Beweisantrages maßgeblichen Erwägungen des Schwurgerichtshofs (vgl. S. 308 d.A.) beizupflichten, denen zufolge von der Durchführung des Ortsaugenscheines keine weitere Klärung von entscheidungswesentlichen Umständen zu erwarten gewesen wäre. Dies trifft zunächst schon auf das diesem Beweisantrag unterstellte Beweisthema zu, daß sich die beiden Tatopfer bedroht fühlen mußten; denn dieser im subjektiven Bereich gelegene Umstand ist schon der Sache nach einer Überprüfung und näheren Klärung im Wege eines Ortsaugenscheins nicht zugänglich. Da sich der Beschwerdeführer zur Tatzeit in Gesellschaft der beiden abgesondert verfolgten jugendlichen Mittäter Harald A und Manfred B befand und nach den Beweisergebnissen (vgl. insbesondere die Aussage des Tatbeteiligten Harald A als Zeugen;
S. 299 und 300 d.A.) zuletzt alle drei (Mittäter) neben den beiden Tatopfern standen, damit sie nicht davonlaufen konnten, erübrigte sich aber auch die Vornahme eines Ortsaugenscheines zur Klärung der vom Beschwerdeführer relevierten Frage, ob den beiden der Weg verstellt wurde, da dies schon infolge der Tätermehrheit, unabhängig von den Besonderheiten des Tatortes, möglich war. Ob hingegen den beiden Raubopfern (trotzdem) die Möglichkeit zur Flucht offen stand (von der sie - aus welchen Gründen immer - nicht Gebrauch machten), ist nicht entscheidungswesentlich.
Rechtliche Beurteilung
Durch die Abweisung dieses Beweisantrages wurde somit der Beschwerdeführer in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt, sodaß der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nach der Z. 5 des § 345 Abs. 1 StPO. nicht vorliegt.
Soweit der Beschwerdeführer in seiner Rechtsrüge unter Berufung auf angebliche Verfahrensergebnisse (hier ersichtlich auf seine eigene, die Verübung eines Raubes leugnende Verantwortung) für seine Person einen auf Ausführung eines Raubes (ersichtlich gemeint: auf Gewaltanwendung, Drohung und Sachwegnahme) gerichteten Vorsatz verneint, setzt er sich über die im Wahrspruch der Geschwornen zur Hauptfrage I auch hinsichtlich der subjektiven Tatseite enthaltenen Tatsachenfeststellungen hinweg und bringt somit den von ihm geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, dessen gesetzmäßige Darstellung stets einen Vergleich des auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen festgestellten Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Strafgesetz erforderlich, nicht zur prozeßordnungsgemäßen Ausführung. Denn nach dem Wahrspruch der Geschwornen zur Hauptfrage I handelte der Beschwerdeführer in Gesellschaft und als (Tat-)Beteiligter der abgesondert verfolgten Jugendlichen Harald A und Manfred B (§ 12 StGB.), die in seiner Gegenwart die beiden Raubopfer Rudolf C und Wolfgang D festhielten und ihnen das Geld abnahmen, ganz abgesehen von dem im Wahrspruch der Geschwornen näher konkretisierten Tatbeitrag des Beschwerdeführers, der darin lag, daß der die beiden Opfer zunächst unter Vortäuschung einer Amtshandlung als Kriminalbeamter (vom Pratergelände) zum Tatort brachte, ihnen den Weg verstellte und es darüber hinaus - durch sein gemeinsames Auftreten mit den abgesondert verfolgten Jugendlichen Harald A und Manfred B in einer zahlenmäßig und körperlich überlegenen Personengruppe - von Anbeginn an auf eine bedrohliche Wirkung und Einschüchterung des Rudolf C und Wolfgang D angelegt hatte.
Angesichts dieser sich aus dem Wahrspruch der Geschwornen ergebenden Tatsachenfeststellungen mangelt es darin an jedem sachlichen Substrat, das die Behauptung des Beschwerdeführers stützen könnte, ohne Raubvorsatz gehandelt zu haben; die vorerwähnten, im Wahrspruch der Geschwornen angeführten und von ihnen als erwiesen angenommenen Tatsachen setzen vielmehr geradezu denknotwendig auch die Annahme eines in subjektiver Beziehung zur Verwirklichung des Tatbestandes des Raubes erforderlichen vorsätzlichen Handelns des Beschwerdeführers voraus.
Es versagen aber auch die weiteren Beschwerdeeinwände zum Nichtigkeitsgrund der Z. 12 des § 345 Abs. 1
StPO., denen zufolge der Beschwerdeführer die zum Tatbestand des Raubes gehörigen Merkmale der Gewaltanwendung und der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben im vorliegenden Fall schon objektiv für nicht gegeben erachtet. Für den Begriff der Gewalt gegen eine Person im Sinne des § 142 Abs. 1 StGB. genügt die Anwendung jeder überlegenen und zur Beugung oder Beseitigung eines - tatsächlich oder auch erst zu erwartenden - Widerstandswillens des Opfers geeigneten physische Kraft, um ihm eine Sache wegzunehmen. Diese Gewaltanwendung kann auch - so wie vorliegend - in einem (bloßen) Festhalten des Opfers bestehen. Ob sich dieses effektiv wehrt oder nicht, ist hingegen nicht entscheidend (ÖJZ-LSK. 1976/29). Der Beschwerdeführer selbst hat zwar nach dem Inhalt des Wahrspruchs der Geschwornen (zur Hauptfrage I), von dem auch bei Prüfung dieser Rechtsrüge auszugehen ist, die beiden Raubopfer Rudolf C und Wolfgang D nicht festgehalten. Er handelte aber - wie bereits ausgeführt - nach den sich aus diesem Wahrspruch ergebenden Tatsachenfeststellungen in Gesellschaft und als Beteiligter der beiden abgesondert verfolgten Jugendlichen Harald A und Manfred B, somit im Einverständnis mit denselben, und hat daher strafrechtlich auch für die nur von jenen Tatbeteiligten gesetzten Ausführungshandlungen (hier: Festhalten der beiden Raubopfer) einzustehen (ÖJZ-LSK. 1976/235; Leukauf-Steininger2, RN. 7 zu § 143 StGB., S. 965/966).
Unter Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben ist jede Androhung eines imminenten Übels zu verstehen, d.i. jede mit der Gefahr der sofortigen Verwirklichung verbundene und - wie durch das im § 142 Abs. 1
StGB. enthaltene Zitat des § 89 StGB. hinreichend klargestellt ist - gegen das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit gerichtete Beeinträchtigung. Die Drohung muß demnach für den davon Betroffenen zwar das Inaussichtstellen eines Übels in bezug auf die vorerwähnten Rechtsgüter (des Lebens, der Gesundheit oder der körperlichen Sicherheit) umfassen, hingegen setzt der in der Drohung manifestierte Willensentschluß des Täters, bei Bedrohten (nach dessen Vorstellung) den Eindruck zu erwecken, er (der Täter) sei willens und in der Lage, das angedrohte Übel auch wirklich herbeizuführen, nicht unbedingt eine entsprechende direkte mündliche Äußerung gegenüber dem Bedrohten voraus. Eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben im Sinne des § 142 Abs. 1 StGB. kann vielmehr in den verschiedensten Formen, also auch ohne daß sie wörtlich ausgesprochen wird, erfolgen, sie kann demnach auch in einem sonstigen Tatverhalten (z.B. in einer Gebärde des Täters oder - so wie hier - im Umzingeln der gleichzeitig festgehaltenen Opfer durch mehrere Täter) zum Ausdruck kommen. Ob einem solchen Verhalten - unter Anlegung eines objektiven Beurteilungsmaßstabes - die Bedeutung einer Drohung im vorerwähnten Sinn beizumessen ist, läßt sich jeweils nur an Hand der besonderen Umstände des Falles beantworten. Eine solche Beurteilung stellt aber letztlich eine insoweit im Nichtigkeitsverfahren unbekämpfbare Tatsachenentscheidung der Geschwornen dar. Wenn sie daher im vorliegenden Fall über die in einem Festhalten der beiden Raubopfer gelegene Gewaltanwendung hinaus das übrige in ihrem Wahrspruch als erwiesen angenommene Verhalten des Beschwerdeführers sowie seiner Komplizen, insbesondere ihr von Anbeginn an auf eine bedrohliche Wirkung und Einschüchterung des Rudolf C und Wolfgang D angelegtes Auftreten in einer (gegenüber den beiden Beraubten) zahlenmäßig und körperlich überlegenen Personengruppe in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung (auch) als Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben beurteilten, ist dieser Teil des Wahrspruches, zumal auch eine diesbezügliche unrichtige Rechtsbelehrung der Geschwornen durch den Vorsitzenden nicht vorliegt und vom Beschwerdeführer im übrigen auch nicht behauptet wurde, von vorneherein einer (erfolgreichen) Anfechtung unter dem Gesichtspunkte einer (materiellrechtlichen) Urteilsnichtigkeit nach der Z. 12 des § 345 Abs. 1 StPO. nicht zugänglich.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen erschöpfte sich aber das (rechtlich) als Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Zeit und Leben gewertete Tatverhalten des Beschwerdeführers keineswegs in seiner Äußerung, er werde C und D auf das Wachzimmer führen (bzw. in der an sie gerichteten Aufforderung mitzukommen), sodaß dieser Einwand, mit dem er den weiteren Inhalt des Wahrspruches unberücksichtigt läßt, nicht durchschlägt, und angesichts des sich aus dem Wahrspruch der Geschwornen (zur Hauptfrage I) ergebenden Tatsachensubstrats verbleibt demnach für die vom Beschwerdeführer angestrebte Beurteilung der Tat bloß als Gesellschaftsdiebstahl (§ 127 Abs. 2 Z. 1 StGB.) kein Raum.
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter Horst A war daher zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB. unter Anwendung der §§ 28 und 41 Abs. 1 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren und nahm bei der Strafzumessung als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens und eines Vergehens, die wiederholten einschlägigen Vorstrafen und die führende Beteiligung an der Tat, als mildernd hingegen die relative Geringfügigkeit des erbeuteten Geldbetrages sowie die Umstände an, daß durch das Einschreiten des Berufungswerbers möglicherweise ein höheres Maß an Gewaltanwendung vermieden wurde und die zuletzt wegen einer einschlägigen Straftat erfolgte Vorverurteilung bereits mehrere Jahre zurückliegt. Gegen die Strafhöhe richten sich sowohl die Berufungen des Angeklagten wie auch jene der Staatsanwaltschaft, die einerseits Strafminderung, andererseits Erhöhung der Freiheitsstrafe unter Ausschaltung des § 41 Abs. 1 StGB. begehren.
Keiner der Berufungen kommt Berechtigung zu.
Das Erstgericht hat die vorliegenden Strafzumessungsgründe nicht nur richtig angeführt, sondern auch zutreffend gewürdigt. Die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB. kann vorliegend nach Lage des Falles mit Recht vertreten werden, weil sowohl die angewendete Gewalt wie auch die angewendete Drohung unterhalb jener Grenze liegt, die sonst üblicherweise beim Straßenraub in gleichgelagerten Fällen angewendet wird.
Hingegen war aber auch eine weitere Herabsetzung des Strafausmaßes schon deswegen ausgeschlossen, weil der Angeklagte immerhin als dominierende Persönlichkeit beim Tathergang in Erscheinung getreten ist und den zwar zur Tat bereiten Sohn jedenfalls unterstützt hat. So gesehen erweisen sich beide Berufungen als unbegründet, sodaß spruchgemäß zu erkenenn war.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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