OGH 12Os35/03

OGH12Os35/033.7.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Juli 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Habl, Dr. Zehetner, Dr. Philipp und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Mayer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Patrick Erwin G***** wegen des Verbrechens des schweren, durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2 StGB und weiterer Straftaten über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 19. Dezember 2002, GZ 23 Hv 206/02d-50, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, mehrere in Rechtskraft erwachsene Schuld- und Teilfreisprüche enthaltenden Urteil wurde Patrick (Erwin) G***** - soweit hier relevant - auch gemäß § 259 Z 3 StPO vom Vorwurf freigesprochen, er habe in der Zeit von Juni 2001 bis Dezember 2001 mit der am 26. Februar 1988 geborenen, sohin im Tatzeitraum unmündigen, Simona O***** wiederholt den Beischlaf unternommen. Das Erstgericht billigte dem Angeklagten einen nicht vorwerfbaren Rechtsirrtum zu, weil für ihn das Unrecht der Tat nicht leicht erkennbar gewesen sei.

Die Staatsanwaltschaft bekämpft diesen Freispruch mit auf § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Die Vorwerfbarkeit des Verbotsirrtums gemäß § 9 Abs 2 StGB behauptend verweist die Rechtsrüge zwar zutreffend darauf, dass das Verbot des geschlechtlichen Umgangs mit Unmündigen - wenngleich Sexualdelikte, was die Erkennbarkeit des Unrechts durch Jugendliche angeht, eine gewisse Sonderstellung einnehmen (vgl Mayerhofer StGB5 § 9 Rz 9) - in Österreich allgemein einsichtig und Bestandteil allgemeinen Rechtsbewusstseins ist (vgl Mayerhofer aaO Rz 11), übersieht aber, dass die Erkennbarkeit des Unrechts an Hand eines objektiv-subjektiven Doppelmaßstabs zu prüfen ist (vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 9 Rz 11; Höpfel in WK2 § 9 Rz 12). Hiebei stellte das Erstgericht - sich auf Umstände der Beziehung der Unmündigen zum Angeklagten und den von diesem in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck stützend (US 9) - auf der subjektiven Tatsachenebene im Zweifel fest, dass der Angeklagte das Unrecht nicht leicht erkennen konnte (US 10).

Indem die Staatsanwaltschaft diese Konstatierung, auf Grund derer sich die Prüfung der Erkennbarkeit des Tatunrechts für den Durchschnittsmenschen erübrigt (vgl Fabrizy StGB8 § 9 Rz 6), einerseits unbekämpft lässt und andererseits mit der Forderung nach Anlegung strengerer Maßstäbe gegenüber Siebzehnjährigen übergeht, hält sie nicht am Urteilssachverhalt fest und bringt solcherart die Rechtsrüge nicht prozessordnungsgemäß zur Darstellung. Ebensowenig trifft die Beschwerdeführerin damit eine methodisch vertretbare Ableitung materiell-rechtlicher Nichtigkeit im Sinne von § 9 Abs 2 zweiter Fall StGB, sodass dem Obersten Gerichtshof ein Eingehen auf die - hier zufolge der auf die Rechtmäßigkeit seines Verhaltens bezogenen Zweifel des Angeklagten (s US 9, 10 und S 341) durchaus indizierte (vgl 13 Os 113/77 = EvBl 1978/46; 9 Os 177/78 = SSt 50/14) - versäumte Erkundigungspflicht (dazu Höpfel aaO Rz 14 letzter Absatz mwN) verwehrt ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 StPO iVm § 285a Z 2 StPO).

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