Spruch:
Es verletzen das Gesetz
1./ der Vorgang, dass das Bezirksgericht Döbling von seinem gemeinsam mit dem Urteil vom 22. November 2000, GZ 31 U 323/99d-21, gefassten Beschluss auf Verlängerung der Probezeit der Wolfgang A***** mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 9. Oktober 1997, GZ 3b Vr 1163/95-64, gemäß § 43 Abs 1 StGB gewährten bedingten Strafnachsicht nicht unverzüglich diesen Gerichtshof verständigte, in der Bestimmung des § 494a Abs 7 StPO;
2./ der Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12. November 2001, GZ 3b Vr 1163/95-84, mit dem die mit Urteil vom 9. Oktober 1997 verhängte Freiheitsstrafe endgültig nachgesehen wurde, obwohl infolge der zu 1./ genannten Verlängerung der Probezeit noch nicht feststand, dass die bedingte Strafnachsicht nicht widerrufen wird, in dem sich aus § 43 Abs 2 StGB iVm §§ 53 und 56 StGB ergebenden Gebot, die endgültige Strafnachsicht erst nach Ablauf der Probezeit auszusprechen.
Text
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 9. Oktober 1997, GZ 3b Vr 1163/95-64, wurde Wolfgang A***** wegen §§ 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, die für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Das Urteil erwuchs am 7. April 1998 in Rechtskraft.
Wegen des innerhalb der Probezeit (am 20. August 1999 - ON 3) begangenen Vergehens des Diebstahls wurde Wolfgang A***** mit Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 22. November 2000, GZ 31 U 323/99d-21, nach § 127 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt. Zugleich fasste das Bezirksgericht gemäß § 494a Abs 1 Z 2 (und Abs 6) StPO den Beschluss, unter Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre vom Widerruf der zuvor gewährten bedingten Strafnachsicht abzusehen. Das Urteil und der Beschluss wurden am 8. August 2001 rechtskräftig. Die in § 494a Abs 7 StPO vorgeschriebene unverzügliche Verständigung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien von der Verlängerung der Probezeit unterblieb. Das Bezirksgericht Döbling ordnete vielmehr erst nach Rechtskraft seiner Entscheidung in der Endverfügung (ON 39) am 3. September 2001 die Verständigung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien an, welche erst am 19. Dezember 2001 abgefertigt wurde und am folgenden Tag dort einlangte (3b Vr 1163/95-86). Inzwischen hatte das Landesgericht für Strafsachen Wien in Unkenntnis der Entscheidung über die Verlängerung der Probezeit und damit noch vor deren Ablauf mit rechtskräftigem Beschluss vom 12. November 2001, GZ 3b Vr 1153/95-84, festgestellt, dass die über Wolfgang A***** verhängte Freiheitsstrafe endgültig nachgesehen ist.
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend zeigt die Generalprokuratur in ihrer gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Beschwerde auf, dass dieser Beschluss und der Vorgang, dass das Bezirksgericht Döbling von seinem gemeinsam mit dem Urteil vom 22. November 2000 gefassten Beschluss auf Verlängerung der Probezeit nicht unverzüglich das Landesgericht für Strafsachen Wien verständigte, mit dem Gesetz nicht im Einklang stehen:
Zum einen setzt die Bestimmung des § 43 Abs 2 StGB über die endgültige Strafnachsicht voraus, dass die Strafe nicht widerrufen wird. Dieses Erfordernis war aber im Zeitpunkt der Beschlussfassung zufolge rechtswirksamer Verlängerung der Probezeit (und der damit verbundenen Möglichkeit des späteren Eintritts eines Widerrufsgrundes) noch nicht gegeben.
Diese Gesetzesverletzung aber wurde zum anderen ersichtlich durch die ihrerseits gesetzwidrige Säumigkeit des Bezirksgerichtes Döbling bei der Handhabung der Verständigungspflicht gemäß § 494a Abs 7 StPO ausgelöst. Diese Bestimmung soll nämlich sicherstellen, dass das von der neuen Entscheidung betroffene Gericht keine weitere Entscheidungskompetenz in Anspruch nimmt, was aber nur dann erreicht werden kann, wenn die Verständigung ohne Rücksicht auf deren Rechtskraft unmittelbar nach der jeweiligen Entscheidung nach § 494a StPO vorgenommen wird (12 Os 171, 172/98 uva).
Da sich die aufgezeigten Gesetzesverletzungen zum Vorteil des Verurteilten auswirkten, muss es insoweit - anders als bei Vorliegen von begrifflich miteinander völlig unvereinbaren Entscheidungen - mit der Feststellung der Gesetzesverletzungen sein Bewenden haben.
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