Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten Bojan P***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Die Entscheidung über eine amtswegig in Aussicht genommene Maßnahme hinsichtlich des Angeklagten Selver M***** wird einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorbehalten.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen - auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden - Urteil wurde Bojan P***** des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall, 15 Abs 1 StGB (I./) sowie des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 letzter Fall StGB (II./) schuldig erkannt.
Danach hat er
I./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Selver M***** sowie den abgesondert verfolgten Mirza D*****, Dalibor I*****, Ferald G***** und Oliver S***** fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro übersteigenden Wert teils durch Einbruch anderen mit dem Vorsatz weggenommen bzw wegzunehmen versucht, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er die Diebstähle durch Einbruch in der Absicht beging, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar
1./ im April 2011 in S***** Verantwortlichen des S***** zumindest 10.000 Euro Bargeld, wobei es beim Versuch geblieben ist;
2./ am 15. April 2011 in St. G***** dem Hans-Jürgen Pa***** 2.570 Euro durch Aufschneiden des Zauns, Aufbrechen eines Fensters und Aufbrechen der Handkasse sowie
3./ am 18. April 2011 in S***** Denana und Nermin B***** 7.000 Euro, Schmuck im Wert von 14.000 Euro, zwei Digitalkameras und eine Videokamera im Wert von 2.000 Euro durch Abdrehen des Schließzylinders der Wohnungstüre;
II./ am 20. April 2011 in G***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Selver M***** und den abgesondert verfolgten Dalibor I*****, Ferald G***** und Oliver S***** sowie einem weiteren unbekannten Täter dadurch, dass sie gewaltsam in das Haus der Elisabeth F***** eindrangen, diese an Händen und Beinen fesselten, ihr mit Kleidungsstücken den Mund stopften und Kleidungsstücke um den Hals schlangen, sie mit zahlreichen Decken und Leintüchern sowie zwei Tuchenten zudeckten und deren Schmuck und Bargeld sowie Sparbücher an sich nahmen, also mit Gewalt gegen Elisabeth F***** fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen, wobei die Tat den Tod der Elisabeth F***** zur Folge hatte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf Z 3 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Bojan P*****, der keine Berechtigung zukommt.
Die Verfahrensrüge (Z 3) spricht mit dem Einwand einer trotz Widerspruchs des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung erfolgten verpflichtenden (§ 245 StPO) Verlesung (ON 294 S 38 und 47) der Protokolle über dessen Vernehmungen als Beschuldigter durch die Kriminalpolizei vom 1. Dezember 2011 (ON 186 = ON 210) sowie durch die Staatsanwaltschaft Wels vom 19. März 2012 (ON 241), bei denen er ein in der Folge widerrufenes Geständnis abgelegt hatte, keine nichtige Erkundigung oder Beweisaufnahme im Ermittlungsverfahren an.
Die unterbliebene Dokumentation des Verzichts auf Beiziehung eines Verteidigers - eine unterbliebene Belehrung über das Recht, einen Verteidiger beizuziehen oder die Verweigerung einer solchen Beiziehung wird nicht behauptet - zählt nicht zu den vom Gesetz ausdrücklich als nichtig bezeichneten Akten (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 173; RIS-Justiz RS0099344).
Mit der bloßen Behauptung, dass „sowohl aufgrund objektiver“ (nicht näher konkretisierter) „Aktenbestandteile“ als auch der (gleichfalls nicht nachvollziehbar beschriebenen) „subjektiven Angaben“ des Rechtsmittelwerbers „im Rahmen der Haftverhandlung vom 6. Dezember 2012“ (richtig: 2011 [ON 187]), davon auszugehen sei, dass er „weder psychisch noch körperlich in der Lage war, die weitreichenden Konsequenzen seiner (zunächst) geständigen Verantwortung zu erfassen“, sowie mit dem Hinweis auf eine unterbliebene inhaltliche Dokumentation des der Vernehmung des Nichtigkeitswerbers am 1. Dezember 2011 unmittelbar vorangegangenen mehr als vierstündigen Vorgesprächs und den daran in der Beschwerde geknüpften Spekulationen, wonach „möglicherweise“ unzulässige Vorspiegelungen oder Versprechungen vorgenommen worden wären bzw „nicht auszuschließen“ sei, dass im Zuge dieses Vorgesprächs Erkundigungen und Auskünfte unter mit Nichtigkeit bedrohter Umgehung der Bestimmung nach § 152 Abs 1 StPO eingeholt wurden, die dann zu dem nach 16:30 Uhr protokollierten Geständnis geführt haben, wird ein - aus § 166 Abs 2 StPO - Nichtigkeit bewirkender schwerer Vernehmungsfehler, der ein Beweisverbot bewirkt, nicht deutlich und bestimmt bezeichnet. Da über die Sachverhaltsgrundlage für das in Rede stehende Beweiserhebungsverbot das für die Vernehmung zustehende Organ in freier Beweiswürdigung entscheidet und dies nur nach den Kriterien der Z 5 und Z 5a des § 281 Abs 1 StPO überprüft werden kann, versagen die inhaltlich mit eigenständigen Beweiswertüberlegungen nach Art einer Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld argumentierenden Spekulationen der Rüge über die Vernehmungsfähigkeit des Beschwerdeführers (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 40 ff; RIS-Justiz RS0118977).
Das Rechtsmittelvorbringen legt auch nicht dar, weshalb die anschließende über ausdrücklichen Wunsch des Beschwerdeführers (vgl ON 237) in Anwesenheit seines Verteidigers und ohne physische oder psychische Beeinträchtigung (siehe auch die Ausführungen der medizinischen Sachverständigen Dr. Adelheid K***** in der Hauptverhandlung; ON 294 S 44 f) erfolgte Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft Wels am 19. März 2012 (ON 241), im Zuge derer der Nichtigkeitswerber die inhaltliche Richtigkeit und die mängelfreie Übersetzung seiner anlässlich der vorangehenden Vernehmung vom 1. Dezember 2011 geständigen Verantwortung bestätigte, mit aus Z 3 des § 345 Abs 1 StPO wahrzunehmender Nichtigkeit bedroht sein sollte.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§§ 285i, 344 StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Die Entscheidung über eine amtswegig in Aussicht genommene Maßnahme (§§ 290 Abs 1, 344 StPO) hinsichtlich des Angeklagten Selver M***** war einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorzubehalten.
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