Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Freispruch Punkt B/II hinsichtlich der unter A und B/1 bezeichneten strafbaren Handlungen, ferner in der unter Punkt A des Urteilssatzes vorgenommenen rechtlichen Unterstellung der dort bezeichneten Taten (auch) unter den Abs 2 des § 147 StGB sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Peter Ludwig Z***** wurde des (in acht Angriffen begangenen) Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1, Abs 2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Vom Anklagevorwurf der gewerbsmäßigen Begehung weiterer Betrugsdelikte wurde er hingegen teils nach Z 2, teils nach Z 3 des § 259 StPO freigesprochen.
Mit ihrer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft die Staatsanwaltschaft die unter den Punkten B/II/A und B/II/B/1 des Urteilssatzes dargestellten Freisprüche von den Fakten I/2 und II/1 der Anklageschrift ON 104.
Der bekämpfte Freispruch (B/II) lautet wie folgt:
"Hingegen wird Ludwig Peter Z***** von der weiter wider ihn erhobenen Anklage, er habe in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der strafbaren Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,
A) im Herbst 1994 und im Frühjahr 1995 einen verdeckten Ermittler des Bundesministeriums für Inneres durch die Vorspiegelung, er sei in der Lage, 18 kg waffenfähiges Plutonium 239 mit einem Reinheitsgehalt von über 99 % (also einen kompletten Atomsprengkopf) im Wert von 60 Milliarden Schilling zu liefern, zur Ausfolgung von drei Millionen Schilling "als Sicherstellung" zu verleiten versucht, wodurch der Genannte um diesen Betrag am Vermögen geschädigt werden sollte und wobei er unter dem Namen "Kommerzialrat Erich F*****" auftrat und eine Treuhandvereinbarung mit diesem Namen unterfertigte, also zur Täuschung eine falsche Urkunde verwendete (= Anklage- faktum I/2), und
B/1) in der Zeit von Dezember 1993 bis April 1995 Kommerzialrat Erich F***** in mehrfachen Angriffen durch die Vorspiegelungen, das von ihm zur Verfügung gestellte Kapital werde für diverse Projekte des Brillen- und Bilderhandels sowie des Technologietransfers verwendet werden, es handle sich überdies bei ihm um einen rückzahlungswilligen und wegen einer ihm gehörenden spanischen Liegenschaft auch rückzahlungsfähigen Kreditnehmer, zur Gewährung diverser Darlehen verleitet, wodurch Kommerzialrat Erich F***** einen Schaden von ca 1,4 Millionen Schilling erlitten habe (= Anklagefaktum II/1),
gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen."
Den Freispruch vom Anklagefaktum I/2 (= B/II/A des Urteils) begründete das Erstgericht ausschließlich damit, daß "Dr.B*****" (wie sich der verdeckte Ermittler im Umgang mit dem Angeklagten nannte) den Betrag von drei Millionen Schilling derart gesichert in einem Banksafe hinterlegt habe, daß es "faktisch, rechtlich und logisch" dem Angeklagten unter keinen Umständen möglich gewesen sei, an den Geldbetrag zu gelangen (US 43 f). Die Feststellungen des Erstgerichtes beschränken sich hiebei auf die Beschreibung der Hinterlegungsmodalitäten und der einer Behebung durch Unbefugte entgegenstehenden faktischen und rechtlichen Sicherungsmaßnahmen (US 32 bis 38).
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend wendet die Anklagebehörde gegen diesen Freispruch unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ein, daß der auf diese Annahmen gegründeten rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes, wonach ein absolut untauglicher Versuch (§ 15 Abs 3 StGB) vorliege, eine zureichende Feststellungsgrundlage fehlt, zumal dem Urteil keinerlei Konstatierungen über den Tatplan und die zu dessen Verwirklichung gesetzten Handlungen des Angeklagten zu entnehmen sind.
Werden aber in Ansehung einer dem Angeklagten vorgeworfenen Tat vom erkennenden Gericht Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite gänzlich unterlassen, so ist auch eine rechtliche Beurteilung dahingehend nicht möglich, ob die inkriminierte Tat nur wegen der persönlichen Eigenschaften oder Verhältnisse des Täters nach der Art des Gegenstandes, an dem die Tat begangen wurde oder - wie hier vom Erstgericht angenommen - nach Art der Handlung unter keinen Umständen den verpönten Erfolg herbeiführen konnte. Die Prüfung der absoluten Untauglichkeit des Versuchs im Sinne § 15 Abs 3 StGB ist vielmehr nicht bloß an der (mißlungenen) Versuchshandlung, sondern am beabsichtigten - auch weiteren - Verhalten des Täters, das den Erfolg herbeiführen sollte, vorzunehmen (Leukauf/Steininger Komm3 § 15 RN 36).
Im vorliegenden Fall scheitert eine derartige Tauglichkeitsprüfung (die in bezug auf die Handlung nach wie vor im Sinn der Eindruckstheorie aufgrund einer ex-ante Betrachtung vorzunehmen ist, vgl. Leukauf/Steininger aaO § 15 RN 38, 39, zuletzt 15 Os 88, 89/96) am Fehlen von Feststellungen darüber, welche Tathandlungen der Angeklagte in Verfolgung eines allfälligen (vom Erstgericht offen gelassenen) Betrugsvorsatzes (bisher) unternommen hat (bzw welche von ihm allenfalls noch beabsichtigt waren).
Beim Betrug liegt strafbarer Versuch zudem bereits dann vor, wenn der Täter eine auf Täuschung abzielende Handlung vorgenommen hat. Unternommene Täuschungsakte begründen Betrugsversuch daher auch dann, wenn der gewollte Deliktserfolg erst geraume Zeit später eintreten soll (und/oder kann) und gegebenenfalls zu dessen Herbeiführung tatplanmäßig noch weitere Ausführungshandlungen erforderlich sind, wie dies insbesondere bei komplizierten Betrugsvorhaben - wie dem vorliegenden - in der Regel der Fall ist (Leukauf/Steininger aaO § 146 RN 65; Hager/Massauer in WK Rz 200 ff zu §§ 15, 16 StGB).
Die zur Tauglichkeitsprüfung einer derartigen (Betrugs-)Versuchshandlung erforderlichen Feststellungen über den Vorsatz des Angeklagten und über bereits erfolgte Täuschungshandlungen hat das Erstgericht unterlassen.
Daß der (nach der Anklageschrift als Betrugsopfer ausersehene) "Dr.B*****" sich ausreichend gegen den drohenden Vermögensschaden abzusichern wußte, schließt aber keineswegs aus, daß der Betrugsversuch lediglich an dessen Vorsicht und damit an den zufälligen Umständen des Einzelfalles gescheitert ist. Demnach wäre das Schöffengericht auch verhalten gewesen, Feststellungen darüber zu treffen, wie der (allenfalls gewollte) Erfolg eintreten sollte, um die Beurteilungsgrundlage dafür zu schaffen, ob (strafbarer) fehlgeschlagener Versuch vorliegt.
Dem Freispruch vom Anklagefaktum II/1 (= B/II/B/1 des Urteils) hinwieder haftet ein entscheidungswesentlicher Begründungsmangel (Z 5) an.
Die (negative) Urteilsannahme, keine Feststellungen dahin treffen zu können, "daß der Angeklagte den Zeugen F***** zur Hingabe der gegenständlichen Geldbeträge vorsätzlich durch Täuschungshandlungen veranlaßt hatte" (US 46), hat das Erstgericht nämlich ausschließlich auf die - mit der leugnenden Verantwortung des Angeklagten übereinstimmende - Aussage des genannten Zeugen in der Hauptverhandlung (S 9 ff/VII) gestützt, dessen - massive Betrugsvorwürfe enthaltenden - Angaben im Vorverfahren (S 365 ff/II und ON 90/VI) dagegen keiner Erörterung unterzogen, obgleich objektive Beweisergebnisse - wie die vom Angeklagten unterfertigten Schuldscheine (S 367 ff/I) iVm schriftlichen Zusagen der "sicherungsweisen Übertragung" gar nicht in seiner Verfügungsgewalt stehender Liegenschaften in Spanien (S 387/I) und am Neufeldersee (S 261, 375 f, 397/II) - mit den früheren Depositionen des Erich F***** in Einklang stehen.
Die mangelnde Erörterung der zuletzt genannten Betrugsindizien rügt die Beschwerde gleichfalls zutreffend als Unvollständigkeit der Urteilsgründe.
Somit hat das Erstgericht die für den Freispruch entscheidende Feststellung des Fehlens von Täuschungshandlungen des Angeklagten mangels Erörterung der dieser Annahme entgegenstehenden Beweisergebnisse unvollständig begründet.
Auf die denselben Urteilspunkt betreffende Rechtsrüge (Z 9 lit a) muß somit nicht mehr eingangen werden.
Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher Folge zu geben, das Urteil, das im übrigen unberührt zu bleiben hatte, in den Punkten II/A und II/B/1 des Freispruches (B), ferner - wegen der dadurch eröffneten Möglichkeit der Über- schreitung der Wertgrenze des § 147 Abs 3 StGB - auch in der rechtlichen Unterstellung der bisherigen Schuldspruchfakten (A) unter § 147 Abs 2 StGB und demgemäß auch im Strafausspruch aufzuheben und die Strafsache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgeicht zu verweisen.
Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.
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