OGH 12Os3/04

OGH12Os3/0412.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Februar 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kainz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Heinz C***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauches von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über dessen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 9. September 2003, GZ 22 Hv 35/03v-33, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Heinz C***** (zu I.) der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, (zu II.) der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB, des schweren sexuellen Missbrauches von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 (aF) StGB, (zu III. 1.) der Verbrechen des sexuellen Missbrauches von Unmündigen nach § 207 Abs 1 erster und zweiter Fall StGB, (zu III. 2.) der Vergehen des Missbrauches eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB und (zu IV.) der Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 2, Z 3 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit im Nichtigkeitsverfahren von Relevanz - (zu ergänzen: in Graz) zwischen Anfang 1995 und Ende 1998

"I. wiederholt Tamara L***** durch Schläge mit einem Gürtel auf den Rücken sowie grobes Ziehen an den Haaren vorsätzlich am Körper verletzt (rote oder blaue Striemen sowie Hämatome am Rücken, ausgerissene Haare),

II. wiederholt, indem er die am 27. Februar 1990 geborene Tamara L***** mit der Hand oder einem Gürtel schlug, sie festhielt und gegen ihren Willen und trotz ihrer Gegenwehr sein Glied in den Eingang ihrer Scheide bewegte oder mit seinen Fingern zumindest in diesen Bereich der Scheide hineinfuhr,

1. außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB eine Person mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt,

2. mit einer unmündigen Person den Beischlaf oder eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung (letzteres im Zeitraum 1. Oktober 1998 bis Ende 1998) unternommen,

3. eine unmündige Person auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht missbraucht (im Zeitraum Mai 1995 bis 1. Oktober 1998), ..."

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft nach dem Inhalt seines Anfechtungsbegehrens sämtliche Schuldsprüche, der Sache nach allerdings allein die zu I. und II. bezeichneten mit einer aus § 281 Abs 1 Z 5, Z 10 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde, die nicht berechtigt ist. Soweit die Rüge auch jene zu III. und IV. erfasst, ist sie mangels einzelner, deutlicher und bestimmter Bezeichnung der Anfechtungspunkte nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).

Die Behauptung, das Erstgericht habe den Annahmen, wonach der Angeklagte "seinen Penis zumindest in den Eingang der Scheide hineinbewegt habe" und "mit seinen Fingern in den Eingangsbereich der Scheide der Tamara L***** hineingefahren sei" (II.), widerstreitende Beweisergebnisse übergangen (Z 5), ist schon deshalb nicht zielführend, weil die Beschwerde angeblich mit Stillschweigen übergangene Verfahrensergebnisse dazu nicht zu nennen vermag. Sie erschöpft sich vielmehr - wie schon die Berufung auf den Zweifelsgrundsatz zeigt - in einer eigenständigen Interpretation der von den Tatrichtern erörterten Beweismittel nach Art einer Berufung wegen Schuld mit dem überdies in der Subsumtionsrüge angestrebten Ziel eines Schuldspruches des Angeklagten wegen jeweils (bloß) versuchter Tatbegehung durch Berührung des Opfers an der Scheide. Sie verfehlt damit aber auch die Relevanzkriterien, indem sie außer Acht lässt, dass nach gefestigter neuerer Judikatur in objektiver Hinsicht die Berührung der äußeren Geschlechtsteile von Täter oder Opfer für das vollendete Delikt genügt (Mayerhofer StPO5 § 201 E 21). Die Schuldsprüche zur Körperverletzung (I.) ergingen dem Vorbringen der Mängelrüge zuwider ebenso formal unbedenklich, weil sich das Erstgericht mit den seine Feststellungen tragenden Beweisergebnissen - auch was den konkret relevierten Tatzeitraum und die Verletzungen betrifft - ausführlich und mit den Gesetzen der Logik im Einklang stehend auseinandersetzte (US 9 bis 11, 13). Die vom Angeklagten vermisste Erörterung einer früheren Aussage der Tamara L*****, sie sei von ihrer Mutter mit dem Gürtel "gehaut" worden, findet sich explizit auf US 11 Mitte.

Ob der Angeklagte - wie das Erstgericht bloß illustrativ feststellte - den Kopf der Tamara L***** einmal in eine "Klomuschel" gesteckt habe, betrifft anklage(vgl ON 26)- und schuldspruchsorientiert keine entscheidende Tatsache.

Die unsubstantiierte Kritik mangelnder entscheidungsrelevanter Feststellungen zu den Schuldsprüchen I. und II. verabsäumt die konkrete Ableitung rechtlich erheblicher Konsequenzen aus unberücksichtigt gebliebenen Verfahrensergebnissen und damit eine gesetzmäßige Ausführung (Fabrizy StPO9 § 281 Rz 3). Die Subsumtionsrüge (Z 10) entzieht sich mit der Behauptung, die genannten Verbrechen (II.) seien in der Entwicklungsstufe des Versuches geblieben, weil eine anale, orale oder (hier allein aktuelle) vaginale Penetration nach §§ 201 Abs 1, 206 Abs 1 StGB nicht stattgefunden habe, der meritorischen Erledigung, da sie die bereits dargelegten erstgerichtlichen Feststellungen dazu (US 7) außer Acht lässt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils wegen nicht prozessordnungsgemäßer Darstellung (§ 285a Z 2 StPO iVm § 285d Abs 1 Z 1 StPO), im Übrigen aber als offenbar unbegründet (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO) bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz für die Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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