OGH 12Os30/02

OGH12Os30/024.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Juni 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Reiter als Schriftführer, im Verfahren zur Unterbringung des Karl K***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB (§§ 15, 269 Abs 1 dritter Fall; 83 Abs 2, 84 Abs 2 Z 4; 15, 87 Abs 1 StGB) über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 7. Februar 2002, GZ 12 Hv 1019/01t-47, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl K***** gemäß § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er in Steyr unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, Taten beging, die ihm außer diesem Zustand als Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 dritter Fall StGB (I 1) und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 2, 84 Abs 2 Z 4 StGB (I 2) sowie als Verbrechen der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB (II) zuzurechnen gewesen wären, und zwar

I. am 18. Juni 2001 dadurch, dass er seine Vorführung zum Amtsarzt durch die Sicherheitswachebeamten RI Doris R*****, RI Christian H*****, RI Franz Z***** und Insp Martin F***** zu verhindern versuchte, indem er den Beamten teils gezielte, teils ungezielte Schläge und Tritte versetzte, wodurch RI Franz Z***** zu Sturz gebracht wurde und dabei eine Hautabschürfung am linken Ellenbogen erlitt,

1. Beamte mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern versucht, wobei die Tatvollendung durch den Einsatz von Körperkraft seitens der Beamten unterblieb;

2. RI Franz Z*****, sohin einen Beamten, während und wegen der Vollziehung seiner Aufgaben und der Erfüllung seiner Pflicht vorsätzlich am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig die genannte Körperverletzung zugefügt;

II. am 26. Juli 2001 seiner Mutter Maria K***** durch Versetzen eines Stiches mit einem Messer mit einer Klingenlänge von 14 cm in den linken Arm eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) absichtlich zuzufügen versucht, wobei die Tatvollendung durch das Dazwischentreten seines Vaters unterblieb.

Der Betroffene meldete gegen dieses Urteil (lediglich) Nichtigkeitsbeschwerde an (S 289; ON 48), bekämpft es aber in der schriftlichen Rechtsmittelausführung (ON 59) sowohl aus den Nichtigkeitsgründen des § 281 Abs 1 Z 5 (iVm Z 11) und Z 11 StPO als auch mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Indem die Rüge unter Hervorhebung einiger Passagen des Sachverständigengutachtens Dris. Kurt S***** (AS 285 ff) eine mangelhafte Begründung der (Gefährlichkeits-)Prognose in Bezug auf Taten mit schweren Folgen ("wie insbesondere Bedrohungen und schwere Körperverletzungen, Widerstand gegen die Staatsgewalt und dergleichen"; US 8) releviert, macht sie keine rechtsfehlerhafte Bewertung (Z 11 zweiter Fall) der konstatierten Prognosetat in Ansehung des Kriteriums schwerer Folgen geltend (14 Os 12/98, 14 Os 77/00), sondern bekämpft die Ermessensentscheidung der Tatrichter über die Gefährlichkeitsprognose, wofür aber ebenso das Rechtsmittel der Berufung zur Verfügung steht (Ratz in WK2 Vorbem zu §§ 21 bis 25 Rz 8) wie für die Forderung bedingter Nachsicht der vorbeugenden Maßnahme (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 11 E 20).

Mit der vom Sachverständigen angesprochenen künftigen Möglichkeit der Unterbringung des Beschwerdeführers in einer betreuten Wohneinheit haben sich die Tatrichter auseinandergesetzt, die rehabilitativen Voraussetzungen aber noch nicht als gegeben erachtet (US 8). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Da im - vorliegenden - Fall der Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO so vorzugehen ist, als wäre auch die Berufung ergriffen worden (§ 290 Abs 1 letzter Satz StPO) schadet es nicht, dass die Berufung nicht innerhalb der Frist des § 284 Abs 1 iVm § 294 Abs 1 StPO angemeldet worden war (selbst bei Verzicht auf die Berufung ist eine auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde nach ihrer Zurückweisung weiter als Berufung zu behandeln - Mayerhofer StPO4 § 290 E 40). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

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