European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0120OS00027.15K.0409.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerhard P***** des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I./) und mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt.
Danach hat er in der Zeit von 2009 bis 2012 in M***** mit (I./) und an (II./) einer unmündigen Person, nämlich der am 1. Jänner 2003 geborenen Iris B*****,
I./ eine dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung unternommen, indem er sie veranlasste, seinen Penis in den Mund zu nehmen;
II./ in mehrfachen Angriffen außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung vorgenommen, indem er ihre Scheide intensiv betastete (A./) und an sich vornehmen lassen, indem er sie dazu veranlasste, ihn durch Streicheln seines Penis mit der Hand zu befriedigen (B./).
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 3 und 4 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Der Vorwurf der Verfahrensrüge (Z 3), die Zeugen Wolfgang und Marta B***** hätten ‑ im Hinblick auf mögliche, nach § 288 Abs 1 StGB oder § 297 Abs 1 StGB zu beurteilende ‑ Falschaussagen in der Hauptverhandlung über ihr Aussageverweigerungsrecht nach § 157 Abs 1 Z 1 StPO belehrt werden müssen, geht schon deshalb ins Leere, weil etwaige Verstöße gegen eine diesbezügliche Informationspflicht nicht unter Nichtigkeitssanktion stehen (vgl § 159 Abs 3 StPO). Im Übrigen sind „Aussagedelikte“ kein Bezugspunkt des angesprochenen Zeugnis-verweigerungsrechts (Kirchbacher, WK‑StPO § 157 Rz 4).
In der Hauptverhandlung am 3. Dezember 2014 beantragte der Angeklagte „die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zur Feststellung und zum Beweis dafür, dass der Angeklagte keine pädophilen Neigungen hat“ sowie „die Durchführung eines Ortsaugenscheins im Blumengeschäft zum Beweis dafür, dass praktisch die gegen den Angeklagten erhobenen Anschuldigungen nicht möglich waren, dass eine gute Einsicht von den Geschäftsräumlichkeiten in die Lagerhalle war, sodass die sexuellen Übergriffen nicht möglich waren und dass im Wesentlichen große Warenbestandteile im Lager gelagert sind und es daher für die Eltern von Iris unumgänglich war, dort immer wieder ein- und auszugehen“ (ON 20 S 47).
Durch die Abweisung dieser Anträge wurden Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verkürzt.
Das auf Einholung einer psychiatrischen Expertise gerichtete Begehren ließ nicht erkennen, weshalb das angebliche Fehlen von „pädophilen Neigungen“ die dem Angeklagten angelasteten Tathandlungen in Frage stellen soll. Dass das Vorliegen einer derartigen psychischen Störung unabdingbare Voraussetzung für sexuelle Übergriffe gegen Unmündige ist, behauptete der Antragsteller nicht einmal.
Dem weiters gestellten Antrag auf Durchführung eines Augenscheins war nicht zu entnehmen, weshalb insoweit zusätzliche, über die Schilderung der Zeugen hinausgehende Aufschlüsse hinsichtlich der Sichtverhältnisse und Einsehmöglichkeiten am Tatort zu erwarten gewesen wären. Dass der Angeklagte unter ständiger Beobachtung der Eltern des Tatopfers stand, brachte der Antragsteller im Übrigen nicht vor.
Das im Rechtsmittel nachgetragene Vorbringen zur Fundierung der Beweisanträge stellt eine unzulässige Neuerung dar (RIS‑Justiz RS0099117, RS0099618).
Weshalb Konstatierungen erforderlich gewesen wären, zu welchen Uhrzeiten Iris B***** die Schule besuchte, wann für sie abends der Hortaufenthalt endete und zu welchen Zeiten das Blumengeschäft geöffnet war, macht der Beschwerdeführer nicht deutlich (vgl RIS‑Justiz RS0098557).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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