OGH 12Os20/86

OGH12Os20/8610.4.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.April 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Breycha als Schriftführer in der Strafsache gegen Josef K*** wegen des Vergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit a (Abs. 3 lit b) FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 7.November 1985, GZ 6 Vr 419/85-14, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalanwaltes Dr. Stöger als Vertreter der Generalprokuratur, des Angeklagten Josef K*** und des Verteidigers Dr. Kahrer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und (auch) die über den Angeklagten verhängte Geldstrafe gemäß §§ 26 Abs. 1 FinStrG, 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef K*** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit a (Abs. 3 lit b) FinStrG schuldig erkannt, weil er im Jahre 1984 in Mattighofen vorsätzlich unter Verletzung seiner Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in der Höhe von insgesamt S 34.298 dadurch bewirkt hatte, daß er keine Umsatzsteuervoranmeldungen (für das erste und vierte Quartal des Jahres 1984) an das Finanzamt Braunau am Inn erstattet (und demnach nicht rechtzeitig die Umsatzsteuervorauszahlungen für die beiden vorerwähnten Voranmeldungszeiträume geleistet) hatte, wobei er (diese Abgabenverkürzung) nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten hat.

Nach den diesem Schuldspruch zugrundeliegenden Urteilsfeststellungen hat der zu vierteljährlichen Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtete (vgl § 21 Abs. 2 UStG 1972) Angeklagte Josef K***, der bereits am 19.Jänner 1982 und am 25. April 1983 von der Finanzstrafbehörde jeweils wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit a FinStrG zu Geldstrafen (in der Höhe von 3.500 S bzw 2.000 S) verurteilt worden war für das erste und vierte Quartal des Jahres 1984 keine Umsatzsteuervoranmeldungen an das zuständige Finanzamt Braunau am Inn erstattet und auch nicht rechtzeitig (also spätestens einen Monat und 10 Tage nach Ablauf des letzten Kalendermonats des entsprechenden Quartals) die Vorauszahlungen an Umsatzsteuer entrichtet, wodurch er wissentlich eine Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen in der Höhe von insgesamt 34.298 S bewirkt hat.

Ein wissentliches Handeln des Angeklagten nahm das Erstgericht deshalb als erwiesen an, weil er bereits vorher zweimal wegen des Finanzvergehens nach § 33 Abs. 2 lit a FinStrG finanzbehördlich bestraft worden war, zugegebenermaßen seine Verpflichtung zur vierteljährlichen Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen sowie zur Entrichtung der von ihm selbst zu berechnenden Umsatzsteuervorauszahlungen (spätestens einen Monat und 10 Tage nach Ablauf des letzten Kalendermonats des jeweiligen Quartals) kannte (vgl S 37 und 39 d.A) und letztlich in der Hauptverhandlung auch eingestanden hatte (S 40 d.A), daß er in den hier in Betracht kommenden Zeiträumen auch an diese Verpflichtung gedacht hatte (Ersturteil, S 65 und 66 d.A). Aus diesen Gründen hielt das Erstgericht die Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung, der einen Verkürzungsvorsatz in Abrede stellte und auf die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen für das erste und vierte Quartal des Jahres 1984 sowie auf die (rechtzeitige) Entrichtung der auf diese beiden Voranmeldungszeiträume entfallenden Vorauszahlungen an Umsatzsteuer bloß vergessen haben will (vgl S 37-41 d.A), für widerlegt (Ersturteil, S 65 und 66 d.A). Die gegen diesen Schuldspruch gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, in welcher die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO geltend gemacht werden, ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge des Beschwerdeführers (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) erschöpft sich nach Inhalt und Zielsetzung in einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen und demnach unbeachtlichen Bekämpfung der Beweiswürdigung des Erstgerichtes; will doch der Angeklagte mit seinen bezüglichen Beschwerdeausführungen der Sache nach nur seiner Verantwortung in der Hauptverhandlung zum Durchbruch verhelfen, daß er auf die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen für das erste und vierte Quartal des Jahres 1984 sowie auf die Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen für diese beiden Voranmeldungszeiträume (infolge beruflichen Stresses und des Todes seiner Mutter) bloß vergessen habe, womit er im Ergebnis eine von ihm wissentlich herbeigeführte Abgabenverkürzung (durch Unterlassung der fristgerechten Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für das erste und vierte Quartal des Jahres 1984) in Abrede gestellt hatte. Diese (leugnende) Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung blieb aber entgegen den Beschwerdeausführungen im Ersturteil keineswegs unberücksichtigt, sie wurde vielmehr vom Erstgericht mit schlüssiger Begründung für widerlegt angesehen. Der Beschwerdeführer kann in seiner Mängelrüge somit keinen dem Ersturteil anhaftenden Begründungsmangel aufzeigen.

Soweit er hingegen in seiner Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO) unter Bezugnahme auf seine Verantwortung in der Hauptverhandlung davon ausgeht, daß von ihm die zur Verwirklichung des Finanzvergehens nach § 33 Abs. 2 lit a FinStrG erforderliche subjektive Tatseite nicht erfüllt sei, weiters in diesem Zusammenhang Feststellungsmängel behauptet und ein vorsätzliches bzw wissentliches Handeln bestreitet, übergeht er die anders lautenden Urteilsannahmen und bringt somit in diesem Umfang den materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, dessen prozeßordnungsgemäße Ausführung ein Festhalten an den Urteilsfeststellungen (hier zur subjektiven Tatseite) voraussetzt, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Unzutreffend ist aber auch der Einwand des Beschwerdeführers, daß sein im Ersturteil festgestelltes Tatverhalten nicht zur Verkürzung der Umsatzsteuer, sondern bloß zu deren verspäteten Festsetzung durch das zuständige Finanzamt geführt habe, womit er der Sache nach den zur Vollendung des Tatbestandes nach § 33 Abs. 2 lit a FinStrG erforderlichen Eintritt einer Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer bestreitet.

Tatobjekt und geschütztes Rechtsgut des hier dem Beschwerdeführer angelasteten Finanzvergehens nach § 33 Abs. 2 lit a FinStrG ist - anders als beim Tatbestand des § 33 Abs. 1 FinStrG - die Umsatzsteuer im Voranmeldungsstadium. Bei den Vorauszahlungen an Umsatzsteuer handelt es sich um Abgaben, die vom Steuerschuldner (Unternehmer) selbst zu berechnen sind (§ 21 Abs. 1 UStG 1972). Zufolge der Legaldefinition des § 33 Abs. 3 lit b FinStrG ist bei selbst zu berechnenden Abgaben eine Abgabenverkürzung (bereits) bewirkt, wenn die Abgabe (hier Vorauszahlung an Umsatzsteuer) ganz oder teilweise nicht entrichtet (abgeführt) wurde. Der Fälligkeitszeitpunkt ergibt sich jeweils aus den einschlägigen abgabenrechtlichen Vorschriften (vgl Dorazil, Harbich, Reichel, Kropfitsch, Finanzstrafgesetz, Anm 9 zu § 33 FinStrG). Der Fälligkeitstag für die Entrichtung der Vorauszahlungen an Umsatzsteuer ist gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1972 spätestens der zehnte Tag des auf den (für den Beschwerdeführer vierteljährigen) Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonats. Das dem Angeklagten zur Last liegende Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit a FinStrG iV mit Abs. 3 lit b der vorgenannten Gesetzesstelle setzt somit nicht die bescheidmäßige Festsetzung der (Jahres-)Umsatzsteuer voraus. Dieses Finanzvergehen betrifft vielmehr die nach dem Gesetz (§ 21 Abs. 1 UStG 1972) fristgebundene Entrichtung (Abführung) der für den Voranmeldungszeitraum (hier: für ein Quartal) selbst zu berechnenden Umsatzsteuervorauszahlungen. Es ist demnach bereits vollendet, wenn die Vorauszahlung nicht bis zu dem im Gesetz vorgeschriebenen Fälligkeitstag entrichtet wird (SSt 53/10). Eine solche fristgerechte Entrichtung der Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die vom Schuldspruch erfaßten Voranmeldungszeiträume (erstes und viertes Quartal des Jahres 1984) ist aber nach den Urteilsfeststellungen nicht erfolgt und wird vom Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet.

Entgegen der in der Rechtsrüge vertretenen Auffassung hat somit der Angeklagte Josef K*** unter (vorsätzlicher) Verletzung seiner Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen (§ 21 Abs. 1 UStG 1972) eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für das erste und vierte Quartal des Jahres 1984 (wissentlich) tatsächlich bewirkt, weil er die von ihm für die beiden vorerwähnten Voranmeldungszeiträume zu entrichtenden Umsatzsteuervorauszahlungen bis zum jeweiligen Fälligkeitstag (zugegebenermaßen) nicht geleistet hatte. Dem Erstgericht ist demnach beim Schuldspruch wegen des (vollendeten) Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit a (Abs. 3 lit b) FinStrG kein Rechtsirrtum unterlaufen. Der Umstand, daß das zuständige Finanzamt (Braunau am Inn) erst später (nämlich im Juli 1985) die den Angeklagten Josef K*** treffende (Jahres-)Umsatzsteuer für 1984 bescheidmäßig festgesetzt hat (vgl S 53 d.A), ist nach dem Vorgesagten für den angefochtenen Schuldspruch rechtlich bedeutungslos.

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Josef K*** war daher ein Erfolg zu versagen.

Josef K*** wurde nach §§ 33 Abs. 5, 41 Abs. 1 FinStrG zu einer Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S, im Uneinbringlichkeitsfall zu einem Monat Ersatzfreiheitsstrafe und zu einem Monat Freiheitsstrafe verurteilt. Gemäß §§ 26 Abs. 1 FinStrG und 43 Abs. 1 StGB wurde der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend die mehrmalige Begehung der Abgabenhinterziehung und als mildernd das Tatsachengeständnis, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel und die teilweise Schadensgutmachung.

Mit seiner Strafberufung begehrt der Angeklagte mit dem Hinweis auf die vorliegenden Milderungsgründe die bedingte Nachsicht auch der verhängten Geldstrafe.

Die Berufung ist berechtigt.

Das Erstgericht hat die Strafbemessungsgründe im wesentlichen zutreffend festgestellt und gewertet. Bei dem geringen Schadensbetrag, der teilweisen Schadensgutmachung und dem bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten kann mit Rücksicht auf die Höhe der nunmehr vom Gericht ausgesprochenen Geld- und Freiheitsstrafe angenommen werden, daß die bloße Androhung der Vollziehung auch der Geldstrafe in Verbindung mit der angedrohten bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe genügen werde, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Auch generalpräventive Erwägungen sprechen bei den besonderen Umständen dieses Falles nicht gegen die bedingte Strafnachsicht.

Es war somit der Berufung Folge zu geben und auch die Geldstrafe unter Setzung einer angemessenen Probezeit von drei Jahren gemäß §§ 26 Abs. 1 FinStrG und 43 Abs. 1 StGB bedingt nachzusehen. Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

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