Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs. 1
StGB. unter Bestimmung einer Probezeit in der Dauer von drei Jahren
bedingt nachgesehen.
Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 22. Oktober 1942 geborene Arbeiterin Dietlinde A des Verbrechens des Beischlafes mit Unmündigen nach §§ 12, 206 Abs. 1 StGB. als Beteiligte und des Vergehens der Kuppelei nach § 213 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt, begangen dadurch, daß sie im Herbst 1978 in Gerasdorf 1.) dadurch, daß sie Hüseyin B aufforderte, er solle sich zu ihrer am 14. Jänner 1965 geborenen Tochter Waltraud A ins Bett legen, dazu bestimmt zu haben, mit einer unmündigen Person den außerehelichen Beischlaf zu unternehmen und 2.) durch die zu 1.) geschilderte Tathandlung ihr minderjähriges Kind zur Unzucht mit einer anderen Person verleitet. Nach den für diese Schuldsprüche maßgeblichen Urteilsfeststellungen lernte die Angeklagte im Sommer bzw. Herbst 1978 die beiden türkischen Staatsangehörigen Achmed C und Huseyin B in Wien bei einer Tanzunterhaltung kennen. In der Folge entwickelte sich zwischen ihr und dem türkischen Gastarbeiter Achmed C ein intimes Verhältnis. Dies hatte zur Folge, daß beide Gastarbeiter die Angeklagte in ihrer Wohnung in Gerasdorf wiederholt besuchten und zuweilen auch dort nächtigten, soferne der damalige Gatte der Angeklagten die Nacht über auswärts verbrachte. Um ihr intimes Verhältnis mit Achmed C ungestört durchführen zu können, forderte sie den immer mitkommenden B auf, im Zimmer ihrer Töchter, und zwar im Bett der Waltraud A zu schlafen, wobei sie es zumindest billigend in Kauf nahm und sich damit abfand, daß der Genannte mit ihrer unmündigen Tochter eines Geschlechtsverkehr durchführe. Wenngleich die Unmündige einen solchen zweimal verhindern konnte, kam es im Herbst 1978 tatsächlich zum Vollzug eines Geschlechtsverkehres. Der leugnenden Verantwortung der Angeklagten, mit der sie glauben machen wollte, sie habe den genannten türkischen Gastarbeiter stets ermahnt, ihre Tochter in Ruhe zu lassen, bzw. sie sei der Meinung gewesen, daß es zu keinem intimen Kontakt kommen werde, schenkte das Erstgericht keinen Glauben.
Diese Schuldsprüche bekämpft die Angeklagte mit einer auf die Z. 4, 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Den ersterwähnten Nichtigkeitsgrund erblickt sie darin, daß sich das Erstgericht in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils wiederholt auf die Aussagen der Zeugen Waltraud, Gabriele und Walter A sowie Huseyin B berufe, obwohl in der Hauptverhandlung keine Einvernahme dieser Zeugen - von denen sich Waltraud A (und übrigens / vgl. S. 84 / auch Walter A, in bezug auf den in der Beschwerde nur das ihm zustehende Entschlagungsrecht betont wird) entschlug - stattgefunden habe, und obwohl auch eine (nach Meinung der Beschwerdeführerin bei Waltraud, Gabriele und Walter A wegen der erfolgten Entschlagung oder wegen der Entschlagungsmöglichkeit überdies unzulässige) Verlesung der im Vorverfahren abgelegten Aussagen dieser Zeugen unterblieben sei.
Rechtliche Beurteilung
Bei diesem Vorbringen - das im übrigen selbst im Falle seiner Richtigkeit mangels eines (nicht erledigten) Antrages bzw. mangels eines förmlichen Zwischenerkenntnisses niemals den angerufenen Nichtigkeitsgrund (unter Umständen allerdings jenen nach dem § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.) begründen könnte - übersieht die Beschwerdeführerin jedoch, daß die vermißten Verlesungen nach dem Inhalt des (vollen Beweis machenden) Hauptverhandlungsprotokolls sehr wohl durchgeführt wurden (vgl. insbesondere S. 84), wobei die Verlesung der polizeilichen Angaben der Zeugen Waltraud, Gabriele und Walter A (S. 17 ff) entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung ungeachtet einer allfälligen Entschlagung oder Entschlagungsmöglichkeit in der Hauptverhandlung zulässig war (vgl. EvBl.
1970/52, 1975/156 u.a.). Davon, daß das Gericht entgegen der Vorschrift des § 258 Abs. 1 StPO. bei der Urteilsfällung auf etwas Rücksicht genommen hätte, was in der Hauptverhandlung nicht vorgekommen ist, kann daher keine Rede sein.
Es ist aber auch die Mängelrüge nicht zielführend, mit der die Beschwerdeführerin nach dem Inhalt und der Zielsetzung ihrer bezüglichen Ausführungen - ohne Begründungsmängel formaler Natur aufzeigen zu können, wie sie zur Herstellung des Nichtigkeitsgrundes nach dem § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. erforderlich wären - ausschließlich nur den im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Versuch unternimmt, die gemäß dem § 258 Abs. 2 StPO. erfolgte und gemäß dem § 270 Abs. 2 Z. 5 StPO. auf Grund einer Gesamtwürdigung der Verfahrensergebnisse auch hinreichend begründete freie Beweiswürdigung des erkennenden Gerichtes zu bekämpfen. Diese hat zwar unter Berücksichtigung aller wesentlichen Beweistatsachen und entsprechend den Denkgesetzen (schlüssig) zu erfolgen, doch ist es keineswegs notwendig, zu jedem Vorbringen Stellung zu nehmen und alle Umstände im Detail einer Erörterung zu unterziehen, die durch das Beweisverfahren hervorgekommen sind. Nach dem Gesetz (§ 270 Abs. 2 Z. 5 StPO.) ist vielmehr, in 'gedrängter Darstellung' anzugeben, welche (entscheidenden) Tatsachen aus welchen (denkrichtigen) Gründen als erwiesen oder als nicht erwiesen angenommen wurden. Da das Erstgericht, das im angefochtenen Urteil insbesondere auch ausführlich und durchaus schlüssig darlegte, warum es der leugnenden Verantwortung der Angeklagten den Glauben versagte, dieser Verpflichtung voll entsprach, kann dem Bestreben der Beschwerdeführerin, die Verfahrensergebnisse nach Art einer hier unzulässigen Schuldberufung in einer für sie günstigeren Weise zu deuten als dies das Erstgericht getan hat, kein Erfolg beschieden sein.
Schließlich geht auch die mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. erhobene Rechtsrüge fehl, mit der die Beschwerdeführerin geltend macht, das Erstgericht habe rechtsirrig angenommen, daß sie in Tateinheit mit dem Verbrechen nach den §§ 12, 206
Abs. 1 StGB. auch das Vergehen nach dem § 213 Abs. 1 StGB. verwirklichte, weil die ihr zur Last gelegte Bestimmung des Huseyin B dazu, mit ihrer unmündigen Tochter Waltraud den außerehelichen Beischlaf zu unternehmen, noch keine Verleitung des Kindes zur Unzucht bedeute, die nur im Falle einer - nicht festgestellten - Einwirkung auf den Willen der Unmündigen erfolgt wäre. Bei diesen Beschwerdeausführungen bleibt nämlich unberücksichtigt, daß das Vergehen nach dem § 213 Abs. 1 StGB. entweder durch Verleitung zur Unzucht mit einer anderen Person oder durch Zuführen zu einer solchen Unzucht begangen werden kann, wobei beide Begehungsformen rechtlich gleichwertig sind. Der Beschwerdeführerin ist nun zwar zuzugeben, daß 'Verleiten' im Sinne der zitierten Gesetzesstelle eine Einwirkung auf den Willen des Opfers erfordert; unter 'Zuführen' ist dagegen jede Art der Herbeiführung einer persönlichen Annäherung zwischen dem Schutzobjekt und dem Dritten zur Ausübung der Unzucht zu verstehen, wobei nur Vermittlerdienste völlig untergeordneter Art oder bloße Gewährung bzw. Schaffung der Gelegenheit zur Unzucht ausgenommen bleiben (vgl. EvBl. 1977/198). Wenn daher im vorliegenden Fall nach dem Inhalt des Urteilsspruchs und nach den in der Urteilsbegründung enthaltenen Feststellungen auch nicht gesagt werden kann, daß die Beschwerdeführerin direkt auf den Willen ihrer Tochter Waltraud eingewirkt hätte, um zu erreichen, daß sie sich gefügig erweise und die unzüchtige Handlung freiwillig vornehme oder dulde, so kann doch auf der Grundlage der erstgerichtlichen Konstatierungen andererseits kein Zweifel daran bestehen, daß sie die persönliche Annäherung der Unzuchtspartner (in nicht bloß ganz untergeordneter Art) herbeigeführt und gefördert und daher - in Tateinheit mit dem Verbrechen nach den §§ 12, 206 Abs. 1
StGB. - den Tatbestand der Kuppelei in der Begehungsform des 'Zuführens' zur Unzucht verwirklicht hat. Daß sich das Erstgericht im Ausdruck vergriff und das bezügliche Verhalten als 'Verleiten' bezeichnete, kann daran - infolge der erwähnten rechtlichen Gleichwertigkeit der beiden möglichen Begehungsformen - nichts ändern.
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Dietlinde A war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagte nach §§ 28, 206 Abs. 1 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr und nahm bei der Strafzumessung als erschwerend die mehrmalige Aufforderung (richtig gemeint das mehrmalige Zuführen) sowie das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen, als mildernd den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, eine gewisse Primitivität und die Tatform der Beteiligung am Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen als mildernd an.
Die Berufung der Angeklagten, die Strafminderung und bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe begehrt, ist teilweise begründet. Keine Berechtigung kommt ihr zu, soferne sie Herabsetzung des Strafausmaßes unter Anwendung des § 41 Abs. 1
StGB. begehrt. Das Erstgericht hat vorliegend die Strafzumessungsgründe im wesentlichen vollständig angeführt, aber auch zutreffend gewürdigt. Selbst wenn man vom Erschwerungsgrunde des mehrmaligen Zuführens absehen würde (das Erstgericht versteht darunter offensichtlich die mehrfache, durch die Angeklagte herbeigeführte Gelegenheit), kann von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe nicht die Rede sein. Die vom Erstgericht verhängte Mindeststrafe entspricht im übrigen durchaus dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Straftaten, wie auch den allgemeinen Bestimmungen für die Strafbemessung nach § 32 StGB., sodaß zu einer Herabsetzung der Dauer der Freiheitsstrafe kein Anlaß gefunden werden konnte.
Begründet hingegen ist die Berufung, soferne sie die Anwendung der bedingten Strafnachsicht begehrt.
Nach den Urteilsfeststellungen ist die Angeklagte von ihrem Gatten geschieden und kommt ihr bezüglich der Kinder kein Erziehungsrecht mehr zu (S. 101 d.A.). Eine Wiederholung der Straftaten im vorliegenden Umfang kann demnach mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, sodaß spezialpräventive Gründe nicht gegen eine bedingte Strafnachsicht sprechen. Aber auch die vom Erstgericht (vor allem) für die Verweigerung der begehrten Maßnahme herangezogenen generalpräventiven Erwägungen sprechen vorliegend nicht gegen eine bedingte Strafnachsicht, da nach Lage des Falles eine besondere Intensität des Vorsatzes oder die Beeinflussung eines Personenkreises an ihrem früheren, nunmehr aber aufgegebenen Wohnsitz, nicht mehr anzunehmen ist.
Demgemäß war der Berufung der Angeklagten teilweise Folge zu geben und spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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