OGH 12Os18/17i

OGH12Os18/17i6.4.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. April 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Adamowitsch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Lydia K***** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12. Dezember 2016, GZ 25 Hv 58/16d‑44, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00018.17I.0406.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Lydia K***** des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie am 11. März 2016 in W***** Martin W***** vorsätzlich am Körper verletzt, indem sie ihm mit einem Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 27 cm zumindest einen Stich in den Oberschenkel zufügte, wodurch dieser an der Vorderseite des rechten Oberschenkels zwei parallel zur Extremitäten‑Achse angeordnete, jeweils vier beziehungsweise fünf Zentimeter lange, scharfrandige Durchstichverletzungen sowie an der Innenseite des Oberschenkels eine weitere fünf Zentimeter lange, ebenfalls zur Extremitäten‑Achse parallel gestellte Stichwunde, somit eine an sich schwere Körperverletzung, erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und Z 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten.

Die Mängelrüge (Z 5) wendet ein, das Erstgericht habe sich mit einem „unvollständigen und somit unrichtigen Sachverständigengutachten begnügt“, weil die Beurteilung der Wirkungsweise des verfahrensgegenständlichen Küchenmessers ohne dessen Inaugenscheinnahme erfolgt sei. Diesen Umstand habe das Erstgericht „im angefochtenen Urteil ohne jede Begründung einfach übergangen“.

Dem ersteren Einwand ist zu entgegnen, dass die Beurteilung der Frage, ob ein Gutachten eines Sachverständigen ausreichend ist, ebenso der freien Beweiswürdigung des erkennenden Gerichts unterliegt wie die Überzeugungskraft eines im Sinn des § 127 Abs 3 erster Satz StPO mängelfreien Befunds oder Gutachtens (RIS‑Justiz RS0097433). Im Übrigen hat die Angeklagte nach eingehender Erörterung des unter Berücksichtigung der Lichtbildaufnahmen des Messers erstatteten (ON 43 S 25) Gutachtens in der Hauptverhandlung (ON 43 S 24 ff) weder eine Mangelhaftigkeit (§ 127 Abs 3 StPO) desselben aufgezeigt, noch eine Überprüfung von Befund und Gutachten durch einen weiteren Sachverständigen beantragt (Hinterhofer, WK‑StPO § 127 Rz 73; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 351).

Entgegen der weiteren Kritik wird der Begründungspflicht schon durch Verweis auf das für stichhaltig erachtete, zur relevierten Feststellung ergangene Sachverständigengutachten entsprochen (RIS‑Justiz RS0099508). Selbst die Nichtigkeitswerberin gesteht zu, dass die tatrichterlichen Feststellungen aus den Ausführungen des Sachverständigen abgeleitet werden können.

Soweit die Beschwerde (der Sache nach als Aufklärungsrüge Z 5a) moniert, das Erstgericht habe von der möglichen Auswertung des Tatmessers ohne jede Begründung Abstand genommen, macht sie nicht deutlich, wodurch die anwaltlich vertretene Angeklagte an der Ausübung ihres Rechts, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war (RIS‑Justiz RS0114036; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 480).

Mit dem bloßen Verweis auf das Vorbringen der Mängelrüge (Z 5) wird die Tatsachenrüge (Z 5a) nicht prozessordnungskonform zur Darstellung gebracht (RIS‑Justiz RS0115902).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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