OGH 12Os168/80

OGH12Os168/8018.12.1980

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brandhuber als Schriftführer in der Strafsache gegen Otto Johannes A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren, gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 und 15 StGB. und anderer strafbarer Handlungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 21.August 1980, GZ. 28 Vr 1368/80-38, den Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 26.Juli 1935 geborene beschäftigungslose ehemalige Student Otto Johannes A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 und 15 StGB. (Urteilsfaktum A), des Vergehens der Täuschung nach § 108 Abs. 1 StGB. (Urteilsfaktum B), des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs. 1 StGB. (Urteilsfaktum C 1), des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 4 2. Fall (§ 81 Z. 1) StGB. (Urteilsfaktum C 2), des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit. a WaffenG. (Urteilsfaktum C 3) und des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB. (Urteilsfaktum C 4) schuldig erkannt.

Nach den wesentlichen Feststellungen des Erstgerichtes hat der Angeklagte im Jänner 1980 Verfügungsberechtigten der J -durch Einreichung eines Kreditansuchens auf den Namen Norbert B zur Gewährung eines Kreditbetrages in Höhe von 60.000 S verleitet, wodurch ein Schaden nach Abzug einer Teilzahlung von 2.819 S in der Höhe von 57.181 S entstand (Urteilsfaktum A I a). Er hat ferner im März 1980 in sieben Fällen unter Vorgabe seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit, zum Teil unter Angabe eines falschen Namens mit einer falschen Wohnanschrift bzw. unter der Vorspiegelung Rechtsanwalt zu sein, Hotel- und Pensionsinhaber zur Gewährung von Quartier und Verabreichung von Speisen und Getränken (Urteilsfakten A I b, c, d, e, f, g und i) und in zwei weiteren Fällen verschiedene Personen zur Ausfolgung eines Darlehensbetrages (Urteilsfakten A I h u. j) verleitet (Gesamtschaden beim vollendeten Betrug: 63.180 S) und im Jänner 1980

Verfügungsberechtigte der C (C-Bank) durch Einreichung eines Kreditansuchens auf den Namen Heinrich D zur Gewährung eines Darlehens von 42.000 S zu verleiten gesucht (Urteilsfaktum A II).

Im Jänner 1980 hat er Norbert B und Heinrich D durch die Täuschung, er werde ihnen eine Arbeitsstelle besorgen, zur Ausfolgung von Dokumenten verleitet und ihnen dadurch in ihren Rechten absichtlich einen Schaden zugefügt (Urteilsfaktum B). Am 28.März 1980 hat er in zwei Fällen Polizeibeamte durch Bedrohung mit einer Pistole an seiner Verhaftung gehindert (Urteilsfaktum C 1) und hiebei durch das Hantieren mit der geladenen und ungesicherten Pistole, wobei sich ein Schuß löste, unter besonders gefährlichen Verhältnissen den Polizeibeamten Werner E fahrlässig am Körper durch eine Teilabkoppelung der Fingerkuppe, verbunden mit einer 24 Tage übersteigenden Gesundheitsschädigung, schwer verletzt (Urteilsfaktum C 2).

Er hat ferner unbefugt eine Pistole der Marke FN-Browning besessen und geführt (Urteilsfaktum C 3) und das Moped des Helmut F ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen (Urteilsfaktum C 4).

Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil (inhaltlich jedoch nur die Fakten A I a, c, d, g und C 1 und 2) mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 4, 5 und 9 lit. a StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Strafausspruch wird mit Berufung angefochten.

Mit dem Nichtigkeitsgrund der Z. 4 des § 281 Abs. 1 StPO. rügt der Beschwerdeführer die Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Ergänzung des Blutalkoholgutachtens im Zeitpunkt der Schußabgabe (gemeint gegen den Polizeibeamten Werner E am 28.März 1980 in Innsbruck, Urteilsfakten C 1 und C 2) zum Nachweis dafür, daß er sich damals in einem gemäß § 35

StGB. zu berücksichtigenden Zustand der Berauschung befunden habe (S. 214 d.A.).

Rechtliche Beurteilung

Durch die Abweisung dieses Beweisantrages durch das Schöffengericht in der Hauptverhandlung wurden Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verletzt, denn der unter Beweis gestellte Umstand - wie der Angeklagte auch in seiner Nichtigkeitsbeschwerde ausführt, zielt der Antrag nur darauf, den Milderungsgrund des § 35 StGB. nachzuweisen - war im vorliegenden Fall weder für die Entscheidung der Schuldfrage noch für den anzuwendenden Strafsatz, sondern bloß für die in den Ermessensbereich des Gerichtes fallende Bemessung der Strafe innerhalb eines bestimmten Strafsatzes von Bedeutung. Die Rechtsrüge (Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO.) richtet sich nur gegen die Schuldsprüche des Beschwerdeführers, begangen durch Mietbetrug in der Pension des Anton G in St. Anton am Arlberg in der Zeit vom 5.

bis 12.März 1980 und in dem, Michael H gehörenden Hotel 'K' in St. Anton am Arlberg am 13. und 14.März 1980 (Urteilsfakten A I c und d), mit dem Vorbringen, daß durch das Zurücklassen von Kleidung und Ausrüstungsgegenständen den Vermietern kein Schaden entstanden ist. Das Ersturteil stellte fest, daß der Beschwerdeführer sowohl in der Pension des Anton G als auch im Hotel 'K' Kleidungsstücke und Ausrüstungsgegenstände zurückgelassen hatte, deren Wert die Höhe der jeweiligen Quartierschuld zumindest erreichte. Trotz dieses Umstandes nahm es auch in diesen Fällen Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz des Beschwerdeführers als erwiesen an, weil er diese Gegenstände nicht freiwillig zur Abdeckung der aufgelaufenen Quartierschulden zurückgelassen hatte, sondern sie 'angesichts der Notwendigkeit, seine Unterkünfte heimlich zu verlassen', sohin gezwungermaßen, zurücklassen mußte und überdies diese Sachen (aus dem Titel des den Unterkunftsgebern zustehenden Retentionsrechtes) gar nicht verwertbar waren (S. 235 d.A.).

Nach den Urteilsfeststellungen war der Vorsatz des Angeklagten auch hier von vornherein darauf gerichtet, seine Quartierschulden nicht zu bezahlen (S. 229, 230 d.A.).

Er handelte somit schon im Zeitpunkt der Quartiernahme mit Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz. Die Quartiergeber Anton G und Michael H haben den Urteilsfeststellungen zufolge, tatsächlich durch Nichtbezahlung der aufgelaufenen Schulden einen Schaden in der Höhe von 2.500 bzw. 1.591 S erlitten.

Der Beschwerdeführer übergeht demnach in seiner Rechtsrüge, deren prozeßordnungsgemäße Darstellung einen Vergleich des festgestellten Sachverhaltes mit dem darauf angewendeten Strafgesetz erfordert, daß er im Zeitpunkt der Täuschung durch Einmietung unter falschem Namen und unter Angabe einer falschen Anschrift sowie unter gleichzeitiger Vorgabe seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit nach den Urteilsannahmen keineswegs einen Schadenseintritt bei seinen Quartiergebern durch Zurücklassen von wertmäßig die Höhe der Quartierschulden abdeckenden Sachen ausschließen wollte, sondern vielmehr in beiden Fällen durch die Umstände genötigt, das Quartier jeweils heimlich verlassen und dort seine Sachen gezwungenermaßen zurücklassen mußte. In diesem Fall liegt aber - falls die zurückgelassenen Sachen überhaupt verwertbar waren - nur ein unfreiwilliger Akt objektiver Schadensgutmachung vor, der die bereits eingetretene Strafbarkeit wegen Betruges nicht beseitigen konnte. Daß der Angeklagte schon im Zeitpunkt der Täuschung realisierbare Wertgegenstände zwecks Abdeckung der Quartierschulden zurücklassen wollte - in diesem Fall wäre Schädigungsvorsatz auszuschließen -

(ÖJZ-LSK. 1976/215), hat das Erstgericht nicht angenommen. Der Beschwerdeführer geht sohin in Ausführung seiner Rechtsrüge von urteilsfremden Annahmen aus, sodaß die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt wird. Sofern er aber aus dem Zurücklassen von im Wert der Höhe seiner Quartierschulden entsprechenden Sachen den Schluß auf ein Fehlen des Schädigungs- und des Bereicherungsvorsatzes schon im Zeitpunkt der Quartiernahme gezogen wissen will, bringt der Beschwerdeführer die Rechtsrüge gleichfalls nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung, bekämpft vielmehr nur in unzulässiger und unbeachtlicher Weise die freie Beweiswürdigung des Schöffengerichtes.

Aber auch die gegen den Schuldspruch wegen Betruges zum Nachteil der Erika I, Inhaber des Gasthofes 'L' in Schwaz in der Zeit vom 20. bis 23. März 1980 mit einem Schaden von 700 S (Urteilsfaktum A I g) gerichtete Mängelrüge (Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO.) ist nicht berechtigt.

Das Erstgericht hat aus dem Verhalten des Angeklagten, der sich unter der falschen Vorgabe, Rechtsanwalt zu sein und ohne über entsprechende Geldmittel zu verfügen bei Erika I eingemietet und diesen Gasthof ohne die aufgelaufenen Quartierschulden in der Höhe von 700 S bezahlt zu haben, heimlich verlassen hatte (S. 230 d.A.), im Rahmen der ihm zustehenden freien Beweiswürdigung den Schluß auf Schädigung und Bereicherungsvorsatz des Angeklagten gezogen und seine Feststellung unter anderem auch mit dem Hinweis auf die Lebensführung des Angeklagten im März 1980, die durch die Begehung einer Reihe weiterer gleichartiger Betrügereien gekennzeichnet war, ausreichend begründet. Daß Erika I diesen Vorfall nicht der Gendarmerie zur Anzeige gebracht und erklärt hat, sich dem Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer als Privatbeteiligte nicht anzuschließen, zumal die Mutter des Angeklagten ihr die Bezahlung der von ihm zurückgelassenen Schuld zugesagt habe, schließt ein betrügerisches Vorgehen des Beschwerdeführers in diesem Faktum nicht aus, ebensowenig wie der vom Erstgericht berücksichtigte Umstand, daß der Angeklagte schon vorher im Gasthof 'L' wiederholt abgestiegen war und die aufgelaufenen Quartierschulden vorher stets beglichen hatte (vgl. S. 235 d.A.).

Daß das Ersturteil die erstgenannten Umstände unerörtert ließ, begründet keine Nichtigkeit im Sinne der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO., weil ihnen keine entscheidungswesentliche Bedeutung zukommt. Die Beschwerdebehauptung, der Erika I sei kein Schaden erwachsen, steht im Widerspruch zur Aktenlage.

Ob schließlich beim Kreditbetrug zum Nachteil der J, begangen in der Zeit zwischen 2.Jänner 1980 und 11.Jänner 1980 in Innsbruck (Urteilsfaktum A I a) der tatsächlich eingetretene Schaden, so wie das Ersturteil angenommen hat, 57.181 S oder nur, wie der Beschwerdeführer nunmehr behauptet, 56.281 S beträgt, ist ebenfalls ohne entscheidungswesentliche Bedeutung. Selbst unter der Annahme eines Schadens in diesem Faktum von bloß 56.281 S hat der Angeklagte bei Zusammenrechnung der versuchten und vollendeten Betrugstaten (§ 29 StGB.) einen insgesamt 100.000 S übersteigenden Gesamtschaden zu verantworten (§ 146 Abs. 3 StGB.).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung zum Teil als nicht gesetzmäßig ausgeführt, gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO. in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO. und zum Teil als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO. zurückzuweisen.

Über die Berufung des Angeklagten wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

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