European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:E32655
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde des Angeklagten werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugemittelt.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Gerhard G* wurde des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. (zu ergänzen: 1 und) 2, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt, weil er in der Zeit zwischen 21. November und Ende November 1991 in E* ein ihm anvertrautes Gut in einem 500.000 S übersteigenden Wert, nämlich die ihm am 15. Oktober 1991 von Rosa S* als Leihgabe für eine Ausstellung bis Ende November 1991 überlassenen zehn (im Urteilssatz näher bezeichneten) Originalbilder des Alfred Kubin im Gesamtwert von 2,503.000 S, sich oder einem Dritten mit dem Vorsatz zugeeignet hat, sich oder den Dritten unrechtmäßig zu bereichern, indem er sie mit Zueignungs‑ und Bereicherungsvorsatz einbehielt und bis Ende November 1991 nicht mehr an Rosa S* zurückstellte.
Der dagegen aus § 281 Abs. 1 Z 3, 4, 5 und 9 lit. a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Dem unter dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund (Z 3) erhobenen Einwand, durch das im Urteilsspruch dem Beschwerdeführer angelastete Verhalten werde der Tatbestand nach § 133 StGB nicht erfüllt, genügt es zu entgegnen, daß das Gesetz es lediglich heischt, daß die Tat - wie im vorliegenden Fall - im Urteilstenor durch konkrete Umstände derart umschrieben wird, daß sie von jeder anderen unterschieden werden kann, nicht jedoch, daß sie darin eine erschöpfende Beschreibung erfährt; eine solche ist vielmehr den Urteilsgründen vorbehalten (vgl. Mayerhofer‑Rieder StPO3 § 260 ENr. 21 ff).
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde im Ergebnis zu Recht (wenngleich erst mit im Urteil nachgeholter Begründung; S 264 iVm US 19) der in der Hauptverhandlung gestellte Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme des Franz G* (S 262) abgelehnt. Damit sollte bewiesen werden, daß der Angeklagte diesem (schon) 1989 oder 1990 von Rosa S* um 200.000 S gekaufte Originale und Lithographien um 500.000 S verkauft habe und daher die genannte Zeugin angesichts dieser, ihr bekannt gewordenen Tatsachen nicht den geringsten Anlaß gehabt hätte, dem Angeklagten (neuerlich) Originale im Wert von ca. 2,6 Mill. S gegen Quittung (S 65 a) auszufolgen.
Dieser unter Beweis gestellte Umstand war nach Lage des Falles ungeeignet, in concreto auf die Entscheidung der Strafsache irgend einen (nachteiligen) Einfluß zu üben (Mayerhofer‑Rieder aaO § 281 Z 4 ENr. 63 und 64); schließt doch die (vom Beschwerdeführer behauptete) seinerzeitige Schädigung der Zeugin Rosa S* keineswegs aus, daß sie ihm am 15. Oktober 1991 die tatverfangenen zehn Kubin‑Werke nur für eine Ausstellung geliehen hat. Dies umso weniger, als das Schöffengericht auf der Basis der gesamten Beweisergebnisse konstatierte (US 19 unten), daß Rosa S* niemals die Absicht hatte, die in Rede stehenden Bilder zu verkaufen und sie demnach nicht Angst zu haben brauchte, abermals einen Teil der Kunstwerke unter dem Marktwert zu veräußern.
Der Verteidiger begehrte in der Hauptverhandlung des weiteren die Einholung eines zweiten Sachverständigengutachtens im wesentlichen mit der Begründung (vgl. S 261‑262), der Sachverständige (Dr. L*) sei mit der Geschädigten S* in Geschäftsbeziehung gestanden, sei nicht in der Liste der Sachverständigen eingetragen und habe laut einem Zeitungsartikel vom 31. Mai 1990 schon einmal einen Original-Schiele vorschnell als Fälschung bezeichnet.
Durch die Abweisung dieses Antrages wurde der Angeklagte in seinen Verteidigungsrechten schon deshalb nicht geschmälert, weil in seinem Beweisbegehren nicht dargetan wird, weshalb (nach seiner Ansicht) das von Prof. Dr. L* (der entgegen dem Beschwerdevorbringen über Antrag des Untersuchungsrichters am 15. Mai 1992 vom Bezirksgericht Döbling als Sachverständiger beeidet worden war ‑ vgl. ON 6 iVm S 1 b -) schriftlich erstattete (ON 13) und als "Zeuge" in der Hauptverhandlung erörterte (S 253 ff) Gutachten die in den §§ 125 und 126 StPO bezeichneten Mängel aufweist, womit es an der Grundvoraussetzung für die Beiziehung eines zweiten Sachverständigen gebricht (vgl. Mayerhofer‑Rieder aaO § 281 Z 4 ENr. 133 und 133 a). Im übrigen sind im Sinne der österreichischen Strafprozeßordnung Zeugen vom Angeklagten verschiedene Personen, die vor Gericht unter Wahrheitspflicht über ihre eigenen Wahrnehmungen über für das Beweisverfahren erhebliche, der Vergangenheit angehörige Tatsachen aussagen, wogegen Sachverständige vom Gericht bestellte und vereidigte Personen sind, die vom Gericht zur Erstattung des Gutachtens in einer bestimmten Strafsache herangezogen werden und die auf Grund ihrer Bestellung in diesem Verfahren die Aufgabe haben, unter Kontrolle des Gerichtes jene prozessual erheblichen Umstände und Erfahrungstatsachen wahrheitsgemäß zu bekunden und hierüber ein Gutachten zu erstatten, die ihnen kraft ihrer besonderen Fachkenntnisse bekannt sind (SSt. 41/31).
Daraus erhellt, daß Dr. L* nach der Aktenlage in der Hauptverhandlung zwar formell als Zeuge, tatsächlich aber (bloß) als (im Vorverfahren bestellter und auch beeideter) Sachverständiger vernommen wurde.
Die erst in der Beschwerde nachgeholte (demnach verspätete) Antragsbegründung (der Sachverständige sei als Zeuge vernommen worden) muß demnach nicht nur aus den dargelegten Gründen, sondern auch deshalb auf sich beruhen, weil bei der Prüfung der Beachtung eines Beweisantrages stets von der Verfahrenslage im Zeitpunkt der Stellung des Antrages und den bei der Stellung des Antrages vorgebrachten Gründen auszugehen ist (Mayerhofer‑Rieder aaO ENr. 41).
In der Mängelrüge (Z 5) wird kein formeller Begründungsmangel in der Bedeutung des relevierten Nichtigkeitsgrundes aufgezeigt. Nach Inhalt und Zielrichtung des Vorbringens unternimmt der Rechtsmittelwerber in Wahrheit bloß den im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen (und demnach unbeachtlichen) Versuch, nach Art einer in den Prozeßgesetzen gegen kollegialgerichtliche Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung die vom Schöffengericht in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) auf der Grundlage der Gesamtheit der Verfahrensergebnisse sowie unter Verwertung des persönlichen Eindrucks gewonnene, aktengetreu, im Einklang sowohl mit den Denkgesetzen als auch der forensischen Erfahrung und auch zureichend (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) begründete Überzeugung (US 9‑19) einerseits von der Unrichtigkeit der Verantwortung des Angeklagten, andererseits (insbesonders) von der Glaubwürdigkeit der Zeugin Rosa S* in Zweifel zu ziehen.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) entbehrt zur Gänze einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil sie mit den darin erhobenen Behauptungen ‑ dem Angeklagten könne eine Veruntreuung der in Rede stehenden Bilder deshalb nicht vorgeworfen werden, weil ein bloß vertragswidriges Zurückbehalten einer Sache für sich allein kein Zueignen und das bloße Vorenthalten gemäß § 133 StGB nicht (mehr) strafbar sei; im übrigen mangle es auch an Konstatierungen zur inneren Tatseite ‑ die sowohl schon im Urteilsspruch als auch in den Entscheidungsgründen (US 8) enthaltenen, völlig eindeutigen Feststellungen übergeht, denen zufolge der Angeklagte die ihm bloß zum Zweck einer Ausstellung leihweise mit Rückgabeverpflichtung anvertrauten Kunstwerke mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz sich oder einem Dritten zugeeignet hat, indem er sie mit der tatsachenwidrigen Begründung nicht mehr an Rosa S* zurückstellte, er habe sie im Sinne der mit ihr getroffenen Vereinbarung an einen ihm nicht näher bekannten Käufer ("Dr. N*") veräußert, was im Ergebnis auf die Überführung der Bilder (bzw. des in ihnen verkörperten Wertes) in das eigene (oder das eines Dritten) freie Vermögen zu verstehen ist (siehe Leukauf‑Steininger Komm3 § 133 RN 14).
Aus den angeführten Gründen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß §§ 285 d Abs. 1 Z 1 und 2 iVm 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Daraus folgt, daß die Kompetenz zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten und über dessen Beschwerde gegen den mit dem Strafausspruch im Zusammenhang stehenden Beschluß (auf Erteilung einer Weisung gemäß § 50 Abs. 1 StGB), der ‑ nach Lage des Falles sanktionslos ‑ entgegen der Bestimmung des § 494 StPO in das Urteil aufgenommen wurde (vgl. Mayerhofer‑Rieder aaO ENr. 3 und Foregger‑Kodek StPO6 Erl. I jeweils zu § 494), in die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz fällt (§ 285 i StPO).
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