OGH 12Os164/11a

OGH12Os164/11a20.12.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Dezember 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ludwig als Schriftführer in der Strafsache gegen Rene H***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Josef P***** gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 18. Juli 2011, GZ 36 Hv 75/11y-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten Josef P***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Josef P***** wurde mit dem angefochtenen Urteil, das auch Schuldsprüche des Rene H***** sowie einen entgegen § 495 Abs 2 StPO gemäß § 55 StGB gefassten und gemeinsam mit dem Urteil ausgefertigten Beschluss betreffend den Mitangeklagten (RIS-Justiz RS0111521) enthält, des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (I./) schuldig erkannt.

Danach haben (zusammengefasst und soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung) Rene H***** und Josef P***** am 28. Februar 2011 im Gemeindegebiet von R***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Eric K***** fremde bewegliche Sachen, nämlich 20 Euro, durch Versetzen mehrerer Schläge in das Gesicht und durch Vorhalt eines Messers, sohin mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe, abgenötigt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der forensischen Psychiatrie zum Beweis dafür, „dass bei Josef P***** im Moment der Tat verzögerte Reife vorlag, sodass seine Schuldfähigkeit der eines Knaben von weniger als 14 Jahren entsprach“, Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verletzt. Da der Strafbefreiungsgrund der Unreife iSd § 4 Abs 2 Z 1 JGG bei jungen Erwachsenen nicht zur Anwendung gelangt, zielte der Beweisantrag auf keinen für die Schuldfrage erheblichen Umstand ab und verfiel demnach zu Recht der Ablehnung.

Der im Rechtsmittel nachgetragene Versuch der Ergänzung des Beweisthemas in Richtung einer Tatbegehung im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit widerspricht dem Neuerungsverbot. Mit Blick auf die antragszeitpunktbezogene Prüfung der Antragsberechtigung erweist sich das damit im Zusammenhang stehende Vorbringen als unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618; Ratz, WK-StPO Rz 325). Im vorliegenden Fall gingen die Tatrichter im Übrigen im Rahmen der freien Beweiswürdigung ausdrücklich davon aus, dass zwar objektiv Anhaltspunkte (vgl RIS-Justiz RS0097641) für das Vorliegen von Einschränkungen, nicht aber für die Aufhebung der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit vorliegen (US 14). Abstrakt bleibende Spekulationen des Nichtigkeitswerbers zu einer aus seiner - geständigen - Verantwortung angeblich ableitbaren Zurechnungsunfähigkeit versagen, weil über die Sachverhaltsgrundlage einer prozessualen Verfügung das dafür zuständige Organ in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) entscheidet und dies nur nach den Kriterien der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO überprüft werden kann (RIS-Justiz RS0118977).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten Josef P***** beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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