Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil im Punkt 1 des Schuldspruchs und gemäß § 289 StPO auch im Punkt 2 des Schuldspruchs sowie im Strafausspruch, sohin zur Gänze aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Baumeister Dietmar R*** schuldig erkannt, er habe in Salzburg in den Jahren 1978 bis 1980 vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung "verwirkt" (gemeint: bewirkt), und zwar
1. durch Nichterklärung von Erlösen an fertiggestellten Bauten eine Verkürzung an Umsatzsteuer von 1,681.891 S,
2. unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von entsprechenden Lohnkonten gemäß dem § 76 des Einkommenssteuergesetzes eine Verkürzung der Lohnsteuer von 166.235 S und an Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen von 52.402 S (zu ergänzen: wobei er dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß hielt; vgl US 5 zweiter Abs) und er habe hiedurch "das Vergehen der Abgabenhinterziehung nach dem § 33 Abs 1 und 2 lit a und b FinStrG" begangen (US 1, 2). Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer nominell auf die Z 4, 5, 9 lit a, 9 lit b und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der insoweit Berechtigung zukommt, als zu Punkt 1 des Urteilssatzes aus der Z 5 der zitierten Gesetzesstelle eine (offenbar) unzureichende Begründung des Ausspruchs, wonach der Beschwerdeführer vorsätzlich gehandelt habe, reklamiert wird.
Rechtliche Beurteilung
Vorweg ist allerdings festzuhalten, daß das Gericht im Finanzstrafverfahren - was der Beschwerdeführer übersieht - vom Bestehen der sich aus dem Spruch eines gegen den Angeklagten ergangenen rechtskräftigen Bescheides über die endgültige Festsetzung von Abgaben der im § 55 FinStrG bezeichneten Art dem Grund und der Höhe nach ergebenden Abgabenschuld als Tatsache auszugehen hat (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch FinStrG § 55 ENr 2, 3 12 ff). Angesichts dieser absoluten Präjudizialität der rechtskräftigen bescheidmäßigen endgültigen Abgabenfestsetzung können nachträgliche Einwendungen gegen die Errechnung und die Festsetzung des Abgabenbetrages im Finanzstrafverfahren nicht geltend gemacht werden, womit insbesondere auch die Überprüfung der Abgabenschuldigkeit durch einen Sachverständigen - wie sie das Erstgericht in Verkennung der Rechtslage angeordnet hat - unzulässig ist (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch aaO ENr 4, 11); auch ist es für die Bindungsfrage unerheblich, ob die Finanzbehörde zu dem verkürzten Abgabenbetrag aufgrund eines weitwendigen Feststellungsverfahrens oder einer vom Beschwerdeführer nicht widersprochenen Schätzung gelangt ist (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch aaO ENr 11). Demnach gehen alle jene Beschwerdeeinwände, mit welchen (aus den Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO) die Abgabenschuldigkeit als solche, mithin die objektive Tatseite bekämpft wird, von vornherein fehl. Die Beurteilung der subjektiven Tatseite hingegen obliegt dem Strafgericht, das insoweit keiner Bindung an die Auffassung der Abgabenbehörde unterliegt (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch aaO ENr 1, 5 ff, 18 d). Ob der Angeklagte auch den subjektiven Tatbestand des betreffenden Finanzvergehens erfüllt, mithin im Falle des § 33 Abs 1 FinStrG vorsätzlich gehandelt hat, ist somit allein vom Strafgericht aufgrund des abgeführten Beweisverfahrens zu entscheiden. Nun hat zwar das Erstgericht konstatiert, daß der Beschwerdeführer zu Punkt 1 des Urteilssatzes zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat (US 4); die hiefür im Urteil angeführte Begründung erschöpft sich aber in der Ablehnung (als "Schutzbehauptung") rechtlich unmaßgeblicher Teile der (ein Verschulden in Abrede stellenden) Verantwortung des Beschwerdeführers, nämlich seiner Behauptung, die Abgabenbescheide beruhten auf Schätzungen, und seiner Angaben über eine ihm von Finanzbeamten gemachte - allerdings weder einen Strafaufhebungsgrund noch ein Verfolgungshindernis begründende - Zusage der Straflosigkeit. Aufgrund welcher konkreten Erwägungen das Gericht zur Überzeugung gelangt ist, daß der Beschwerdeführer mit Tatbestandsvorsatz gehandelt hat, kann - wie die Beschwerde im Ergebnis zutreffend geltend macht (S 294 vorl Abs) - den Urteilsgründen nicht entnommen werden, zumal der Hinweis des Gerichtes in diesem Zusammenhang darauf, daß der Angeklagte am 19. Oktober 1979 vor dem Finanzamt Salzburg-Land (vgl dessen Strafakt Straflisten-Nr 139/79, BlZ 7 und 9) Schwarzzahlungen von Überstunden (sohin das ihm unter Punkt 2 des Urteilssatzes angelastete Verhalten) eingestanden habe, keine logisch nachvollziehbare Begründung der inneren Tatseite des ihm zu Punkt 1 des Urteilssatzes zur Last gelegten Verhaltens darstellt, da das Erstgericht eine zwischen den beiden Taten bestehende Verbindung tatsächlicher Natur (derart, daß Erlöse aus nicht erklärten Umsätzen zur Bezahlung von "Schwarzlöhnen" verwendet worden sein könnten) nicht erwogen hat (vgl hiezu jedoch S 9 vso im bezeichneten Finanzstrafakt). Die anschließenden Ausführungen in den Urteilsgründen (US 5 letzter Abs), wonach die unrichtigen Steuererklärungen des Angeklagten auf seinen eigenen Angaben gegenüber der Buchhaltung seines Unternehmens beruhen, vermögen nur die Urteilsannahmen zur objektiven Tatseite, nicht jedoch die Feststellung zu begründen, daß diesen Angaben (auch) der Vorsatz des Angeklagten zugrundelag, hiedurch eine Festsetzung der Umsatzsteuer in zu geringer Höhe (und demnach eine Abgabenverkürzung) bewirken zu wollen (§ 33 Abs 3 lit a FinStrG iVm Abs 1 leg cit).
Dem Schuldspruch zu Punkt 1 des Urteilssatzes haftet daher in Ansehung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite der gerügte Begründungsmangel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO an, der zur Kassierung dieses Schuldspruchs zwingt. Wegen des nicht auszuschließenden beweismäßigen Zusammenhanges aller Urteilstaten war gemäß § 289 StPO jedoch auch der Schuldspruch zu Punkt 2 des Urteilssatzes (mit-)aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen (zu den Nichtigkeitsgründen der Z 9 lit a, 9 lit b und 11 des § 281 Abs 1 StPO) eingegangen zu werden braucht. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, daß es für den Beginn der Verjährungsfrist nach § 31 Abs 1 vorletzter und letzter Satz FinStrG nicht auf den Zeitpunkt der letzten Tatbegehung ankommt (vgl Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch aaO § 31 ENr 2, 7) und daß im Hinblick auf die gemäß § 22 Abs 1 FinStrG normierte Kumulierungspflicht eine Bedachtnahme gemäß § 31 StGB auf eine Verurteilung wegen einer anderen strafbaren Handlung (hier: § 159 StGB) und demnach die Verhängung einer bloßen Zusatzstrafe, wie sie der Angeklagte begehrt, nicht in Betracht kommt (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch aaO § 22 ENr 4; Mayerhofer-Rieder StGB2 § 31 ENr 4).
Im erneuerten Verfahren wird es angezeigt sein, die Umsatzsteuerakten des Einzelunternehmens des Angeklagten mit den in Rechtskraft erwachsenen (die Bindungswirkung gemäß § 55 FinStrG begründenden) Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 1978 und 1979 beizuschaffen. Weiters wird in rechtlicher Hinsicht zu beachten sein, daß ein Schuldspruch (auch) wegen des Finanzvergehens nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG - unter welche Bestimmung das Erstgericht im angefochtenen Urteil das Verhalten des Angeklagten (ebenfalls) subsumiert hat (US 2) - von der vorliegenden Anklage (ON 3) nicht gedeckt ist, in welcher nur die Finanzvergehen nach § 33 Abs 1 und nach § 33 Abs 2 lit b FinStrG inkriminiert werden, wobei im übrigen das Urteil in Ansehung des Vergehens nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG auch keinerlei Feststellungen enthält.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die auch den Strafausspruch erfassende kassatorische Entscheidung zu verweisen.
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