European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00158.15Z.0128.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Norbert N***** des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs 1 und Abs 4 erster Fall FPG (idF vor BGBl I 121/2015) schuldig erkannt. Neben der Verhängung einer Freiheitsstrafe wurden gemäß § 19a Abs 1 StGB ein Pkw und ein Mobiltelefon konfisziert.
Nach dem Schuldspruch hat er am 29. August 2015 in N***** und an anderen Orten im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, bestehend aus den unbekannten Tätern „Abu S*****“ und „Mohammed“ sowie weiteren bislang unbekannten Tätern die rechtswidrige Einreise und Durchreise von Fremden, die über keine gültigen Einreise‑ und Aufenthaltsberechtigungen für den EU‑ und Schengenraum verfügten, in und durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union, mit dem Vorsatz, sich und Dritte durch das dafür geleistete Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, gefördert, indem er im Auftrag des „Mohammed“ gegen ein Entgelt in nicht mehr feststellbarer Höhe sechs syrische Staatsangehörige in seinen PKW aufnahm und von Ungarn nach Österreich transportierte, welche zuvor an „Abu S*****“ einen Betrag von 2.500 Euro für ihren Transport nach Deutschland bezahlt hatten und von diesem zum Fahrzeug des Angeklagten gebracht worden waren.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt.
Die Verfahrensrüge (Z 4) bezieht sich auf die in der Hauptverhandlung gestellten Anträge auf Vernehmung der Lebensgefährtin des Angeklagten Gabrielle B***** (ON 17 S 3) und dessen Mutter Borbala J***** (ON 17 S 21) zum Beweis dafür, dass er aufgrund von Drohungen mit dem Tod durch den Auftraggeber (Mohammed K*****) zur Durchführung der Schlepperfahrt veranlasst war, weshalb er in entschuldigendem Notstand (§ 10 StGB) gehandelt habe.
Diesen Anträgen haben die Tatrichter zu Recht nicht stattgegeben, weil der angesprochene Entschuldigungsgrund nicht anzunehmen ist, wenn der möglichen Gefahr schon durch Inanspruchnahme der Sicherheitsbehörden begegnet werden kann (RIS‑Justiz RS0089644).
Im Übrigen nahmen die Tatrichter Drohungen mit dem Tod durch Mohammed K***** gegen den Angeklagten und seine Familie ohnehin als erwiesen an (US 4; § 55 Abs 2 Z 3 StPO).
Mit Mängelrüge (Z 5) bekämpft der Nichtigkeitswerber die erstgerichtliche Konstatierung, wonach der Angeklagte die Drohungen durch Mohammed K***** nicht ernst nahm und sich ausschließlich aufgrund des zugesicherten Schuldenerlasses zur Schlepperfahrt entschloss (US 4).
Entgegen dem Beschwerdevorbringen (Z 5 zweiter Fall) haben die Tatrichter die diesbezügliche Verantwortung des Angeklagten keineswegs außer Acht gelassen, sie jedoch als unglaubwürdig verworfen (US 13 ff). Dabei waren die Tatrichter entsprechend dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten, sich mit jedem Detail aus der Aussage des Angeklagten auseinanderzusetzen (RIS‑Justiz RS0098377).
Soweit der Rechtsmittelwerber ausführt, das Schöffengericht hätte für seine Annahme, der Angeklagte habe sich ausschließlich aufgrund des zugesicherten Schuldenerlasses zur Durchführung der Schlepperfahrt entschlossen, keine logische nachvollziehbare Begründung angeführt (Z 5 vierter Fall), lässt er die tatrichterlichen Erwägungen auf US 13 ff außer Acht.
Die konkrete Höhe der Verbindlichkeiten des Angeklagten gegenüber Mohammed K***** ist nicht entscheidend (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 399).
Indem der Rechtsmittelwerber ausführt, bei einem Schuldenerlass von lediglich 350 Euro bestünde kein Zweifel daran, dass „das Motiv und der Antrieb der Tat sicher nicht der pekuniäre Vorteil“ wäre, bekämpft er nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)