Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängte Freiheitsstrafe
auf 18
(achtzehn) Monate herabgesetzt.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20.Oktober 1961 geborene Angeklagte des versuchten Verbrechens wider die Volksgesundheit nach den §§ 15 StGB, 12 Abs.1 SuchtgiftG in der Beteiligungsform der dritten Alternative des § 12 StGB schuldig erkannt. Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen verpackte Ende April oder Anfang Mai 1984 ein nicht ausgeforschter jugoslawischer Staatsangehöriger mit dem Vornamen 'Nicolai' in der Wiener Wohnung des Angeklagten in dessen Beisein rund 50 Gramm Heroin in drei Päckchen und vergrub diese sodann ebenfalls in Gegenwart des Angeklagten hinter einer Gebüschgruppe in Wien 3., Erdbergerlände, in der Nähe der Schnirchgasse. In der Folge, möglicherweise am 4.Mai 1984, forderte der unbekannte Jugoslawe den Angeklagten auf, das Suchtgift aus dem Versteck zu holen und ihm zu übergeben. Der Angeklagte begab sich am 5.Mai 1984 tatsächlich zum Versteck und nahm die drei Päckchen an sich, um sie dem Jugoslawen zu überbringen. Noch vor dieser Übergabe konnte der Angeklagte jedoch festgenommen und das Heroin sichergestellt werden. Das Suchtgift war zur Weitergabe an andere Personen in unmittelbarer (zeitlicher) Folge bestimmt. Nach den Urteilskonstatierungen wußte der Angeklagte, daß es sich beim Inhalt der Päckchen um Heroin handelte; er nahm zumindest billigend in Kauf und fand sich damit ab, daß das Heroin zum Weiterverkauf bestimmt war und hiedurch ein großer Personenkreis gefährdet würde.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs.1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Offenbar unbegründet ist die Behauptung in der Mängelrüge, die Feststellung, daß der Jugoslawe in der Wohnung des Angeklagten und in dessen Beisein das Heroin in Päckchen verpackte, sei aktenwidrig, weil sich der Beschwerdeführer stets gleichlautend dahin verantwortet habe, daß dieser die Päckchen schon dorthin mitgebracht habe. Denn der Angeklagte hat sowohl vor der Polizei als auch in der Hauptverhandlung dazu angegeben, daß diese Päckchen in seiner Gegenwart angefertigt wurden (vgl. S 37, 92 und 99), welcher Aussage das Erstgericht der Sachlage nach gefolgt ist (vgl. S 119). Wenn das Erstgericht unbeschadet seiner in der Hauptverhandlung vom 10. Juli 1984 getroffenen Feststellung, daß der Angeklagte nur 'gebrochen' Englisch sprach, und der Bedenken, ob er Fragen zur subjektiven Tatseite verstehen würde (S 83 d.A), die Englischkenntnisse des Angeklagten für so weit ausreichend ansieht, daß bei der in englischer Sprache durchgeführten polizeilichen Vernehmung 'größere' Sprachschwierigkeiten nicht bestanden, so ist dies durch die Aktenlage durchaus gedeckt. Hiebei ist hervorzuheben, daß der Angeklagte in der Hauptverhandlung angab, 'schon' Englisch zu verstehen und sich mit dem Jugoslawen auch in dieser Sprache unterhalten zu haben (S 106 d. A), sowie ferner, daß er während seiner Vernehmung vor der Polizei, bei welcher ihm das Protokollierte ins Englische übersetzt wurde (S 82 d.A), das Wort 'Heroin' gehört und (sinngemäß) die Kenntnis vom wahren Inhalt der Päckchen bestritten habe (S 108 f d. A). Letztere Behauptung des Angeklagten trifft nach dem polizeilichen Protokoll über dessen Vernehmung allerdings nicht zu (S 37 f d.A).
Das Erstgericht hat die Verantwortung des Angeklagten, er habe nicht gewußt, daß in diesem Päckchen Suchtgift war, insbesondere aber seine Einlassung in der Hauptverhandlung, seiner Meinung nach seien darin Mikrofilme enthalten gewesen, als unglaubwürdig abgelehnt (S 123 f., 126). Es hat die Feststellung, daß der Beschwerdeführer vom wahren Inhalt Kenntnis hatte, damit begründet, daß der Angeklagte bei der Anfertigung eines Pakets anwesend und dieses schon der Art nach einem Suchtgiftpäckchen ähnlicher war als verpackten Mikrofilmen (S 123) und daß ferner der ganze Geschehnisablauf, insbesonders das Verstecken im Gelände, für ein solches Wissen des Angeklagten spreche (S 124). überdies habe der Beschwerdeführer - im Gegensatz zu seiner Darstellung in der Hauptverhandlung - vor der Polizei nicht erwähnt, daß nach seiner Vorstellung Mikrofilme in den Paketen enthalten waren, wohl aber sei bei dieser Einvernahme das Wort Heroin mehrmals gefallen (S 124). Weil das Suchtgift zunächst vergraben, der Angeklagte aber aufgefordert wurde, dieses am nächsten Tag auszugraben und dem unbekannten Jugoslawen zu übergeben, nahm das Schöffengericht als erwiesen an, daß das Heroin in unmittelbarer Folge an andere Personen weitergegeben worden wäre und dies auch vom Vorsatz des Angeklagten umfaßt war (S 127). Soweit die Mängelrüge diese Urteilsannahmen als unzureichend begründet bezeichnet, darauf verweist, daß der Angeklagte keine Möglichkeit hatte, den Inhalt des Päckchens zu sehen und behauptet, daß auch dessen Form nicht gegen die vom Erstgericht als unglaubwürdig abgelehnte Verantwortung über den von ihm angenommenen Inhalt spreche, dem Gericht ferner vorwirft, es habe sich nicht hinreichend mit seiner Behauptung, der Jugoslawe sei ein Spion gewesen und mit der Erkennbarkeit des Inhalts der Pakete auseinandergesetzt, erschöpfen sich diese Ausführungen nach Art einer Schuldberufung in einer Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung, ohne jedoch einen Begründungsmangel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs.1 StPO aufzuzeigen. Geht somit die Mängelrüge fehl, so erweist sich auch die aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs.1 Z 10 StPO die Unterstellung des Verhaltens des Angeklagten unter das Tatbild des Vergehens nach dem § 16 Abs.1 Z 2 (vorletzter und letzter Fall) SuchtgiftG reklamierende Rechtsrüge, mit welcher der Angeklagte eine objektive Gefährdungseignung der Tat i.S. des § 12 Abs.1 SuchtgiftG bekämpft, weil das Heroin in dieser Form nicht verwertbar gewesen sei und ihm auch ein Abnehmerkreis nicht bekannt war, als nicht stichhältig:
Die Tatbildlichkeit eines Inverkehrsetzens von Suchtgift im Sinne des § 12 Abs.1 SuchtgiftG setzt nicht einen gewissermaßen einzigen und einheitlichen Verteilungsakt voraus, durch welchen das Suchtgift bereits an die Letztverbraucher gelangt. Die in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen (Gemeingefahr) bedeutende breite Streuung einer Suchtgiftverteilung besteht im Regelfall aus einer Mehr- oder (sogar) Vielzahl sukzessiver Verteilungsakte, wobei die Gemeingefahr nicht von einer allfälligen zwischenzeitigen Be- oder Verbreitung des Suchtgiftes abhängt. Es ist daher - entgegen der Beschwerdeauffassung - unentscheidend, ob gegenständlich das Suchtgift nach der Art seiner Aufteilung in drei Päckchen bereits verwertbar war oder nicht. Es ist ferner für die gemeingefährliche Inverkehrsetzung auch nicht erforderlich, daß dem Täter bereits die konkreten Modalitäten der Verteilung bekannt sind. Es reicht vielmehr abstrakte, vom Täter nicht eingrenzbare Gemeingefahr aus, die bei einer außer jeder Relation zum möglichen Eigenbedarf einzelner oder nur einiger weniger Personen stehenden Suchtgiftmenge, wie etwa gegenständlich von 50 Gramm Heroin, unzweifelhaft gegeben ist. Die danach für die innere Tatseite des Deliktes nach dem § 12 Abs.1 SuchtgiftG wesentliche Feststellung hat das Erstgericht getroffen, indem es als erwiesen annahm, daß der Angeklagte sich zumindest damit abgefunden hatte, daß das Suchtgift zum Weiterverkauf bestimmt war und hiedurch ein großer Personenkreis gefährdet würde.
Der (in sachlicher Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit.a des § 281 Abs.1 StPO) von der Beschwerde eingewendete Mangel konkreter Abnehmer und das Fehlen von auf den konkreten Absatz des Suchtgifts abzielenden Handlungen ist auch nicht für die Strafbarkeit des Versuches begründende sogenannte Ausführungsnähe (§ 15 Abs.2 StGB) von Bedeutung.
Mit dem Auftrag an den Angeklagten, das Heroin aus dem Versteck zu holen und an den unmittelbaren Täter zwecks Inverkehrsetzens, das nach dem dem Angeklagten bekannten Tatplan in unmittelbarer Folge bewerkstelligt werden sollte, zu überbringen, ist das Verhalten des unmittelbaren Täters aus objektiv-normativer Sicht ins Versuchsstadium des Verbrechens nach dem § 12
Abs.1 SuchtgiftG getreten. Die Tat des Angeklagten, von dessen Wissens- und Willenssphäre die Kriterien der inneren Tatseite dieses Deliktes umfaßt waren, stellt daher strafbare Beitragstäterschaft (§ 12 dritte Alternative StGB) zum Versuch des Verbrechens nach dem § 12 Abs.1 SuchtgiftG dar.
Da dem Erstgericht somit auch nicht der geltend gemachte Subsumtionsirrtum unterlaufen ist, war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 12 Abs.1 SuchtgiftG zu zwei Jahren Freiheitsstrafe. In deren Bemessung war erschwerend nichts, mildernd hingegen die Unbescholtenheit, der Umstand, daß die Tat beim Versuch geblieben ist und die Beteiligungsform.
Die Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe anstrebt, ist berechtigt.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe zwar im wesentlichen richtig und vollständig erfaßt, es hat jedoch darauf, daß der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen nur einen Tatbeitrag geleistet hat, was bei vergleichender Abwägung der Strafbarkeit der an der Tat Beteiligten seine Schuld mindert, zu wenig Bedacht genommen. Es war daher die vom Schöffengericht der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) des Angeklagten überhöht festgesetzte Strafe spruchgemäß zu mildern.
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