Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das sonst unberührt bleibt, in dem den Angeklagten Wolfgang K***** betreffenden Schuldspruch A III, folglich auch im Strafausspruch dieses Angeklagten aufgehoben und die Sache in diesem Umfang an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung verwiesen.
Der Angeklagte Wolfgang K***** und die Staatsanwaltschaft werden mit ihren Berufungen wegen des Ausspruchs über die Strafe auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung der Angeklagten Brigitte K***** und die diese Angeklagte betreffende Berufung der Staatsanwaltschaft sowie über die Berufung des Angeklagten Wolfgang K***** wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil - das auch einen Wolfgang K***** betreffenden Freispruch von Vorwürfen (weiterer) betrügerischer Krida und Untreue sowie einen Verfolgungsvorbehalt zu weiteren Betrugsvorwürfen, aber auch gerichtlich strafbarer Abgabenhinterziehung enthält - wurden Wolfgang K***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1, Abs 2, 161 Abs 1 StGB (A I), des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB (A II) und des Vergehens des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen nach § 153c Abs 1 StGB (A III) sowie Brigitte K***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 12 dritter Fall, 156 Abs 1, Abs 2 StGB (B) schuldig erkannt.
Danach haben in K***** und anderen Orten
A) Wolfgang K*****
I. als Geschäftsführer der Baumeister Wolfgang K***** GmbH Bestandteile des Vermögens dieser Gesellschaft „verheimlicht, beiseite geschafft bzw deren Vermögen wirklich oder zum Schein“ verringert und dadurch die Befriedigung ihrer Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt „bzw geschmälert“, indem er im Zeitraum von Ende 2001 bis ca Anfang 2004 für die Errichtung des privaten Hauses der Brigitte K***** die Rohbaukosten in Höhe von 175.000 Euro, die sich aus Baumaterial im Wert von ca 45.000 Euro und Arbeitsleistung im Wert von zumindest 130.000 Euro, zusammensetzen, sowie die Dienstleistungen der Unternehmen S*****, Hartberg, vom Dezember 2003 über 2.112 Euro, Franz Kr***** vom Dezember 2003 über 4.221,19 Euro und Q***** vom Oktober 2002 über 6.665,57 Euro „auf Rechnung und Kosten der Baumeister Wolfgang K***** GmbH durchführen ließ bzw finanzierte“ (gemeint: durch die genannte GmbH finanzierte und Brigitte K***** nicht in Rechnung stellte - US 25 f), wobei er durch die Tat einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführte;
II. gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese oder andere in einem 3.000 Euro übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen schädigten und zwar
1. Ende 2004 Johann G***** durch die Vorspiegelung, einen Teil von 23.800 Euro für bereits von diesem für die Baumeister Wolfgang K***** GmbH erbrachten Leistungen binnen 10 bis 13 Tagen zu bezahlen, zur Wiederaufnahme von Installateurtätigkeiten für die Baumeister Wolfgang K***** GmbH, die er in der Folge ebenso nicht bezahlte, wodurch Johann G***** ein weiterer Schaden in nicht feststellbarer, jedoch 3.000 Euro jedenfalls übersteigender Höhe entstand;
2. von Juni 2003 bis August 2005 Ing. Peter und Silvia Kl*****, Mag. Hermann B*****, Michael P***** Gerhard M*****, DI Horst R***** und Mag. Ulrike V***** durch die Vorspiegelung, höherwertiges Dämmmaterial bzw eine stärkere Dämmung einzubauen, zur Zahlung der vereinbarten teureren Kellerdämmung, ohne diese jedoch tatsächlich durchzuführen, wodurch den Genannten ein Schaden in nicht mehr exakt festzustellender, jedenfalls 3.000 Euro nicht übersteigender Höhe entstand;
3. im Dezember 2003 Berechtigte der Pr***** KEG durch Vortäuschung seiner Zahlungsfähigkeit und -willigkeit zur Durchführung von Grafikarbeiten im Wert von 2.160 Euro;
III. als Geschäftsführer der Baumeister Wolfgang K***** GmbH, sohin als vertretungsbefugtes Organ einer juristischen Person, die die Pflicht zur Einzahlung der Beiträge eines Dienstnehmers zur Sozialversicherung trifft, der W***** als berechtigtem Versicherungsträger im Zeitraum Mai 2005 bis März 2006 Beiträge in Höhe von insgesamt 18.957,62 Euro vorenthalten;
B) Brigitte K***** von 2001 bis ca 2004 dadurch, dass sie sich ein Einfamilienhaus am L***** in ***** teilweise auf Kosten der Baumeister Wolfgang K***** GmbH errichten ließ, zur Ausführung der unter A I näher beschriebenen strafbaren Handlung des Wolfgang K***** beigetragen.
Dagegen richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 9 (lit) a und b StPO.
Die Tatsachenrügen (Z 5a) blieben bei beiden Beschwerdeführern unausgeführt, weshalb auf sie keine Rücksicht zu nehmen war (§ 285 Abs 1 StPO).
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Erstangeklagten Wolfgang K*****:
Zum Zwecke leichterer Nachvollziehbarkeit wird die in diesem Rechtsmittel gewählte Aufgliederung nach Schuldsprüchen beibehalten.
Zum Schuldspruch A 1:
Die Verfahrensrüge (Z 4) bezieht sich auf Beweisanträge, ohne diese in den Protokollen der an vier Tagen durchgeführten Hauptverhandlung zu bezeichnen (RIS-Justiz RS0124172). Sollte der erste Teil des Beschwerdevorbringens den am 21. Dezember 2009 (ON 96a S 77 f) gestellten Antrag auf „Einholung eines bautechnischen Sachverständigengutachtens mit konkreter Befundaufnahme am verfahrensgegenständlichen Haus ... zum Beweis dafür, dass die konkrete Arbeitszeit betreffend das Privathaus K***** nicht mehr als 39.790 Euro ausmachte“ meinen, ist grundsätzlich entgegenzuhalten, dass im Hinblick auf die (zu diesem Betrag hinzuzurechnenden) unbestrittenen Ausgaben für Baumaterial in Höhe von 45.000 Euro der Beweisantrag sinnfällig keine entscheidende oder erhebliche Tatsache anspricht, weil selbst im Fall dessen Erfolgs die Lösung der Schuldfrage und die Subsumtion unberührt blieben. Überdies wäre es am Angeklagten gelegen, nach Erstattung des von ihm gewünschten Gutachtens (ON 119, ON 128 S 30 ff) eine auf dessen Erweiterung bezogene Entscheidung des Schöffengerichts zu erwirken, wozu in der Beschwerde jegliches Vorbringen fehlt (vgl dementgegen den Verzicht auf weitere Fragen an den Sachverständigen in der Hauptverhandlung ON 128 S 36). Sollte der zweite Teil der Verfahrensrüge auf die am 21. Dezember 2009 (ON 96a S 73 ff) gestellten Anträge „auf Ergänzung des Sachverständigengutachtens Mag. Martin Ge***** ... zum Beweis dafür, dass der Erstangeklagte sich selbst ab Juni 2004 keinen Geschäftsführerbezug mehr ausbezahlt hat ... und ... bezüglich der Kosten für den Lagerplatz der K***** GmbH, für welche seitens der K***** GmbH keinerlei Mietkosten bezahlt wurden“ bezogen sein, genügt die grundsätzliche Erwiderung, dass solcherart auch in diesem Zusammenhang keine entscheidende oder erhebliche Tatsache angesprochen ist. Die erst in der Rechtsmittelschrift gelieferte Argumentation ist unstatthaft und damit unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099117; RS0099618; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325).
Der weitwendigen Mängelrüge (Z 5) ist entgegenzuhalten, dass die Zahlungsunfähigkeit kein Tatbestandsmerkmal bei der Begehung betrügerischer Krida ist (RIS-Justiz RS0094831; Fabrizy, StGB10 § 156 Rz 1; Kienapfel, BT II³ § 156 Rz 6 und 7); die Mehrzahl von Exekution führenden Gläubigern seit 2001 ist in US 16 festgehalten; die Vorhersehbarkeit des Konkurses über das Vermögen der K***** GmbH ist rechtlich irrelevant.
Das Vorbringen zur Rechtsrüge (Z 9 lit b) unterstellt dem Ersturteil die Annahme teilweiser Schadensgutmachung - US 41 ist das gerade Gegenteil zu entnehmen. Neben dem Verlassen des erstrichterlichen Tatsachensubstrats als Bezugspunkt der Geltendmachung materiellrechtlicher Nichtigkeit (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581, 584) bleibt der Beschwerdeführer auch jede methodengerechte Begründung dafür schuldig, inwiefern bloß teilweise Schadensgutmachung die Voraussetzungen tätiger Reue hinsichtlich des ganzen aus seiner Tat entstandenen Schadens erfüllen könnten (vgl dementgegen etwa Kirchbacher/Presslauer in WK² § 167 Rz 48).
Zum Schuldspruch A II 1:
Die Mängelrüge (Z 5) spricht mit vom Erstgericht nicht erörterten Zahlungen des Angeklagten von rund 30.000 Euro an Johann G***** nach dem 30. September 2004 (dem festgestellten Täuschungszeitpunkt - US 29) weder zum Schaden noch zum Tatvorsatz des Beschwerdeführers Entscheidungswesentliches an, hatte die K***** GmbH doch im September 2004 Außenstände beim Installationsbetrieb G***** in Höhe von 90.000 Euro. Dazu versäumt es der Nichtigkeitswerber darzulegen, ob und wie weit sich die ins Treffen geführten Zahlungen auf nach dem 30. September 2004 betrügerisch erlangte Leistungen - und nicht auf den Abbau der beträchtlichen Rückstände - beziehen.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) bestreitet eine handlungs- und schadenskausale Täuschung durch den Angeklagten, weil Johann G***** trotz Nichteintritts der dafür vereinbarten Bedingung (Zahlung von 23.800 Euro) seine Arbeiten für die K***** GmbH fortsetzte. Der Rechtsmittelwerber übergeht dabei indes die tatrichterliche Feststellung, dass das Opfer gerade im (betrügerisch bewirkten - US 29) Vertrauen auf die Zahlungsversprechungen des Angeklagten die eingestellten Arbeiten - zu seinem Schaden - wieder aufnahm (US 30).
Ebenso aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO behauptet der Beschwerdeführer das Fehlen eines Schadens - einmal mehr ignoriert er entgegenstehende Urteilsannahmen (US 30). Der eigenständig beweiswürdigende Argumentationsansatz der Identität des Außenstandes im September 2004 mit der Klagesumme im Juni 2005 ist im Hinblick auf die oben erwähnten Zahlungen überdies schlicht unverständlich.
Zum Schuldspruch A II 2:
Aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO rügt der Rechtsmittelwerber an sich zutreffend einen Widerspruch im Ersturteil: Die Opfer DI R***** und Mag. V***** standen im Vertragsverhältnis mit der „V*****“, unrechtmäßig bereichert werden sollte der Angeklagte „bzw die K***** GmbH“ (US 32 f). Die offenbare Verwechslung berührt jedoch keine entscheidende Tatsache, genügt doch für den Tatbestand des Betrugs der Vorsatz des Täters, sich oder einen Dritten zu bereichern.
Das tätige Reue hinsichtlich der Fakten M***** und Mag. V***** ansprechende Vorbringen (inhaltlich Z 9 lit b) übergeht den unangefochten festgestellten einheitlichen Willensentschluss des Angeklagten bei der Faktengruppe A II 2 (US 31). Weshalb selbst bei Vorliegen teilweiser Schadensgutmachung tätige Reue im Sinne von § 167 StGB in Frage kommen sollte, wäre in der Rüge nicht einmal thematisiert (vgl im Übrigen Kirchbacher/Presslauer in WK2 §167 Rz 68 f mit Judikaturnachweisen sowie Rz 73; Fabrizy, StGB10 § 167 Rz 11).
Die inhaltsgleich erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit b) ist damit ebenfalls erledigt.
Zum Schuldspruch A II 3:
Die eine unzureichende Begründung der festgestellten subjektiven Tatseite (US 34) monierende Mängelrüge (Z 5) lässt außer Acht, dass das Schöffengericht die Willensausrichtung des Angeklagten nicht nur aus seinem Verhalten, „insbesondere seiner offensichtlichen Verzögerungstaktik im Zivilverfahren“ ableitete, sondern auch auf den in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck des Beschwerdeführers stützte (US 51).
Die Aussage des Zeugen Ku***** über eine Teilzahlung seines Honorars ist dem weiteren Vorbringen aus § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO entgegen gar wohl in die tatrichterlichen Feststellungen eingeflossen (US 33).
Zum Schuldspruch A III:
Dieser Schuldspruch erging ohne Feststellungen zur subjektiven Tatseite (vgl US 34, 52 f), er war daher trotz fehlender Rüge in diese Richtung gemäß §§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall, 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO zu kassieren (§ 285e StPO). Eines Eingehens auf die zu diesem Faktum erstattete Mängelrüge bedurfte es daher nicht.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Brigitte K*****:
Die Ausführungen der Verfahrensrüge (Z 4) betreffend den Umfang des Bausachverständigengutachtens, der Mängelrüge (Z 5) zur Zahlungsunfähigkeit der K***** GmbH und zur Vorhersehbarkeit des Konkurses über deren Vermögen sowie der Rechtsrüge (Z 9 lit b) zur teilweisen Schadensgutmachung entsprechen wortgleich dem diesbezüglichen Vorbringen des Erstangeklagten, weshalb der Verweis auf dessen Erledigung (siehe oben) genügt.
Die Feststellungen zur inneren Tatseite finden sich - der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zuwider - in US 26 f; die kritisierten Erwägungen US 37 f sind keine Konstatierungen, sondern deren Begründung durch Bewertung der Beweisergebnisse.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der die Zweitangeklagte betreffenden Berufungen sowie der Berufung des Angeklagten Wolfgang K***** wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche folgt (§ 285i StPO). Der Erstangeklagte und die Staatsanwaltschaft waren mit den Berufungen wegen des Ausspruchs über die Strafe auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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