OGH 12Os146/87

OGH12Os146/8721.1.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Jänner 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Samek als Schriftführer in der Strafsache gegen Elisabeth R*** wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2, Abs 2 und Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3.August 1987, GZ 12 f Vr 2687/87-13, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Kodek, der Angeklagten und des Verteidigers Dr. Mirecki zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 290 Abs 1 erster Fall StPO wird Elisabeth R*** die in der Zeit vom 30.November 1986, 21.15 Uhr, bis 2.Dezember 1986,

11.45 Uhr, erlittene Vorhaft gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB auf die Strafe angerechnet.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß über die Angeklagte gemäß § 37 Abs 1 StGB eine Geldstrafe von 180 (einhundertachtzig) Tagessätzen verhängt wird. Der Tagessatz wird mit 50 (fünfzig) S und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 90 (neunzig) Tagen bestimmt. Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Elisabeth R*** des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2, Abs 2 und Abs 3 StGB schuldig erkannt, weil sie im August 1986 in Wien einen vom abgesondert verfolgten Walter P*** der Rosa E*** durch Einbruch gestohlenen Geldbetrag von 50.000 S, mithin eine Sache, die ein anderer durch eine mit fünf Jahre erreichender Freiheitsstrafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, vorsätzlich an sich gebracht hat, indem sie das Geld gemeinsam mit Walter P*** verbrauchte.

Diesen Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 lit. a, 9 lit. b und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Strafausspruch wird mit Berufung angefochten.

Die Verfahrensrüge (Z 4) richtet sich gegen die Abweisung des zum Beweise dafür, daß Rosa E*** ihre Wohnungstür des öfteren "offen" (gemeint wohl: unversperrt) gelassen habe, gestellten Antrages auf Vernehmung der Zeugen B***, K*** und W*** (S 158). Das Gericht hat diesen Beweisantrag in der Hauptverhandlung "wegen Spruchreife" abgewiesen (S 160); die an sich unzulängliche Begründung des Zwischenerkenntnisses wurde im Urteil dahin ergänzt, daß auch der Nachweis der behaupteten Tatsache die gegen die Angeklagte bestehenden Indizien nicht entkräftet hätte (S 168). Tatsächlich gründet sich die Feststellung des von Walter P*** verübten Diebstahls als Vortat der Hehlerei nicht etwa auf dessen ausschließliches Gelegenheitsverhältnis, das schon im Hinblick auf den Zutritt mehrerer im Akt genannter Personen (einschließlich der Angeklagten R***) zur Wohnung der Rosa E*** keinesfalls gegeben war, sondern auf dessen und der Angeklagten Geständnis vor der Polizei, das durch die Herausgabe des zur Tatbegehung verwendeten Schlüsselduplikats sowie durch die Einzahlung der seit längerem offenen Forderung der Wiener Stadtwerke am 29.August 1986 (sohin geraume Zeit vor dem von der Angeklagten nachgewiesenen Empfang von 10.000 S) objektiviert wird. Durch die Abweisung des in Rede stehenden Beweisantrages sind somit die Verteidigungsrechte der Angeklagten nicht beeinträchtigt worden.

Zur Mängelrüge (Z 5) bringt die Beschwerdeführerin vor, es tue sich eine wesentliche Lücke in der Argumentation des Erstgerichtes auf, welches einerseits - zum Nachteil der Angeklagten - es für möglich halte, daß Rosa E*** die Betätigung des "Schlosses im Schloß" vergessen und solcherart Walter P*** die Öffnung des Schlosses mit dem Nachschlüssel ermöglicht haben könnte, andererseits aber nicht die Konsequenz hieraus ziehe, daß auch jemand anderer die Vergeßlichkeit der Geschädigten genützt haben könnte. Mit diesem Vorbringen wird jedoch kein Begründungsmangel im Sinne des behaupteten Nichtigkeitsgrundes dargetan und übergangen, daß der Schuldspruch keineswegs auf der Annahme eines ausschließlichen Gelegenheitsverhältnisses des Walter Prokop gestützt wird, sodaß der Grad der Vergeßlichkeit der Rosa E*** keine entscheidende Rolle spielt.

In der Rechtsrüge nach Z 9 lit. a meint die Beschwerdeführerin, Walter P*** habe den Nachschlüssel nicht unrechtmäßig erlangt, weil er ihn von einem befugten Gewerbsmann habe herstellen lassen. Mit diesem, lediglich die Qualifikation der Hehlerei nach § 164 Abs 3 StGB betreffenden Vorbringen, wird in Wahrheit der Nichtigkeitsgrund der Z 10 releviert; auch dieser liegt aber nicht vor: § 129 Z 1 StGB unterscheidet zwischen dem widerrechtlich erlangten und dem nachgemachten Schlüssel. Letzterer muß sohin nicht widerrechtlich erlangt worden sein, ja es ist nicht einmal notwendig, daß der Täter den Schlüssel zum Zwecke eines schon geplanten Diebstahls nachgemacht hat oder hat nachmachen lassen. Entscheidend ist lediglich der - hier unbestrittene - Umstand, daß die Nachmachung nicht mit Wissen und Willen des Berechtigten (also der Rosa E***) erfolgt und von dieser auch nicht später "legalisiert" worden ist (Leukauf-Steininger, Kommentar2, § 129 RN 18, Bertel im WK, § 129 RN 8, Kienapfel BT II, § 129 RN 40). Auch das weitere, zum § 281 Abs 1 Z 10 StPO wiederholte Vorbringen, ein Bereicherungsvorsatz des Walter P*** sei nicht festgestellt worden, dem Genannten liege daher äußerstenfalls das Vergehen nach § 135 StGB zur Last, ist nicht berechtigt. Denn selbst wenn Walter P*** keinen Diebstahl verübt, sondern das Bargeld nur aus dem Besitz der Berechtigten dauernd entzogen hätte, würde der Angeklagten nicht etwa das von ihr bezeichnete Vergehen nach "§§ 12, 135 StGB", sondern ebenfalls Hehlerei zur Last fallen (Leukauf-Steininger aaO, § 164 RN 7). Im übrigen hat das Erstgericht festgestellt, daß Walter P*** den Geldbetrag (und Silbermünzen) gestohlen hat, was auch die Feststellung seines Bereicherungsvorsatzes als eines wesentlichen Tatbestandsmerkmals des Diebstahls in sich schließt; näheren Ausführungen dazu hat es umsoweniger bedurft, als im erstinstanzlichen Verfahren gar nicht behauptet worden ist, Walter P*** habe das Geld aus einem anderen Grund als dem der unrechtmäßigen Bereicherung weggenommen. Die Rechtsrüge weicht daher insofern von den Urteilsfeststellungen ab und ist mithin auch nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige Neuerung ist es, wenn die Beschwerdeführerin nun vorbringt, zur Tatzeit in ihrer Dispositions- und Diskretionsfähigkeit auf Grund von Blutdruckproblemen in schwerstem Ausmaß beeinträchtigt gewesen zu sein, in welchem Zusammenhang sie den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit. b StPO verwirklicht sieht. Die Angeklagte hat nämlich in der Hauptverhandlung nur versucht, ihr Geständnis bei der Polizei mit einer derartigen gesundheitlichen Belastung zu erklären (S 153), für die Tatzeit hat sie sich aber nicht auf eine Einschränkung ihrer Zurechnungsfähigkeit berufen, die überdies nur für die Strafzumessung von Bedeutung wäre. Eine Aufhebung der Dispositions- und Diskretionsfähigkeit durch einen der im § 11 StGB beschriebenen Zustände ist im erstinstanzlichen Verfahren weder behauptet noch ist dafür ein Beweis angeboten worden.

Rechtliche Beurteilung

Die mithin zur Gänze unbegründete und zum Teil nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten war daher zu verwerfen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde war die dem Urteil anhaftende, jedoch ungerügt gebliebene Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO gemäß § 290 Abs 1 erster Fall StPO zu beheben: Elisabeth R*** hat sich vom 30.November 1986, 21.15 Uhr bis 2. Dezember 1986, 11.45 Uhr in polizeilicher Verwahrungshaft befunden (S 5); die Anrechnung dieser Vorhaft auf die Strafe ist entgegen § 38 Abs 1 Z 1 StGB unterblieben.

Elisabeth R*** wurde nach §§ 164 Abs 3, 41 StGB zu drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Gemäß § 43 Abs 1 StGB wurde die Strafe unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen.

Das Schöffengericht wertete als erschwerend keinen Umstand, als mildernd die vor der Polizei gezeigte Schuldeinsicht und die zur Wahrheitsfindung beitragende Verantwortung sowie ihre geringe Schuld infolge der erheblichen Einwirkung ihres Lebensgefährten Walter P*** auf sie.

Die Berufung, mit der die Angeklagte eine Herabsetzung der Strafdauer, primär aber die Verhängung einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe anstrebt, ist berechtigt.

Zwar können die Kreislaufbeschwerden der Angeklagten nicht als mildernd gewertet werden, ebensowenig liegt Unbesonnenheit oder eine besonders verlockende Gelegenheit vor. Daß sie unter Einwirkung ihres Lebensgefährten strafbar wurde, hat das Erstgericht ohnehin berücksichtigt. Als weiterer ins Gewicht fallender Milderungsgrund kommt aber zu den vom Erstgericht im übrigen zutreffend angenommenen Strafbemessungsgründen noch der ordentliche Lebenswandel der Angeklagten, deren Tat mit ihrem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht, hinzu. Auch kann ihre schwierige finanzielle Situation nicht unberücksichtigt bleiben.

Bei diesen Strafbemessungsgründen bedarf es nicht der Verurteilung der Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe, um sie von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Ebenso stehen generalpräventive Erwägungen einer Geldstrafe nicht entgegen. Gemäß § 37 Abs 1 StGB war somit eine Geldstrafe in einem dem Verschulden entsprechenden Ausmaß von 180 Tagessätzen, die Ersatzfreiheitsstrafe demgemäß mit 90 Tagen zu verhängen. Unter Berücksichtigung der potentiellen Verdienstmöglichkeit der Angeklagten, die trotz ihres reduzierten Zustandes keineswegs arbeitsunfähig ist, wurde die Höhe des Tagessatzes mit 50 S bestimmt. Daß die Voraussetzungen des § 43 Abs 1 StGB vorliegen, hat schon das Erstgericht zutreffend erkannt. Auch die Geldstrafe war daher unter Bestimmung einer angemessenen Probezeit von drei Jahren bedingt nachzusehen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390 a StPO.

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