OGH 12Os144/86

OGH12Os144/8616.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Oktober 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Steinhauer als Schriftführer in der Strafvollzugssache Walter S*** wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 7. Februar 1985, GZ 13 Ns 957/83-17, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Kreisgerichtes Wr. Neustadt als Vollzugsgericht vom 7.Februar 1985, GZ 13 Ns 957/83-17, verletzt das Gesetz in den Bestimmungen des § 53 Abs. 1 (erster und zweiter Satz) und Abs. 2 (erster Satz) StGB.

Dieser Beschluß sowie sämtliche darauf beruhenden weiteren Beschlüsse und Verfügungen werden aufgehoben, der Antrag der Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt vom 1.Februar 1985 auf Verlängerung der Probezeit (S 47 unten) wird abgewiesen, und es wird dem Vollzugsgericht aufgetragen, über die Endgültigkeit der Entlassung (§§ 48 Abs. 3 StGB, 180 Abs. 2 und 4 StVG) zu entscheiden.

Text

Gründe:

Der am 5.März 1948 geborene Walter S*** wurde mit dem Beschluß des Kreisgerichtes Wr. Neustadt als Vollzugsgericht vom 18. März 1982, GZ 13 Ns 371/82(nunmehr 13 Ns 957/83)-6, gemäß § 46 Abs. 1 StGB aus Freiheitsstrafen im Gesamtausmaß von zwei Jahren, einem Monat und 28 Tagen mit Wirkung vom 23.März 1982 und unter Setzung einer Probezeit von einem Jahr (Ende der Probezeit daher: 22. März 1983) bedingt entlassen.

Mit dem rechtskräftigen Urteil des Bezirksgerichtes Wolkersdorf vom 16.Jänner 1985, GZ U 268/84-19 (Protokolls- und Urteilsvermerk) wurde Walter S*** wegen des teils schon vor der bedingten Entlassung und teils erst nach Ablauf der vorangeführten Probezeit, nämlich in den Zeiträumen von Dezember 1978 bis 24.Oktober 1980 und von April 1983 bis Dezember 1983, begangenen Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB zu einer (gemäß § 43 Abs. 1 StGB bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe verurteilt.

Das Kreisgericht Wr. Neustadt als Vollzugsgericht sprach daraufhin mit dem - ebenfalls in Rechtskraft erwachsenen - Beschluß vom 7.Februar 1985, GZ 13 Ns 957/83-17, aus, daß gemäß § 53 Abs. 1 StGB vom Widerruf der bedingten Entlassung abgesehen und nach § 53 Abs. 2 StGB die (einjährige) Probezeit auf drei Jahre verlängert werde.

Rechtliche Beurteilung

Dieser letztere Beschluß steht mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Der Widerruf einer bedingten Entlassung aus einer Freiheitsstrafe wie auch das Absehen von einem solchen Widerruf unter Verlängerung der Probezeit im Sinne des § 53 Abs. 1 und Abs. 2 StGB setzen voraus, daß der Rechtsbrecher wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung verurteilt wird. Dies traf aber im vorliegenden Fall nach dem Vorgesagten nicht zu. Der Verlängerungsbeschluß des Vollzugsgerichtes verstößt daher gegen die Bestimmungen des § 53 Abs. 1 und Abs. 2 StGB.

Davon abgesehen hat das Vollzugsgericht auch die Vorschriften des § 56 StGB außer acht gelassen, wonach wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung ua die Verfügungen nach § 53 StGB nur längstens bis zum Ablauf von sechs Monaten nach dem Ende der Probezeit oder nach Beendigung eines bei deren Ablauf gegen den Rechtsbrecher anhängigen Strafverfahrens getroffen werden dürfen. Die gegenständliche Beschlußfassung vom 7.Februar 1985 liegt außerhalb der ersteren Frist, deren Ende auf den 22.September 1983 fiel. Auch erst nach dem Ablauf der Probezeit (22.März 1983), nämlich am 25.Jänner 1984 (vgl. ON 1 der Akten 19 b U 18/84 des Jugendgerichtshofes Wien, einbezogen unter ON 13 in die Akten U 268/84, vormals U 62/84 des Bezirksgerichtes Wolkersdorf) wurde das Verfahren gegen Walter S*** wegen Verletzung der Unterhaltspflicht anhängig. Der Verlängerungsbeschluß wäre daher - zufolge Fristversäumnis - selbst dann rechtswidrig, wenn es sich bei der Angabe des Beginnes des Tatzeitraumes der Unterhaltspflichtverletzung nach bedingter Entlassung allenfalls um einen Schreibfehler (April 1982 statt April 1983 ? Vgl. die Modifizierung des Strafantrages, ON 1, S 1 b verso der Akten U 268/84 des Bezirksgerichtes Wolkersdorf) handelte.

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