OGH 12Os140/06i

OGH12Os140/06i25.1.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Jänner 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Hinterleitner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Robert Pf***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Wr. Neustadt vom 27. September 2006, GZ 37 Hv 55/06d-73, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Robert Pf***** im zweiten Rechtsgang des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 25. Juni 2005 in Bad Vöslau Petra H***** getötet, indem er mit einer scharf geladenen Pistole der Marke FEG RK.59 Kal 9 Makarov einen gezielten Schuss auf ihren Rumpf abfeuerte, sodass sie infolge eines Bauchschusses mit Eröffnung der linken großen Beinschlagader verblutete.

Die Geschworenen hatten die anklagekonform gestellte Hauptfrage nach den Verbrechen des Mordes bejaht; die für den Fall von deren Verneinung gestellte Eventualfrage nach dem Verbrechen des Totschlages blieb demgemäß unbeantwortet.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil gerichtete, auf § 345 Abs 1 Z 4, 6, 8 und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Die Verfahrensrüge (Z 4) moniert, aus dem Hauptverhandlungsprotokoll sei nicht nachvollziehbar, welche der Geschworenen bereits in einem anderen Verfahren vereidigt worden waren und welche im vorliegenden Verfahren vom Vorsitzenden neu beeidet wurden. Damit sei aus dem Protokoll nicht zu entnehmen, „ob der Beeidigungsvorschrift des § 305 StPO entsprochen wurde".

Gemäß § 305 Abs 1 StPO steht nur das Unterbleiben der Beeidigung eines Laienrichters unter Nichtigkeitssanktion, nicht aber eine fehlerhafte Beurkundung (Philipp, WK-StPO § 305 Rz 3; Mayerhofer StPO5 § 305 E 2). Dass ein Geschworener nicht beeidet wurde, wird in der Beschwerde nicht einmal vorgebracht. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund liegt daher nicht vor.

Die Fragenrüge (Z 6) behauptet ein „totales Blackout" des Angeklagten im Tatzeitpunkt. Aufgrund seiner Verantwortung, er habe im Tatzeitpunkt abgeschaltet, er habe nichts gesagt, nichts geglaubt und auch nichts gedacht, er habe nichts gehört, er hätte die Tat nicht begangen, wenn er etwas gedacht hätte, die Situation habe er als nicht real bzw als nicht greifbar empfunden, er sei nicht realitätsbewusst gewesen, wäre eine Zusatzfrage nach § 11 StGB indiziert gewesen. Die Beschwerde legt aber nicht dar, warum sich aus den zitierten, aus dem Zusammenhang gelösten Teilen der Verantwortung ergeben sollte, dass beim Beschwerdeführer im Tatzeitpunkt eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung oder eine andere schwere, diesem Zustand gleichwertige seelische Störung vorlag, welche ihn unfähig machte, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder dieser Einsicht nach zu handeln. Darüber hinaus missachtet das Rechtsmittel sämtliche andere Beweisergebnisse, insbesondere das Gutachten der Sachverständigen Dr. Sigrun R*****, welche das Vorliegen der Voraussetzungen des § 11 StGB ausdrücklich ausgeschlossen hatte (S 105 ff/IV). Damit orientiert sich die Beschwerde aber nicht am Gesetz (vgl Schindler, WK-StPO § 313 Rz 14f; zuletzt 12 Os 12/06s). Da eine Rechtsbelehrung an die Geschworenen nur zu gestellten Fragen zu erteilen ist (Fabrizy StPO9 § 345 Rz 12; RIS-Justiz RS0101085), bewirkt das Fehlen einer Belehrung über die Voraussetzungen des § 11 StGB weder eine Unvollständigkeit noch eine Unrichtigkeit der Instruktion (Z 8).

Entgegen der Tatsachenrüge (Z 10a) ergeben sich aus den in der Fragenrüge zitierten Teilen der Einlassung des Rechtsmittelwerbers auch keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen, zumal das Vorbringen neuerlich sämtliche anderen Beweisergebnisse über das zielgerichtete, erfolgsorientierte Vorgehen und das Verhalten nach der Tat ebenso außer Acht lässt wie die Ergebnisse des Gutachtens aus dem Fachgebiet der Psychiatrie.

Soweit die Beschwerde hiezu auch einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitsforschung geltend macht, legt sie nicht dar, wodurch der Angeklagte oder sein Verteidiger an der Ausübung ihres Rechtes, Beweisaufnahmen in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert waren und daher hätten belehrt werden müssen, um so die Ermittlung der Wahrheit zu fördern (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d, 344 StPO).

Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte