European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00136.16S.0713.000
Spruch:
Im Verfahren 12 Os 136/16s, 137/16p wird die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über den vom Obersten Gerichtshof am 23. Jänner 2017 zu 13 Os 49/16d gestellten Antrag auf Vorabentscheidung abgewartet.
Gründe:
Mit Beschluss vom 15. Februar 2012, GZ 8 HR 35/12d‑4 des Landesgerichts Klagenfurt, wurde Mihael K***** in dem aufgrund eines Rechtshilfeersuchens des US‑Department of Justice vom 26. Jänner 2012 geführten Verfahren über Antrag der Staatsanwaltschaft Klagenfurt verboten, die ihm gehörige Liegenschaft EZ ***** GB ***** zu veräußern und/oder zu belasten. Diese Maßnahme wurde vorerst bis 15. Februar 2015 befristet und in der Folge bis 15. Februar 2016 verlängert (ON 14).
Dem vorliegenden Rechtshilfeersuchen liegt eine in den Vereinigten Staaten von Amerika erhobene Anklage wegen der – in einem Tatzeitraum von etwa 2000 bis zumindest 2008 – begangenen Verschwörung zur Geldwäsche, der Verschwörung zum Vertrieb anaboler Steroide und der Verschwörung zum Import von anabolen Steroiden in die Vereinigten Staaten und eine einstweilige Verfügung des Bezirksgerichts der Vereinigten Staaten für den Bezirk des Bundesstaats Massachusetts vom 27. Oktober 2010 zugrunde, der zufolge die Erhaltung der Verfügbarkeit des genannten Grundstücks des Mihael K***** gesichert werden soll, um im Fall einer Verurteilung samt erklärter Einziehung jeglichen Eigentums, das aus Erlösen der Straftaten stammt, die Vollstreckung zu ermöglichen (vgl im Einzelnen ON 4 S 2 bis 9).
Mit Beschluss vom 8. Februar 2016 (ON 20) hat das Rechtshilfegericht Mihael K***** gemäß § 115 Abs 4 (§ 109 Abs 2 lit b) iVm Abs 1 Z 3 StPO unter sinngemäßer Anwendung des § 379 EO weiterhin verboten, die in Rede stehende Liegenschaft zu veräußern und/oder zu belasten. Die Wirksamkeit dieser Maßnahme wurde – beruhend auf den Grundsätzen des § 58 ARHG (vgl ON 20 S 3) – bis 15. Februar 2017 befristet.
Der dagegen gerichteten Beschwerde des Mihael K***** gab das Oberlandesgericht Graz mit Beschluss vom 14. Juli 2016, AZ 9 Bs 82/16a (ON 29), nicht Folge. Deren Vorbringen, wonach aus dem Akt AZ 8 HR 35/12d des Landesgerichts Klagenfurt kein Ersuchen der US‑Behörden gemäß § 58 ARHG um Verlängerung der Maßnahme ersichtlich sei, habe zwar insofern zugetroffen als sich ein solches nicht im Akt befunden habe. Aus einem vom Rechtsmittelgericht beigeschafften E‑Mail des Justizministeriums der USA, Kriminalabteilung, Büro für internationale Angelegenheiten, vom 13. November 2015 an das Bundesministerium für Justiz in Österreich, Abteilung für internationale Strafsachen, ergebe sich jedoch eindeutig und ausreichend, dass die um Rechtshilfe ersuchende Behörde eine Verlängerung der Maßnahme bewirken wollte. Da im ARHG besondere Formvorschriften in Bezug auf die Erwirkung der Verlängerung einer ursprünglich formgerecht beantragten und bewilligten Rechtshilfemaßnahme nicht bestünden, sei auch dessen Form nicht zu beanstanden (BS 3).
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich der auf § 363a Abs 1 StPO per analogiam gestützte Antrag des Mihael K***** auf Erneuerung des Strafverfahrens, der eine Verletzung der Art 3 und 6 EMRK bzw Art 48 GRC behauptet.
Im Verfahren 13 Os 49/16d hat der verstärkte Senat des Obersten Gerichtshofs mit Beschluss vom 23. Jänner 2017 ein Ersuchen um Vorabentscheidung an den EuGH gerichtet. Die in diesem Ersuchen gestellte Rechtsfrage, ob das Unionsrecht dahin auszulegen ist, dass es den Obersten Gerichtshof verpflichtet, über Antrag eines Betroffenen die Überprüfung einer rechtskräftigen Entscheidung eines Strafgerichts hinsichtlich behaupteter Verletzung von Unionsrecht vorzunehmen, wenn das nationale Recht (§ 363a StPO) eine solche Überprüfung nur hinsichtlich behaupteter Verletzung der EMRK oder eines ihrer Zusatzprotokolle vorsieht, ist entscheidungsrelevante Vorfrage für das gegenständliche Verfahren, in dem der Erneuerungswerber seinen Antrag (auch) auf Art 48 GRC stützt.
Da der Oberste Gerichtshof auch in Rechtssachen, in denen er nicht unmittelbar Anlassfallgericht ist, von einer allgemeinen Wirkung der Vorabentscheidung des EuGH auszugehen und diese auch für andere als die unmittelbaren Anlassfälle anzuwenden hat, ist im vorliegenden Verfahren aus prozessökonomischen Gründen die Entscheidung des EuGH zu 13 Os 49/16d abzuwarten ( http://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&GZ=4Ob92/14d&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True gl RIS‑Justiz RS0110583).
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