Spruch:
Beiden Nichtigkeitsbeschwerden wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird das Hauptzollamt Linz auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann Ka***** des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG schuldig erkannt. Demnach hat er in Wien und an anderen Orten "als Geschäftsführer der Firma Ka***** GmbH mit dem Vorsatz, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in insgesamt 164 Angriffen in der Zeit vom 7.August 1987 bis 24.August 1992 vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht durch Nicht- bzw falsche Deklarierung von Obst und Gemüse, sohin (dadurch, daß er) eingangsabgabepflichtige Waren im Ausmaß von 1,517.170,50 kg verschiedenster Sorten von Obst und Gemüse importiert oder nach Österreich gebracht (hat), bewirkt, daß Eingangsabgaben um insgesamt 755.965,80 S nicht bzw zu niedrig festgesetzt wurden".
Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte als "alleinverantwortlicher Geschäftsführer" der Firma Ka***** GmbH in der Zeit von August 1987 bis August 1992 im Zuge des Imports von Obst und Gemüse nach Österreich im Einvernehmen mit ausländischen Lieferanten die importierten Waren "unterfakturiert bzw falsch deklariert". Mit diesem Verhalten bezweckte er, daß die Eingangsabgaben niedriger festgesetzt und solcherart dem Staat zustehende Eingangsabgaben nicht abgeführt werden sollten. Das dolose Verhalten des Angeklagten bewirkte, daß für die unrichtig deklarierten Waren tatsächlich lediglich Eingangsabgaben in der Höhe von 1,714.469,27 S bezahlt wurden, während bei richtiger Deklarierung der Waren an (Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Außenhandelsförderungsbeitrag, somit) Eingangsabgaben insgesamt 2,470.435 S zu entrichten gewesen wäre. Der daraus resultierende Differenzbetrag von 755.965,80 S wurde vom Erstgericht als strafbestimmender Wertbetrag angenommen (US 5, 6).
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpfen sowohl der Angeklagte als auch das Hauptzollamt Linz mit Nichtigkeitsbeschwerden, mit denen der Angeklagte die Gründe nach Z 5, 5 a und 10, die Finanzstrafbehörde jene der Z 4, 5, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO geltend macht.
Zunächst ist der Beschwerde des Angeklagten schon insoweit beizupflichten, als sie - formell aus den Z 5 und 10, der Sache nach damit aber ausschließlich einen Feststellungsmangel im Sinn des zuletzt bezeichneten Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 StPO relevierend - einwendet, das Gericht habe in Ansehung der dem Beschwerdeführer angelasteten gewerbsmäßigen Begehung des in Rede stehenden Finanzvergehens keine zureichenden Feststellungen getroffen. Denn das angefochtene Urteil enthält keine hinreichenden Konstatierungen dahin, daß der Angeklagte die Tathandlungen in der (vorgefaßten) Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) begangen hat, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, wie dies die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung voraussetzt. Das Erstgericht führt im Urteilsspruch insoweit ein Handeln des Angeklagten mit (bloßem) "Vorsatz" an. Da die ersichtlich davon ausgehenden Annahmen des Erstgerichtes im wesentlichen auf die geständige Verantwortung des Angeklagten im Zusammenhalt mit den übrigen Beweismitteln gestützt werden (US 5), wiewohl sich der Angeklagte - insoweit nicht im Widerspruch zur Aussage des als Zeugen vernommenen Oberrates des Hauptzollamtes Linz Dr.Ko***** (S 14 f/II) - stets dahin verantwortete (S 159/I, 7/II), daß bei den ihm angelasteten Tathandlungen ausschließlich das Ziel verfolgt worden sei, die damals bestandenen Einfuhrbeschränkungen durch Kontingentierung des Imports bestimmter Obst- und Gemüsesorten zwecks Erhaltung der Lieferfähigkeit gegenüber Großmarktketten zu umgehen, reicht die erst in die rechtliche Beurteilung aufgenommene Wiedergabe des Gesetzestextes des § 70 StGB für eine abschließende Beurteilung in Ansehung der für gewerbsmäßige Tatbegehung nach § 38 Abs 1 lit a FinStrG entscheidenden Annahme, ob es dem Angeklagten bei seinem Tatverhalten (subjektiv) auf einen derartigen Effekt (einer fortlaufenden Einnahmequelle) auch geradezu ankam, nicht aus. Die Formulierung in den Urteilsgründen (US 5), das Verhalten des Angeklagten zeige, "daß - bisher - Verfolgungshandlungen nicht in ausreichender Zahl aufgenommen wurden und die verhängten Finanzstrafen zu niedrig waren, um eine generalpräventive Wirkung zu entfalten", ist übrigens in diesem Zusammenhang nicht ohne weiteres verständlich.
Hinzu kommt, daß Gewerbsmäßigkeit die Absicht des Täters verlangt, durch die wiederkehrende Tatbegehung sich selbst fortlaufende Einnahmen zu verschaffen, wobei der ihm zugekommene Vorteil eine unmittelbare wirtschaftliche Folge der Tat sein muß. Der Geschäftsführer einer GmbH, der mit der Absicht handelt, ein (im § 38 Abs 1 lit a FinStrG genanntes) Finanzvergehen fortgesetzt zum Vorteil dieser Gesellschaft zu begehen, handelt demzufolge nur dann gewerbsmäßig, wenn er selbst an der Gesellschaft beteiligt ist oder aber als (an der Gesellschaft nicht beteiligter) Geschäftsführer (auch) Zuwendungen wie etwa Provisionen, Verkaufsprämien, Gehaltserhöhungen, Umsatz- oder Gewinnbeteiligungen oder sonstige Gratifikationen erhält (vgl 15 Os 113/94; Dorazil/Harbich FinStrG § 38 E 5 a und 16). Insoweit kann aber dem angefochtenen Urteil lediglich entnommen werden, daß der Angeklagte alleinverantwortlicher Geschäftsführer der in Wien etablierten Firma Ka***** GmbH ist; dies gibt keinen Aufschluß darüber, ob im aktuellen Tatzeitraum auch diese für die Annahme gewerbsmäßiger Delinquenz gleichfalls erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind.
Im Recht ist aber auch die Nichtigkeitsbeschwerde der Finanzstrafbehörde, wenn sie im Rahmen der Mängel- und Qualifikationsrüge ins Treffen führt, das Erstgericht habe den Angeklagten nominell zwar des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG schuldig erkannt, andererseits aber im Urteilstenor und in den Entscheidungsgründen in tatsachenmäßiger Beziehung auch Tatbestandselemente der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben nach §§ 35 Abs 2, 38 Abs 1 lit a FinStrG festgestellt und sei solcherart zu einer dem Tatbestand gewerbsmäßigen Schmuggels widersprechenden (zu niedrigen) Festsetzung des strafbestimmenden Wertbetrages gelangt.
Vorliegend enthält bereits der Urteilsspruch sowohl Tatbestandsmerkmale des Schmuggels (§ 35 Abs 1) als auch der Eingangsabgabenhinterziehung (§ 35 Abs 2). Dies setzt sich in den Urteilsgründen, mit der (nur für den gegenüber Schmuggel subsidiären Tatbestand der Eingangsabgabenhinterziehung relevanten) Formulierung fort, wonach der Angeklagte mit seinem Verhalten bezweckte, daß die Eingangsabgaben niedriger festgesetzt und auf diesem Weg dem Staat zustehende Eingangsabgaben nicht abgeführt werden. Hinzu kommt, daß unter dem vom Erstgericht ua verwendeten Begriff "unterfakturiert" im allgemeinen wohl eine unrichtige, nämlich zu niedrige Bewertung einer den Zollbehörden tatsächlich gestellten Ware zu verstehen ist.
Die Differenzierung zwischen den beiden zuvor bezeichneten Finanzvergehen ist deshalb von entscheidender Bedeutung, weil nach dem Wortlaut des § 35 Abs 1 FinStrG (in der zur Tatzeit geltenden Fassung) der Vorsatz beim Schmuggel keineswegs (auch) auf die Hinterziehung von Eingangsabgaben gerichtet sein muß; es genügt vielmehr, daß der Vorsatz des Täters auf die Verletzung seiner Stellungs- und Erklärungspflicht sowie darauf abzielt, daß die Ware dem Zollverfahren entzogen wird. Demgegenüber ist für den Tatbestand der Eingangsabgabenhinterziehung in subjektiver Hinsicht erforderlich, daß der Vorsatz des Täters auf die Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht und auf die dadurch bewirkte Abgabenverkürzung gerichtet war.
Das Finanzvergehen der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben nach § 35 Abs 2 FinStrG stellt zudem kraft ausdrücklicher Subsidiarität ein Auffangdelikt dar. Wenn demnach das Tatobjekt (gleichzeitig) dem Zollverfahren entzogen wird, kommt nur Strafbarkeit nach § 35 Abs 1 FinStrG in Betracht. Eine Prüfung in Richtung des Finanzvergehens nach § 35 Abs 2 FinStrG hat dann zu erfolgen, wenn die Ware zwar gestellt und hinsichtlich Art und Menge wahrheitsgemäß und vollständig erklärt wird, aber hinsichtlich des Wertes falsche Angaben gemacht werden.
Vorliegend ist demnach die Klärung der Frage, ob das Tatverhalten des Angeklagten dem Tatbestand des Schmuggels oder - bei allenfalls teilweiser richtiger Stellung der Ware mit bloß falscher Wertangabe insoweit - dem Tatbestand der Hinterziehung von Eingangsabgaben nach § 35 Abs 2 FinStrG zu unterstellen ist, abgesehen von der Beurteilung der Qualifikation nach § 38 Abs 1 lit a FinStrG, insbesondere für die Ermittlung des strafbestimmenden Wertbetrages als Faktor der rein objektiv determinierten Strafobergrenze für die angedrohte Geldstrafe (§§ 35 Abs 4 bzw 38 Abs 1 FinStrG) von Bedeutung (EvBl 1987/128; Dorazil/Harbich § 53 E 19 a, 20, 20 a).
Demgemäß war das angefochtene Urteil, ohne daß auf die weiteren Beschwerdeausführungen eingegangen werden muß, teils in Stattgebung der vom Angeklagten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde, teils in Stattgebung jener der Finanzstrafbehörde zur Gänze aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Mit seiner - im übrigen (insbesondere hinsichtlich der Abstandnahme vom Ausspruch einer Wertersatzstrafe) wesentliche Komponenten der hier exzeptionellen Fallgestaltung vernachlässigenden - Berufung war das Hauptzollamt Linz auf diese Entscheidung zu verweisen.
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