OGH 12Os131/81

OGH12Os131/8124.9.1981

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.September 1981

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Steininger, Dr. Friedrich und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Oberhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Konrad (Adolf) A wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 9.Juni 1981, GZ. 26 Vr 398/81-60, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Wukowitz, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird keine Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19.April 1941 geborene, beschränkt entmündigte und beschäftigungslose Konrad (Adolf) A des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z. 4 und 129 Z. 1 StGB. sowie des Vergehens der versuchten Täuschung nach §§ 15, 108 StGB. schuldig erkannt.

Ihm liegt zur Last, in Innsbruck I) am 11.Juli 1980 dem Hermann B dessen PKW.

Marke Chevrolet, Baujahr 1977, mit einem Zeitwert von mindestens 70.000 S durch Aufbrechen mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

II) am 9.Juli 1980 versucht zu haben, der Republik Österreich in ihrem Recht auf Ausschließung nicht zum Verkehr zugelassener Fahrzeuge vom öffentlichen Straßenverkehr dadurch absichtlich Schaden zuzufügen, daß er durch Aufmontieren einer von ihm aus Karton nachgemachten Kennzeichentafel auf seinem nicht zum Verkehr zugelassenen PKW. Marke VW und Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr mit diesem Fahrzeug Straßenaufsichtsorgane zur Unterlassung einer Kontrolle zu verleiten suchte.

Hiefür wurde Konrad A nach § 129 StGB. unter Anwendung des § 28 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten verurteilt. Gleichzeitig wurde er gemäß § 21 Abs 2 StGB. in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Die Anordnung der Anstaltsunterbringung bekämpft der Angeklagte mit seiner auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 4, 5 und 11 des § 281 Abs 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; außerdem hat er Berufung wegen zu hohen Strafausmaßes erhoben.

Als Verfahrensmangel im Sinne des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes rügt der Beschwerdeführer die Abweisung des in der Hauptverhandlung von seinem Verteidiger gestellten Antrages auf Einholung eines weiteren (psychiatrischen) Sachverständigengutachtens, durch welches bewiesen werden sollte, daß die Anlaßtat - nämlich der Gegenstand des Punktes I des Schuldspruches bildende, nach den §§ 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB. qualifizierte und sohin mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohte Fahrzeugdiebstahl - nicht unter dem Einfluß einer höhergradigen geistigen oder seelischen Abartigkeit begangen worden sei, weil der vom Erstgericht beigezogene Sachverständige Univ.-Prof. Dr. Heinz C im wesentlichen nur nach der Aktenlage ohne über die Anlaßtat weitere Auskünfte geben zu können und nach lediglich kurzer Untersuchung sein Gutachten erstattet habe, nach so kurzer Untersuchung aber eine so gewichtige Frage nicht hinreichend geklärt werden könne (ON. 59, Seite 312 d.A.). Diesen Beweisantrag hat das Erstgericht mit der Begründung abgelehnt, daß keine Gründe nach § 125 f. StPO. für die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen gegeben seien (ON. 59, Seite 313 d.A.). Dagegen wendet der Beschwerdeführer ein, im Verfahren sei nicht hervorgekommen und auch der Sachverständige Univ.-Prof. Dr. C habe in seinem Gutachten keinen entsprechenden Hinweis darauf gegeben, daß die Anlaßtat unter dem Einfluß einer höhergradigen geistigen oder seelischen Abartigkeit begangen worden ist.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge hält einer Überprüfung nicht stand. Schon aus dem in der Hauptverhandlung rekapitulierten schriftlichen Gutachten ON. 46 ergibt sich, daß die beim Angeklagten bestehende Debilität mittleren Grades zufolge angeborenen Schwachsinns mit seiner asozialen Psychopathie eine Verbindung eingegangen und auch weiterhin unter dem Einfluß seiner geistigen und seelischen Abartigkeit von höherem Grad zu befürchten ist, daß der Angeklagte mit Strafe bedrohte Handlungen mit schweren Folgen begehen werde (Seiten 227 ff. und 310 d.A.). Auf Befragen des Verteidigers hat der Sachverständige dieses Gutachten in der Hauptverhandlung noch dahin erläutert, daß er aus der Anlaßtat allein nicht sagen könne, daß diese unter dem Einfluß der psychopathischen Struktur des Angeklagten geschah, wohl aber aus dem Längsschnitt, aus der gesamten Entwicklung des Angeklagten, wie sie sich auch aus den Akten rekonstruieren läßt, und in Verbindung mit den eigenen Untersuchungsergebnissen (ON. 59, Seiten 311-312 d.A.). Damit hat der Sachverständige aber unmißverständlich klargestellt, daß auch die Anlaßtat unter dem Einfluß der als geistige und seelische Abartigkeit von höherem Grad zu beurteilenden psychopathischen Struktur des Angeklagten begangen worden ist. Die Behauptung des Angeklagten, der Sachverständige Univ.-Prof. Dr. C habe höchstens fünf Minuten lang mit ihm gesprochen, wurde vom Erstgericht mit überzeugender Begründung zurückgewiesen (Seiten 310- 311 und 324-325 d.A.).

Durch die Ablehnung des Beweisantrages sind daher Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt worden. Als unbegründet erweist sich auch die Rüge, es fehle an Feststellungen, daß die Anlaßtat unter dem Einfluß einer höhergradigen geistigen oder seelischen Abartigkeit begangen worden ist, womit allerdings der Sache nach kein Begründungsmangel im Sinne der Z. 5, sondern ein (materiellrechtlicher) Feststellungsmangel im Sinne der Z. 11 des § 281 Abs 1 StPO. geltend gemacht wird. Denn das Erstgericht hat das von ihm für mängelfrei erachtete Gutachten des Sachverständigen Univ.-Prof.

Dr. Heinz C (Seite 327 d.A.) der Sachverhaltsfeststellung zugrundegelegt und aus dem Inhalt dieses in den Entscheidungsgründen in den wesentlichen Punkten wiedergegebenen Gutachtens ergibt sich der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider auch, daß die Anlaßtat unter dem Einfluß einer geistigen und seelischen Abartigkeit des Angeklagten von höherem Grad begangen worden ist.

In seiner auf den Nichthgkeitsgrund der Z. 11 des § 281 Abs 1 StPO. gestützten Rechtsrüge macht der Beschwerdeführer geltend, daß es sich bei der Anlaßtat um keine Tat mit schweren Folgen gehandelt habe und auch für die Zukunft nicht zu befürchten sei, daß der Angeklagte Straftaten mit schweren Schäden herbeiführen werde. Damit wird jedoch vom Beschwerdeführer der angerufene Nichtigkeitsgrund nicht dargetan, weil das Gesetz als Voraussetzung für eine Anlaßtat im Sinne des § 21 StGB. nur normiert, daß es sich um eine mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohte Tat handeln muß, was auf den vom Punkt I des Schuldspruchs erfaßten Diebstahl jedenfalls zutrifft, und eine Anfechtung der Gefährlichkeitsprognose, zu der auch die Beantwortung der Frage gehört, was (in rechtlicher Hinsicht) eine strafbedrohte Handlung 'mit schweren Folgen' ist, nur mit Berufung erfolgen kann (vgl. ÖJZ-LSK 1976/275). Auf das bezügliche Vorbringen wird noch bei der Behandlung der vom Angeklagten erhobenen Berufung einzugehen sein. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Konrad A war daher zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die vielen Vorstrafen und das Vorliegen des Rückfalls, mildernd das weitgehende Geständnis, daß beim Verbrechen des schweren Diebstahls eine teilweise Schadensgutmachung vorliegt, und daß es beim Vergehen der versuchten Täuschung beim Versuch geblieben ist, ferner die erheblich verminderte Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten. Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe.

Er meint, daß mit Rücksicht darauf, daß die Tür des gestohlenen PKWs offenstand, seine Tat nicht so schwer wiege.

Mit dieser Behauptung setzt sich der Berufungswerber jedoch über die Feststellung des Schöffengerichtes hinweg, daß der Angeklagte den versperrten PKW. aufgebrochen hat.

Im übrigen hat das Erstgericht die Strafbemessungsgründe richtig festgestellt und gewertet. Zu einer Herabsetzung der Freiheitsstrafe besteht mit Rücksicht auf das Vorleben des Angeklagten kein Anlaß. Wie bereits zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 11 StPO. ausgeführt, ist das diesbezügliche Vorbringen des Angeklagten, mit dem er die Gefährlichkeitsprognose bestreitet, inhaltlich als Berufung zu werten. Der rund 20 mal vorbestrafte Angeklagte hat bereits zahlreiche qualifizierte Diebstähle mit zum Teil hohen Schadensbeträgen (von ihm bevorzugte Diebstahlsobjekte sind Personenkraftwagen der Mittelklasse) begangen. Er ist trotz Verbüßung längerer Freiheitsstrafen immer wieder rückfällig geworden. Es ist somit die Befürchtung gerechtfertigt, daß er auch in Zukunft strafbare Handlungen gegen das Eigentum begehen werde, die sowohl für den betroffenen Einzelnen als auch für die Gesellschaft im ganzen schwerwiegende Nachteile nach sich bringen werden (zur Gefährlichkeitsprognose und zum Begriff einer Tat mit schweren Folgen siehe Leukauf-Steininger2, RN. 12 bis 15 zu § 21 StGB.). Das Schöffengericht hat daher mit Recht die Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB. angeordnet.

Es war somit auch der Berufung ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

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