OGH 12Os131/21p

OGH12Os131/21p13.12.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Kontr. Fleischhacker in der Strafsache gegen H***** S***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall und Abs 2 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 30. Juli 2021, GZ 16 Hv 64/21s‑78, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0120OS00131.21P.1213.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde ***** S***** eines (vgl aber RIS‑Justiz RS0130302) Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall und Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 28. März 2021 in G***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit fünf weiteren, bislang nicht ausgeforschten Tätern (§ 12 StGB) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung von Waffen E***** M***** und R***** M***** fremde bewegliche Sachen, nämlich Wertgegenstände und Bargeld wegzunehmen und abzunötigen versucht, indem sie diese umzingelten, ***** S***** eine Schreckschusspistole an den Kopf des E***** M***** ansetzte und zweimal sagte „Holt alles raus, was ihr habt, Geld, teure Sachen, einfach alles!“, und, nachdem E***** M***** dem ***** S***** die Schreckschusspistole aus der Hand geschlagen hatte, alle Mittäter den Brüdern M***** Tritte und Schläge gegen den Kopf und Körper versetzten, sie würgten und ein Täter E***** M***** mit einem Springmesser einen Stich in den linken Brustkorb versetzte, wodurch dieser eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich einen Hämatothorax links erlitt, und die Täter im Anschluss ohne Beute flüchteten.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Dem Beschwerdevorbringen (Z 5 vierter Fall) zuwider sind die Annahmen zur subjektiven Tatseite (US 5) – auch in Ansehung des festgestellten bedingten Vorsatzes betreffend die Zufügung einer schweren Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB; siehe dazu Eder/Rieder in WK2 StGB § 143 Rz 26) – keineswegs begründungslos geblieben. Vielmehr haben die Tatrichter die bekämpften Feststellungen unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit mängelfrei aus dem äußeren Geschehen abgeleitet (US 13; RIS‑Justiz RS0116882).

[5] Der formelle Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt – wird dadurch nicht eröffnet (RIS‑Justiz RS0119583).

[6] Diesen Anfechtungsrahmen verkennt die Tatsachenrüge (Z 5a), die sich mit eigenständigen Beweiswerterwägungen zu den – vom Schöffensenat jeweils ausdrücklich erörterten – Aussagen der Zeugen ***** Se*****, ***** R***** (vgl US 9 f) und ***** R***** (vgl US 10 f) sowie dem Umstand, dass bei der Hausdurchsuchung keine Tatwerkzeuge vorgefunden werden konnten (vgl US 9), bloß in einem Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung erschöpft.

[7] Die Subsumtionsrüge (Z 10) wendet sich gegen die Annahme der Qualifikation des § 143 Abs 2 erster Fall StGB. Sie orientiert sich jedoch prozessordnungswidrig (RIS‑Justiz RS0099724) nicht an den tatrichterlichen Feststellungen, wonach es der Beschwerdeführer – in Kenntnis der Verwendung eines Springmessers zur Verübung der Tat – ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass ein Stich mit dem Messer in den Brustbereich eine schwere Körperverletzung oder sogar eine lebensgefährliche Körperverletzung des Opfers verursachen könne (US 13).

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[9] Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[10] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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