Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Dr. Frank Attila B***** wurde der Verbrechen des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB aF (1.) und der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB aF (2.) schuldig erkannt.
Demnach hat er von 1996 bis Anfang 1998 in Wien und Wiesen wiederholt
1. mit der am 16. April 1989 geborenen Christina H***** und der am 7. Juni 1990 geborenen Stephanie H*****, sohin mit unmündigen Personen, den außerehelichen Beischlaf unternommen; sowie
2. unmündige Personen auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, indem er die genannten Mädchen an der Scheide abgriff und Christina H***** veranlaßte, sein Glied in die Hand zu nehmen und einen Handverkehr durchzuführen.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Angeklagten dagegen aus § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 5a und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.
Dem Beschwerdevorbringen (Z 3) zuwider wurde die Videokassette mit der kontradiktorischen Vernehmung der Zeuginnen Christina und Stephanie H***** in der Hauptverhandlung einverständlich vorgeführt (S 243) und - in diesem Zusammenhang daher gleichfalls einverständlich - das bezügliche Beweistagsatzungsprotokoll (ON 9) sowie die darin wiederholten Angaben der Kinder vor der Bundespolizeidirektion Wien (S 67 ff, 75 ff) - zulässig (14 Os 129/98) - verlesen (§ 252 Abs 1 Z 4 StPO).
Die Verfahrensrüge (Z 4) verfehlt mit der Behauptung nicht rechtzeitiger Zustellung der begehrten Abschrift des Hauptverhandlungsprotokolles ihr Ziel, kann doch mit diesem Nichtigkeitsgrund nur ein schon während der Hauptverhandlung gestellter und nicht im Sinne des Antragstellers erledigter Antrag gerügt werden. Im übrigen haben der Angeklagte und sein Verteidiger keinen Rechtsanspruch auf Zustellung einer Abschrift des Hauptverhandlungsprotokolles. Es steht ihnen bloß frei, in das abgeschlossene Protokoll und dessen Beilagen Einsicht und von ihnen Abschrift zu nehmen (Mayerhofer StPO4 § 271 E 28a).
Mit im Urteil nachgeholter zutreffender Begründung hat das Schöffengericht den Antrag auf Einholung eines gynäkologischen Gutachtens betreffend Stephanie H***** zum Beweis dafür, daß der Angeklagte niemals auch nur zum Teil mit seinem Glied in die Scheide des Mädchens eingedrungen sei (S 337 f), abgewiesen, wurde doch weder ein Samenerguß des Angeklagten noch Verletzungen im Genitalbereich des Mädchens konstatiert (US 7) und von den Angaben des Kindes ausgegangen, daß es zu keiner Penetration gekommen war (US 17).
Mit Recht haben die Tatrichter auch den Antrag des Beschwerdeführers auf Einvernahme der Zeugen Erich und Christine K***** zum Beweis dafür, daß die beiden minderjährigen Kinder während ihrer Aufenthalte bei den Großeltern stets einen Pyjama trugen und die Türen im Haus immer einen Spalt offenstehen (S 201 f, 337), abgewiesen. Die Verhältnisse bei den Großeltern der Kinder wurden nämlich ohnehin im Sinne des Vorbringens im Beweisantrag angenommen und davon ausgehend deren Einvernahme, zumal sie nicht Tatzeugen waren, zutreffend für obsolet erachtet (US 16).
Der Antrag auf Einholung eines weiteren kinderpsychologischen bzw -psychiatrischen Gutachtens zum Beweis dafür, daß die Kinder ihre Anschuldigungen lediglich auf Grund von Eifersucht und von ihnen empfundener mangelnder Zuneigung erhoben (S 338), verabsäumt es, Mängel des vom Erstgericht als schlüssig erachteten Gutachtens des Sachverständigen Univ.Prof. Dr. Max F***** im Sinne der §§ 125 f StPO aufzuzeigen und verfiel daher ebenso zutreffend der Abweisung wie jener auf Einholung eines psychiatrischen bzw psychologischen Gutachtens über das Fehlen pädophiler Neigungen des Angeklagten (S 338), dem deshalb keine Relevanz für die Lösung der Schuldfrage beizumessen ist, weil auch ohne vorhandene Devianz des Sexualtriebes derartige Übergriffe nicht auszuschließen sind.
Die Mängelrüge (Z 5) wiederholt vorerst die Bedenken gegen die Verlesung der Aussagen der Zeuginnen Christina und Stephanie H***** und übergeht somit deren schon oben dargestellte zulässige Einführung in die Hauptverhandlung.
Der weitere Einwand, wonach das Erstgericht die Angaben der Zeugin Gabriele H*****, sie habe keine der dem Angeklagten vorgeworfenen Handlungen beobachten können, ungewürdigt gelassen habe, läßt eine Konkretisierung dahingehend vermissen, inwieweit diese Aussage wegen allfälligen Widerspruchs zu sonstigen Beweisergebnissen einer über ihre (auch als Grundlage für die Sachverhaltsfeststellung herangezogene) Erwähnung (US 4) hinausgehenden detaillierteren Erörterung bedurft hätte. Die beiden Belastungszeuginnen Christina und Stephanie H***** gaben im wesentlichen übereinstimmend an, daß ihre Mutter Gabriele H***** die dem Angeklagten vorgeworfenen sexuellen Mißbrauchshandlungen gerade nicht gesehen hat (S 71, 79), obwohl sie die Anwesenheit der nackten Kinder beim ebenfalls unbekleidet im Bett liegenden Angeklagten sehr wohl mitverfolgen konnte. Dies deckt sich mit den Angaben der Gabriele H***** in der Hauptverhandlung (S 259 ff), sodaß das Erstgericht im Sinne einer gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO gebotenen gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe nicht zu einer insoweit gesonderten Würdigung verhalten war. Aus der sonst sehr ausführlichen Erörterung der Verfahrensergebnisse in Verbindung mit der Begründung des gerügten Zwischenerkenntnisses erhellt unmißverständlich, daß die Tatrichter dem angestrebten "Ausschlußbeweis" keine Relevanz zuerkannten, weil von selbst einsichtige oder sonst plausible Anhaltspunkte dafür, daß Gabriele H***** allfällige sexuelle Handlungen des Angeklagten an den Kindern aus besonderen Gründen hätte durchgehend beobachten können, weder vorlagen noch vorgebracht wurden.
Nach Prüfung des Beschwerdevorbringens anhand der Akten ergeben sich auch keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen (Z 5a). Die Tatrichter setzten sich mit den Aussagen der beiden Kinder - auch zu früheren Erlebnissen mit dem leiblichen Vater - eingehend auseinander, erwogen die Möglichkeit einer suggestiven Beeinflussung und kamen in Mitabwägung der teils unterschiedlichen Darstellungen des Geschehens durch die Kinder und des Wunsches der Stephanie H*****, in die Obsorge ihres Vaters zu kommen (US 7), unter Berücksichtigung des Gutachtens des Sachverständigen Univ.Prof. Dr. F***** zu der demzufolge nachvollziehbaren Überzeugung vom Vorliegen einer für den Schuldspruch tragfähigen Grundlage (US 11 ff).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt eine prozeßordnungsgemäße Darstellung, weil sie mit der Reklamation nicht ausreichender Feststellungen zur subjektiven Tatseite des § 207 Abs 1 dritter Fall StGB aF die §§ 207 Abs 1 erster Fall StGB aF unterstellten Urteilsannahmen übergeht.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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