OGH 12Os127/21z

OGH12Os127/21z13.12.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Kontr. Fleischhacker in der Strafsache gegen ***** T***** wegen Verbrechen nach § 3g VerbotsG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Geschworenengericht vom 6. September 2021, GZ 24 Hv 21/21z‑15, und über die

Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Anordnung von Bewährungshilfe nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0120OS00127.21Z.1213.000

 

Spruch:

[1] Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde des Angeklagten werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[2] Mit dem angefochtenen Urteil wurde ***** T***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen zweier Verbrechen nach § 3g VerbotsG schuldig erkannt.

[3] Danach hat er sich am 29. Jänner 2021 in L***** dadurch auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VerbotsG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, dass er Ziele und Maßnahmen der NSDAP propagierte und solcherart aktualisierte, und zwar indem er

1./ sich in eine zur Identitätsfeststellung des ***** L***** erfolgte polizeiliche Amtshandlung mit dem Ausruf: „Heil Hitler!“, einmischte;

2./ während einer gegen ihn selbst geführten Amtshandlung gegenüber den einschreitenden Polizeibeamten zwei Mal den „Hitlergruß“ zeigte.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die dagegen aus § 345 Abs 1 Z 6 und 10a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

[5] Die Fragenrüge (Z 6) legt nicht dar, weshalb entgegen dem Grundsatz anklagekonformer Fragestellung abweichend vom Anklagesachverhalt, wonach der Angeklagte etwa eine halbe Stunde nach den Heil-Hitler-Rufen während der Amtshandlung gegen L***** an einer anderen Örtlichkeit in L***** aus Anlasseiner gegen ihn selbst geführten Amtshandlung zwei Mal den „Hitler-Gruß“ zeigte (ON 6 S 4 f), nur eine einzige Hauptfrage nach § 3g VerbotsG zu stellen gewesen wäre (RIS‑Justiz RS0100509 [T3]). Rechtlich relevante tatsächliche Abweichungen sind – sofern durch Verfahrensergebnisse indiziert (vgl RIS‑Justiz RS0100634) – Gegenstand einer Eventualfrage (vgl Ratz, WK‑StPO § 345 Rz 37).

[6] Indem die zu beiden Punkten des Schuldspruchs ausgeführte Tatsachenrüge (Z 10a) aus der Verantwortung des Angeklagten über die von ihm intendierte Provokation der Polizeibeamten als Motiv für die Taten, den Aussagen von Zeugen zu deren Einschätzung über die Beweggründe des Angeklagten (vgl jedoch zum Gegenstand der Zeugenaussage RIS‑Justiz RS0097540 [T10]) und der Niederschrift der Geschworenen (vgl aber RIS‑Justiz RS0115549) eigene Schlussfolgerungen über das Vorliegen des von den Geschworenen bejahten, auf die Betätigung im nationalsozialistischen Sinn gerichteten Vorsatzes zieht, bekämpft sie bloß die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung (§ 344 iVm § 283 Abs 1 StPO).

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 344 iVm § 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 344 iVm § 285i StPO) und die (implizierte) Beschwerde des Angeklagten folgt (§ 498 Abs 3 StPO).

[8] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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