Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, der Wahrspruch der Geschwornen sowie das darauf beruhende Urteil (zur Gänze) aufgehoben und die Sache zu nochmaliger Verhandlung und Entscheidung an das Geschwornengericht beim Landesgericht Innsbruck verwiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ernst M*** auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.
Ihm liegt zur Last, am 9.Oktober 1985 in Ried im Oberinntal seine Ehegattin Lorena M*** durch Versetzen zahlreicher Schläge mit einem Beil gegen deren Kopf und Körper vorsätzlich getötet zu haben. Die Geschwornen hatten die im Sinne der Anklage gestellte Hauptfrage bejaht; weitere Fragen wurden den Geschwornen nicht gestellt.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf Z 5, 6 und 8 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Dieser kann aus dem Grund der Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO Berechtigung nicht abgesprochen werden.
Eine Zusatzfrage im Sinne des § 313 StPO ist nämlich zu stellen, wenn in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht wurden, die, wenn sie als erwiesen angenommen werden, die Strafbarkeit ausschließen oder aufheben würden.
Umstände dieser Art wurden vom Angeklagten in seiner Einlassung aber vorgebracht. In der Hauptverhandlung am 8.Juli 1986 bekannte sich Ernst M*** des vorsätzlichen Mordes nicht schuldig (S 187/III).
Wörtlich führte er unter anderem aus: "Als ich mit der Hacke gegen meine Frau schlug, war ich ganz von Sinnen, ich weiß nicht, warum ich immer wieder zugeschlagen habe ..." (S 192/III). Damit brachte der Angeklagte der Sache nach aber zum Ausdruck, zur Tatzeit nicht einmal die faktische Bedeutung seines Verhaltens erkannt zu haben und somit nicht diskretionsfähig gewesen zu sein. Es war daher die Stellung einer Zusatzfrage in der Richtung des § 11 StGB indiziert, weil der Angeklagte sich dahin verantwortete, "ganz von Sinnen" gewesen zu sein, sohin in einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder einer anderen schweren, einer Geisteskrankheit, einem Schwachsinn oder einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung gleichwertigen seelischen Störung gehandelt zu haben.
Der Schwurgerichtshof hat mit Zwischenerkenntnis (S 206/III) den Antrag des Angeklagten auf Stellung einer Zusatzfrage in Richtung § 11 StGB mit der Begründung abgewiesen, daß das Vorliegen einer Zurechnungsunfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit durch das klare und schlüssige Gutachten des Sachverständigen UnivProf. Dr. P*** auszuschließen sei. Damit aber hat er in unzulässiger Weise eine Tatfrage gelöst, deren Beurteilung ausschließlich den Geschwornen zu überlassen ist (vgl. hiezu 12 Os 40/76, 10 Os 11/86 u. ENr. 25 zu § 313 in Mayerhofer-Rieder, StPO 2 ).
Schon aus diesem Grunde war eine Kassation des angefochtenen Urteils unumgänglich, ohne daß es notwendig gewesen wäre, auf die weiteren geltendgemachten Nichtigkeitsgründe einzugehen.
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