OGH 12Os12/16f

OGH12Os12/16f3.3.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. März 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kühlmayer als Schriftführer in der Strafsache gegen Robert E***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Robert E***** gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Geschworenengericht vom 3. Dezember 2015, GZ 29 Hv 92/15b‑132, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00012.16F.0303.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Robert E***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des Mitangeklagten Mario Z***** enthält, wurde Robert E***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 16. Dezember 2014 in I***** Martin W***** vorsätzlich getötet, indem er ihn mit Faustschlägen und Fußtritten gegen dessen Gesicht, den Hals und den Rumpf misshandelte und dessen Kopf mit heißem Wasser übergoss, wodurch es aufgrund der dadurch zugefügten Kehlkopf‑, Zungenbein‑ und Halsweichteil-verletzungen zu einer Druckerhöhung im Kopf‑Halsbereich samt Stauungsblutungsaustritten in den Bindehäuten sowie einem Sauerstoffmangel des Gehirns und in weiterer Folge zu einer tödlichen Hirnschwellung kam.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 8 und 10a des § 345 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Mit dem Vorbringen zur Rechtsbelehrung, es sei „für die von der schriftlichen Vorlage abweichende Durchbesprechung faktisch keine Zeit“ geblieben, gibt die Beschwerde (nominell Z 8) keinen Bezugspunkt zu den Anfechtungskategorien des § 345 Abs 1 StPO bekannt.

Die weitere Instruktionsrüge (Z 8) kritisiert die Rechtsbelehrung, wonach auch derjenige vorsätzlich handle, der zwar mit der Verursachung des Todes eines Menschen „gar nicht bestimmt rechnet, sondern nur diesen Erfolg ernstlich für möglich hält“, weil diese Instruktion den Laienrichtern den Blick auf die (für bedingt vorsätzliche Begehung erforderliche) Voraussetzung eines als naheliegend erkannten Erfolgs verstellt habe. Indem sie dabei jedoch die zusätzlich den Geschworenen erteilte Information übergeht, dass der Täter den verpönten Erfolg im Tatzeitpunkt „vor Augen haben“ muss, orientiert sie sich prozessordnungswidrig nicht an der Gesamtheit der Rechtsbelehrung (RIS‑Justiz RS0100695).

Entsprechendes gilt für den Hinweis auf sich angeblich auf die Beantwortung der Hauptfrage in Richtung Mordes (§ 75 StGB) auswirkende Belehrungsfehler in Betreff der (gar nicht zu beantwortenden) Eventualfrage in Richtung absichtlich schwerer Körperverletzung nach § 87 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB. Weshalb eine insoweit unrichtige Instruktion zwangsläufig zur Verneinung dieser Eventualfrage und deshalb (nachfolgend) zur Bejahung der Hauptfrage geführt haben soll, erklärt die Beschwerde angesichts der Belehrung (S 14) der Geschworenen betreffend die Reihenfolge der Fragenbehandlung (Beantwortung der Eventualfrage erst nach Verneinung der Hauptfrage) nicht.

Die weitere Beschwerde vermisst eine Information der Geschworenen darüber, dass auch eine (bloße) Gleichgültigkeit des Täters (im Sinn einer inneren Teilnahmslosigkeit) in Bezug auf den Erfolgseintritt zur Annahme von Fahrlässigkeit führt (vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 5 Rz 17; E. Steininger SbgK § 5 Rz 97 ff). Weshalb eine solche innere Einstellung in der Belehrung, dass bewusste Fahrlässigkeit vorliegt, wenn der Täter „den Tod nicht herbeiführen will“ (vgl Rechtsbelehrung S 5), keine Deckung finden soll, macht die Rüge nicht deutlich. Im Übrigen wird angesichts der weiteren Instruktion (S 5), wonach von vorsätzlichem Handeln nur dann auszugehen ist, wenn der Angeklagte sich mit der Todesfolge „abfindet“, nicht klar, weshalb der Fahrlässigkeitsbegriff (§ 6 Abs 2 StGB) unter dem Aspekt irreführender Rechtsbelehrung (RIS‑Justiz RS0100949) weiter aufzulösen gewesen wäre.

Urteilsnichtigkeit nach § 345 Abs 1 Z 10a StPO liegt vor, wenn die Laienrichter das ihnen nach § 258 Abs 2 zweiter Satz StPO gesetzlich zustehende Beweiswürdigungsermessen in geradezu unerträglicher Weise gebraucht haben und damit eine Fehlentscheidung bei der Beweiswürdigung qualifiziert nahe liegt.

Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung der Geschworenen abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS‑Justiz RS0118780 [T15, T16]).

An den genannten Anfechtungsvoraussetzungen scheitert die Beschwerde, die unter Hinweis auf eigenständig zu Gunsten des Beschwerdeführers interpretierte Beweisergebnisse, nämlich die Ausführungen der Sachverständigen Dr. R***** und Dr. P*****, Angaben des Mitangeklagten, Tatortspuren beider Angeklagter im Auffindungsbereich des Opfers, Zeugenaussagen zur „zeitlichen Abfolge“, ein fehlendes Motiv des Nichtigkeitswerbers und dessen Angaben vor der Polizei den Wahrspruch der Geschworenen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung bezweifelt.

Soweit der Beschwerdeführer erhebliche Bedenken gegen die den Schuldspruch des Mitangeklagten Mario Z***** begründenden Feststellungen geltend macht, führt er das Rechtsmittel nicht zu seinem Vorteil aus.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§§ 344, 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

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