OGH 12Os119/88

OGH12Os119/8820.10.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Oktober 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bogensberger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Josef W*** wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 4.Mai 1988, GZ 14 Vr 567/87-17, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, und der Verteidigerin Dr. Christa A. Heller, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Auf diese Entscheidung werden der Angeklagte mit seiner Berufung sowie die Staatsanwaltschaft mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 9.Dezember 1935 geborene Landwirt Josef W*** des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 18.September 1985 in Klagenfurt mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der S*** T***-I*** GmbH durch Täuschung über seine Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit zur Auslieferung eines Traktors der Marke Lamborghini 704 samt Frontlader, somit zu einer Handlung verleitet, welche das genannte Unternehmen um 55.000 S am Vermögen schädigte.

Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen des Erstgerichtes hat der Angeklagte den im Spruch genannten (gebrauchten) Traktor am 18.September 1985 um 238.000 S gekauft und dabei zur teilweisen Abdeckung dieses Kaufpreises einen beschädigten anderen Traktor in Zahlung gegeben, der mit 68.000 S bewertet wurde. Aus hier nicht interessierenden Gründen wurde in die Rechnung davon abweichend der Wert des verkauften Traktors mit 185.000 S und jener des in Zahlung gegebenen Traktors mit 15.000 S eingesetzt. Es verblieb demnach jedenfalls ein offener, in bar zu entrichtender Kaufpreisrest von 170.000 S. Der Kauf wurde unter Eigentumsvorbehalt der Verkäuferin abgeschlossen. Bei der Bestellung vereinbarte der Angeklagte mit dem Firmenvertreter, daß der Betrag von 170.000 S entweder zur Gänze bis 31.Oktober 1985 oder bis dahin zumindest eine Anzahlung von 50.000 S und der Rest bis 31.Dezember 1985 bezahlt werden sollte. Eine nicht näher konkretisierte allfällige Zahlungsfristverlängerung (gegen Zinsen ab 1.Jänner 1986) wurde in Aussicht gestellt, doch sicherte der Angeklagte "ehebaldigste Zahlung" zu. Nachdem er bis Herbst 1986 keinerlei Zahlung geleistet und zu diesem Zeitpunkt auch ein ihm sodann angebotenes langfristiges Zahlungsprogramm mit Ratenzahlungen abgelehnt hatte, erstattete die Verkäuferin am 27.November 1986 die Strafanzeige. Der im Strafverfahren beigezogene Sachverständige ermittelte den Zeitwert des Traktors per April 1987 mit 115.000 S. Das Erstgericht folgte diesem Gutachten und stellte ausgehend von dem nach wie vor offenen Restkaufpreis von 170.000 S unter Berücksichtigung einer für die Verkäuferin angenommenen Verwertungsmöglichkeit des mittlerweile zufolge ständigen Gebrauches durch den Angeklagten wertverminderten Traktors den tatsächlich eingetretenen Schaden ("Differenzschaden"), den es dem Angeklagten als Betrug anlastet, mit 55.000 S fest.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil aus den Gründen der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist begründet.

Mit dem im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) ua vorgebrachten Einwand, "es mangle hier an jeglicher Schädigungsabsicht", weist der Beschwerdeführer der Sache nach und im Ergebnis zu Recht auf einen die subjektive Tatseite betreffenden Fetstellungsmangel hin, als es im Urteil an einer eindeutigen Konstatierung darüber fehlt, daß der Angeklagte im Zeitpunkt des Ankaufs des Traktors mit (zumindest bedingtem) Schädigungsvorsatz gehandelt hat. Das Erstgericht führt diesbezüglich lediglich (im Rahmen der rechtlichen Beurteilung) aus, daß der Angeklagte bei Ankauf des Traktors von vornherein damit gerechnet hat, den Traktor nicht fristgerecht bezahlen zu können und daß er "daher" zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat (US 8). Damit ist allerdings nur die Wissenskomponente dieser Vorsatzform, also das ernstliche Bedenken einer Schädigungsmöglichkeit infolge Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten (seine Zahlungsunwilligkeit wurde in den Entscheidungsgründen überhaupt nicht festgestellt und ist nach der Aktenlage auch keineswegs offenkundig) umschrieben. Daß er sich mit einem derartigen Erfolg auch abgefunden (§ 5 Abs. 1 zweiter Halbsatz StGB), diesen also auch (bedingt) gewollt hätte, ist damit noch nicht gesagt. Ein solches Sich-Abfinden mit der Tatbildverwirklichung liegt aber nach dem Urteilssachverhalt und den Verfahrensergebnissen in Ansehung des immerhin schon in vorgeschrittenem Alter stehenden, bisher unbescholtenen und durchaus noch nicht in hoffnungslosen wirtschaftlichen Verhältnissen lebenden Angeklagten keineswegs auf der Hand, sodaß es entsprechend klarer Feststellungen zur subjektiven Tatseite bedurft hätte. Ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedarf, war daher das angefochtene Urteil schon aus diesem Grunde aufzuheben und ein zweiter Rechtsgang anzuordnen (§ 288 Abs. 2 Z 3 StPO).

Damit sind die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft und die beiderseitigen Berufungen gegenstandslos.

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