OGH 12Os118/08g

OGH12Os118/08g23.10.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Oktober 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. T. Solé als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Metz als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ivan H***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter und vierter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Vasile I***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Jugendschöffengericht vom 11. Juni 2008, GZ 36 Hv 60/08k-158, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch B sowie demzufolge in der Vasile I***** betreffenden Subsumtionseinheit und im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten Vasile I***** fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Schuldsprüche der Mitangeklagten Ivan H*****, Ion F*****, Vadim D***** und Sergej P***** sowie Privatbeteiligtenzusprüche enthaltenden Urteil wurde Vasile I***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 (richtig:) zweiter und vierter Fall, 15 StGB, teils als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB (A I 4, A II 3 und B), sowie des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und Abs 2 StGB (C) schuldig erkannt.

Danach hat er

A) fremde bewegliche Sachen Nachgenannten mit auf unrechtmäßige

Bereicherung gerichtetem Vorsatz

I. weggenommen, nämlich

...

4. im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Vadim D***** und einem bislang unbekannten Mittäter

a) in der Nacht zum 15. November 2007

aa) in Möllersdorf Therese H***** einen Pkw Ford Escort im Wert von 1.500 Euro durch Aufzwängen einer Fahrzeugtüre;

bb) in Traiskirchen Eduard Z***** zwei Kennzeichentafeln im Gesamtwert von 150 Euro;

b) in der Nacht zum 17. November 2007

aa) in St. Valentin Rene Pa***** einen Pkw Ford Escort im Wert von 1.500 Euro durch Aufzwängen der Fahrertüre;

bb) in Haag

aaa) durch Aufzwängen eines Fensters der Hauptschule sowie Aufbrechen mehrerer Kästen, eines Kaffeeautomaten und eines Getränkeautomaten aaaa) Gewahrsamsträgern der Hauptschule Ha***** einen Laptop im Wert von 600 Euro;

bbbb) Gewahrsamsträgern des Unternehmens Wilhelm Hi***** 45 Euro Bargeld;

bbb) Gewahrsamsträgern des L***** einen Tresor samt Bargeld im Gesamtwert von 4.597 Euro, fünf Motorsägen im Gesamtwert von 2.792 Euro, einen Laptop im Wert von 1.499 Euro, 20 Paar Arbeitshandschuhe im Gesamtwert von 69 Euro, vier Jacken im Gesamtwert von 100 Euro sowie mehrere Schlüssel durch Aufzwängen eines Fensters zu den Verkaufsräumlichkeiten;

cc) in Zeillern dem Stefan T***** einen Pkw Ford Orion im Wert von 300 Euro durch Aufzwängen der Fahrertüre;

II. wegzunehmen versucht, nämlich

...

3. im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Vadim D***** und einem bislang unbekannten Mittäter in der Nacht zum 17. November 2007 in St. Valentin

a) Thomas A***** einen Pkw Ford Escort im Wert von 1.500 Euro durch Aufzwängen der Fahrertüre;

b) Gewahrsamsträgern der R***** Wertgegenstände durch Aufzwängen eines Fensters;

B) in der Nacht zum 18. November 2007 durch Erbringen von

Aufpasserdiensten zur Ausführung nachstehend angeführter strafbarer Handlungen von Ivan H***** und Ion F***** beigetragen, und zwar

1. in Bad Vöslau zum Diebstahl des Pkw Ford Escort von Stefanie E***** im Wert von 1.500 Euro durch Aufzwängen einer Fahrzeugtüre (A I 5 a);

2. in Neunkirchen zum jeweils versuchten Diebstahl eines Pkw von Pashk S***** im Wert von 500 Euro und eines Pkw von Kurt Pa***** im Wert von 1.000 Euro, je durch Aufzwängen einer Fahrzeugtüre (A II 4 a aa und bb),

wobei er die Taten als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) anderer Mitglieder dieser Vereinigung durch Einbruch in Gebäude, Transportmittel und Wohnstätten sowie durch Aufbrechen von Behältnissen und den Diebstahl durch Einbruch in der Absicht beging bzw zu begehen suchte, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;

C) im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Ivan H***** und Ion

F***** sowie dem abgesondert verfolgten Adam Po***** als Mittäter in der Nacht zum 18. November 2007 in Traiskirchen ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, nämlich den Pkw Ford Escort mit dem Kennzeichen ***** von Bernhard Do*****, ohne Einwilligung des Berechtigten durch eine Fahrt nach Bad Vöslau in Gebrauch genommen, wobei sie die Tat begingen, indem sie sich die Gewalt über das Fahrzeug durch Aufbrechen einer Sperrvorrichtung, nämlich des Kfz-Zündschlosses mit einem Messer, sohin durch eine im § 129 Z 3 StGB geschilderte Handlung, verschafften.

Rechtliche Beurteilung

Inhaltlich nur gegen die Schuldsprüche A I 4, A II 3 und B richtet sich die auf Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Vasile I*****, der in Ansehung des Schuldspruchs B Berechtigung zukommt.

Dem Vorwurf fehlender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider sind die - mit den Gesetzen logischen Denkens und allgemeinen Erfahrungssätzen nicht im Widerspruch stehenden - Erwägungen der Tatrichter zu den Schuldsprüchen A I 4 und A II 3, wonach die beim L***** aufgefundenen Rücklichtteile zu dem in Möllersdorf gestohlenen Pkw der Marke Ford Escort passten, dieses Fahrzeug in Zeillern sichergestellt werden konnte, der in St. Valentin gestohlene Pkw der Marke Ford Escort in der Nähe des L***** aufgefunden wurde und an diesem Tatort DNA-Spuren des Angeklagten I***** und seines Mittäters D***** asserviert werden konnten (sodass der Beschwerdeführer mit allen Taten in einen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang gebracht werden kann), sowie der Hinweis des Erstgerichts auf den gleichartigen modus operandi bei den einzelnen Tathandlungen (US 27, 30) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden. Den weiteren, überdies in sich widersprüchlichen Ausführungen der Rüge zuwider hat sich das Erstgericht sehr wohl auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. N***** (ON 11 [richtig: in ON 72]; ident mit ON 74) gestützt (US 31). Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) mit dem Argument, dass nur im L***** dem Angeklagten I***** zuordenbare DNA-Spuren sichergestellt werden konnten, dessen Täterschaft bei den übrigen ihm unter A I 4 und A II 3 zur Last gelegten Straftaten in Zweifel zu ziehen sucht, übergeht sie die weiteren, vom Erstgericht herangezogenen Indizien für seine Tatbeteiligung und vermag damit keine erheblichen Bedenken an der Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Der Nichtigkeitswerber weist jedoch zutreffend darauf hin, dass die Annahme seiner Beitragstäterschaft zu den von den Mitangeklagten Ivan H***** und Ion F***** in der Nacht zum 18. November 2007 in Bad Vöslau und Neunkirchen begangenen Autoeinbrüchen (B) de facto unbegründet geblieben ist.

Die tatrichterlichen Erwägungen erschöpfen sich nämlich in einer Wiedergabe der Aussage des Zeugen BI Andreas N***** und dessen Observationsberichts vom 21. Februar 2008 (US 31 iVm ON 76). Daraus geht jedoch lediglich hervor, dass sich der Angeklagte I***** während des von der Observation umfassten Zeitraumes gemeinsam mit Ivan H*****, Ion F***** sowie Adam Po***** im Pkw der Marke Ford Escort, polizeiliches Kennzeichen *****, der zuvor in Bad Vöslau der Stefanie E***** gestohlen worden war (Schuldspruchfaktum A I 5 a), befunden hat und dass zwei Personen den versuchten Einbruchsdiebstahl in den Pkw Pashk S*****s (A II 4 a aa) verübten. Inwiefern sich daraus eine Beteiligung an den zu B angeführten strafbaren Handlungen der Mitangeklagten ergeben sollte, bleibt unbegründet, zumal die bloße Anwesenheit am Tatort (oder in dessen Nähe) für die rechtliche Annahme eines strafbaren Tatbeitrages idR (vgl 12 Os 132/07i) ebenso wenig genügt wie die stillschweigende Duldung der Tatausführung (vgl Kienapfel/Höpfel AT12 E 5 Rz 18; Fabrizy in WK² § 12 Rz 90). Eine Neudurchführung des Verfahrens in Ansehung des Schuldspruchs B erweist sich daher als unumgänglich, sodass es eines Eingehens auf das weitere hiezu erstattete Rechtsmittelvorbringen nicht bedurfte. Soweit der Rechtsmittelantrag formell die Aufhebung des angefochtenen Urteils, also auch des Schuldspruchfaktums C, begehrt, unterlässt die Nichtigkeitsbeschwerde die gebotene deutliche und bestimmte Bezeichnung von Nichtigkeitsgründen, weshalb auf sie in diesem Umfang keine Rücksicht zu nehmen ist (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO).

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung im Schuldspruch B sowie demzufolge in der Vasile I***** betreffenden, gemäß § 29 StGB gebildeten Subsumtionseinheit und im Strafausspruch aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen (§ 285e StPO).

Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde - ebenfalls in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung der Verteidigung - zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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