Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Wolfgang G*** wurde des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er Anfang Mai 1988 in Strasshof als mit der Auszahlung postalisch überwiesener Pensionen beauftragter Briefträger des Postamtes Strasshof, sohin als Beamter, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht, indem er von der der Maria H*** überwiesenen Pension einen Geldbetrag von 5.741,20 S einbehielt, wobei er mit dem Vorsatz handelte, die Genannte dadurch an ihrem Recht auf vollständige Auszahlung der überwiesenen Pension zu schädigen.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Angeklagten dagegen aus § 281 Abs. 1 Z 3, 5 und 5 a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist unbegründet.
Mit Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 3 (iVm § 271 Abs. 1) StPO ist nur die gänzliche Unterlassung der Aufnahme eines vom Vorsitzenden und vom Schriftführer zu unterschreibenden Protokolls über die Hauptverhandlung, nicht aber eine bloß mangelhafte Protokollierung bedroht. Der Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls steht nicht unter Nichtigkeitssanktion, weshalb der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund auf die behauptete Unvollständigkeit des Protokolls, die der Beschwerdeführer darin erblickt, daß eine wörtliche oder wenigstens sinngemäße Wiedergabe der in der Hauptverhandlung abgespielten (S 60) Tonbandaufnahme einer Unterredung zwischen ihm und den Zeugen Maria H*** und Josef T*** im Protokoll unterblieben (und auch sonst nicht aktenkundig) ist, nicht gestützt werden kann (Mayerhofer-Rieder2, E 51 zu § 281 Abs. 1 Z 3 StPO und E 22 ff zu § 271 StPO).
Um die gewünschte Transskription zu erwirken, hätte es eines besonderen Antrages bedurft, dessen allfällige Abweisung durch den Gerichtshof sodann nach § 281 Abs. 1 Z 4 StPO unter den dort normierten weiteren Voraussetzungen als Verfahrensmangel hätte gerügt werden können. Ein solcher Antrag wurde allerdings nicht gestellt.
Richtig ist, daß der Inhalt der aufgezeichneten Unterredung im Urteil verwertet und daraus für den Angeklagten nachteilige Schlüsse gezogen worden sind (S 76/77 = US 4/5), deren Prämissen indes von ihm - wiewohl er als Beteiligter an diesem Gespräch und auf Grund der Abspielung in der Hauptverhandlung seine dabei gemachten Aussagen im wesentlichen kennt - an keiner Stelle seiner Beschwerde bestritten werden, sodaß kein Anlaß bestand, im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens die Übertragung der Tonbandaufnahme anzuordnen (§ 285 f StPO).
Mit den divergierenden Angaben der Zeugin Maria H*** über den Zeitpunkt des vom Angeklagten an sie gestellten Ansinnens um Gewährung eines Darlehens von 10.000 S (Anfang Juni oder Mai 1988, allenfalls schon vorher) mußte sich das Erstgericht im Sinne einer gedrängten Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO; Mayerhofer-Rieder2, E 6 ff zu § 281 Abs. 1 Z 5 StPO) nicht auseinandersetzen, zumal bei diesem, für die prekäre Vermögenssituation des Angeklagten zur Tatzeit maßgeblichen Umstand ein zeitlicher Spielraum von wenigen Wochen nicht entscheidend ist. In Wahrheit trachtet der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen lediglich die von den Tatrichtern der Zeugin trotz ihres hohen Alters zugebilligte Aussageverläßlichkeit (S 78 = US 6) abzusprechen und solcherart die Beweiswürdigung zu bekämpfen, ohne einen formellen Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (Z 5) darzutun.
Ähnliches gilt für den Beschwerdeeinwand, das Erstgericht habe sich nicht mit den Aussagen der Zeugen über die zeitliche Einordnung der Mitteilung der Maria H*** an Josef T*** betreffend ihren Verdacht gegen den Angeklagten auseinandergesetzt. Den bezüglichen Aktenstellen (S 11, 13, 20, 66) ist eindeutig zu entnehmen, daß sich die Zeugin mangels sicherer Erinnerung insoweit nicht zeitlich festlegen konnten und dies auch zum Ausdruck gebracht haben. Von erörterungsbedürftigen "Widersprüchlichkeiten" kann daher keine Rede sein.
Darüber, wann Maria H*** auf den Gedanken verfiel, dem Josef T*** zur Überprüfung ihres Verdachtes die fraglichen Pensionsabschnitte zu zeigen, liegt nur die Aussage der Zeugin H*** in der Hauptverhandlung vor (S 62), sodaß in diesem Punkt der Vorwurf, das Erstgericht hätte sich mit einander widersprechenden Verfahrensergebnissen nicht auseinandergesetzt, von vornherein ins Leere geht.
Die Feststellung, daß die 83-jährige Zeugin H*** an einer erheblichen Sehschwäche leidet (wodurch dem Angeklagten die Tatausführung erst ermöglicht wurde), bedurfte angesichts der darin übereinstimmenden Aussagen aller Verfahrensbeteiligten (S 12, 16, 19, 33, 54, 55, 61, 62, 64, 65, 66) keiner besonderen Begründung. Daß über die Sehkraft der Zeugin kein ärztliches Gutachten eingeholt worden ist, kann als Nichtigkeit schon deshalb nicht eingewendet werden, weil die insoweit behauptete Unvollständigkeit der Erhebungen nur unter den - hier nicht gegebenen - formellen Voraussetzungen des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO, also insbesondere der Abweisung eines dahinzielenden Beweisantrages, geltend gemacht werden könnte (Mayerhofer-Rieder2, E 82 ff zu § 281 Abs. 1 Z 5 StPO). Mit der Tatsache, daß Maria H*** den Zeugen T*** in anderem Zusammenhang zu Unrecht des Diebstahls einer Decke bezichtigt hat, hat sich das Schöffengericht ohnedies auseinandergesetzt, aber darin keinen Grund gefunden, der Zeugin den Glauben zu versagen (S 78 = US 6). Dieser Einwand ist daher jedenfalls im Rahmen der Mängelrüge unbeachtlich.
Aber auch unter dem Gesichtspunkt der Beweisrüge (Z 5 a) vermag der Beschwerdeführer weder mit diesem noch mit seinen weiteren Einwänden aus den Akten erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.
Die Nichtigkeitbeschwerde des Angeklagten war daher als offenbar unbegründet schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Berufungsentscheidung folgt (§ 285 i StPO).
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