Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu Punkt 2 (wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 und 15 StGB) sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht verwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten zurückgewiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ernst (Peter) R*** (zu 1.) des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 erster Fall StGB und (zu 2.) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 und 15 StGB schuldig erkannt.
Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch mit Berufung.
Rechtliche Beurteilung
Die auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit a bzw 10 StPO gestützte Beschwerde ist in bezug auf den Schuldspruch zu Punkt 2, nicht aber auch in bezug auf den Schuldspruch zu Punkt 1 begründet.
Zum Schuldspruch Punkt 1:
Darnach hat Ernst R*** die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, als - mit weitgehend selbständiger Verantwortung etwa im Umfang einer Prokura ausgestatteter - Angestellter der Wilhelm B*** Ges.m.b.H. über deren Vermögen zu verfügen und sie zu verpflichten, dadurch wissentlich mißbraucht, daß er am 13. Februar 1981 mittels eines vom Firmeninhaber Wilhelm B*** blanko unterzeichneten Schecks vom Firmenkonto bei der R***-Z*** (RZK) einen Betrag von 100.000 S zur Verwendung für eigene Zwecke abhob, wodurch er (wie in den Urteilsgründen festgestellt wird) der Wilhelm B*** Ges.m.b.H. vorsätzlich einen Vermögensnachteil in dieser Höhe zufügte. Das Erstgericht erachtete die Verantwortung des Angeklagten, laut welcher die Abhebung für seine Privatzwecke im Einverständnis mit dem Firmeninhaber Wilhelm B*** geschehen sein soll, der zuvor für diese Zwecke (gewissermaßen darlehenshalber) auch einen Wechsel über den Betrag von 100.000 S akzeptiert hätte, der von der Bank aber nicht honoriert worden sei, durch die gegenteiligen Angaben des Zeugen Wilhelm B*** für widerlegt.
Die vom Beschwerdeführer im gegebenen Zusammenhang behauptete Unvollständigkeit der Begründung (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) liegt nicht vor:
Wenn das Erstgericht die vom Angeklagten R*** allein verfertigte und unterschriebene Verpflichtungserklärung vom 7. Februar 1981, derzufolge er erklärte, den von der Firma B*** ohne eine entsprechende Verpflichtung akzeptierten "B/N-Wechsel über 100.000 S" selbst einzulösen (Band I, ON 2, S 41 d.A), deshalb als ungeeignet ansah, die Glaubwürdigkeit des Zeugen B*** zu mindern, weil die Urkunde nicht von diesem selbst ausgestellt worden war, so ist dies logisch begründet und keineswegs - wie der Beschwerdeführer meint - "nicht durchschaubar". Aus diesem Grunde bedurfte es auch keiner Erörterung des zeitlich vor der Geldabhebung (13.Februar 1981) gelegenen Datums der Verpflichtungserklärung. Ob nämlich dieses Datum richtig ist und Wilhelm B*** die Urkunde zur selben Zeit erhalten hat, kann dem Beschwerdevorbringen zuwider nicht aus der Urkunde abgeleitet werden, sondern hängt einzig und allein von der Glaubwürdigkeit der Verantwortung des Angeklagten bzw der ihr zuwiderlaufenden Darstellung des Zeugen B*** ab, welche Frage vom Erstgericht in freier Beweiswürdigung mit formal mängelfreier Begründung (§§ 258 Abs. 2, 270 Abs. 2 Z 5 StPO) gelöst worden ist.
Abgesehen davon, daß der Angeklagte in seiner Verantwortung wiederholt von der Ausstellung (auch) von Blankowechseln durch August B*** zur allfälligen Verwendung während dessen Abwesenheit für Betriebszwecke gesprochen hat (Band I, ON 21, S 131 f in Verbindung mit Band II, ON 72, S 275, 282, ON 74, S 303, 323 d.A), läßt sich einem weiteren Beschwerdeeinwand zuwider aus dem gegenständlichen Firmenkonto keineswegs klären, ob der Angeklagte von August B*** je Wechsel für Firmenzwecke erhalten hat oder nicht, zumal ja eine solche Übergabe nicht zwangsläufig einen Eskompt bei der betreffenden ("Haus"-)Bank (der RZK) zur Folge haben mußte. Eben in diesem Sinne argumentiert auch das Erstgericht in den Urteilsgründen, in welchen es sich - dem insoweit aktenwidrigen Beschwerdevorbringen entgegen - ohnedies mit dem Inhalt des Firmenkontos und darin aufscheinenden (15) Verrechnungswechseln befaßt (Band II, ON 75, S 335 f d.A). Somit hat sich, weil nicht entscheidend, eine Erörterung der Zeugenaussage des informierten Vertreters der Bank Dr.Pernsteiner erübrigt, wonach - unbeschadet des Umstandes, daß der "Wechselrahmen" der Firma B*** nicht ausgeschöpft war - generell und grundsätzlich Wechsel nicht mehr angekauft wurden (Band I, ON 21, S 157, 159, 163 in Verbindung mit Band II, ON 74, S 322 f d.A).
Es trifft zu, daß die vom Zeugen B*** in den verschiedenen Verfahrensstadien gemachten Angaben über die Höhe des monatlichen Nettoeinkommens des Angeklagten differieren (Band I, ON 4, S 71 a in Verbindung mit Band II, ON 72, S 291 f, ON 74, S 323 d.A). Wenn das Erstgericht insofern den durch die vorgelegten Lohnkontenblätter gestützten Aussagen des Zeugen im Vorverfahren (Band I, ON 4, S 71 a ff d.A) folgt und ersichtlich (auch) diese Abweichungen mit dem langen Zurückliegen des Dienstverhältnisses mit dem Angeklagten erklärt (vgl Band II ON 75, S 332 bis 334 d.A), stellt dies aber einen zulässigen Akt freier Beweiswürdigung dar, dem ein Begründungsmangel formaler Natur nicht anhaftet.
Mithin ist die Nichtigkeitsbeschwerde, die den Schuldspruch zu Punkt 1. wegen Vergehens der Untreue ausschließlich aus der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO bekämpft, nicht berechtigt.
Zum Schuldspruch Punkt 2:
Als schwerer Betrug nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB liegt Ernst R*** zur Last, Mitte 1981 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der V*** L*** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich über seine Rückzahlungsfähigkeit, unter Verschweigung seiner Arbeitslosigkeit und erheblicher Schulden sowie unter Angabe eines unrichtigen Arbeitgebers, zur Bewilligung eines Kredites in der Höhe von 900.000 S verleitet zu haben, wodurch die Bank einen Schaden in der Höhe des tatsächlich ausbezahlten Betrages von 806.744,22 S (im Urteilsspruch unrichtig: 806.704,22 S) erlitten habe, wogegen es hinsichtlich der Differenz von 93.255,78 S (auf den bewilligten Gesamtbetrag von 900.000 S) beim Versuch geblieben sei. Diesbezüglich ist der Angeklagte im Recht, soweit er die Annahme einer Vermögensschädigung und des Schädigungsvorsatzes als mangelhaft begründet (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) bekämpft:
Vermögensschaden beim Betrug ist jene Differenz, um die sich der wirtschaftliche Wert des Gesamtvermögens durch die (irrtumsbedingte) Verfügung des Getäuschten verringert. Ob und inwieweit dies der Fall ist, ist durch Vergleich der Vermögenslage vor und nach der Verfügung im Wege der Gesamtsaldierung und unter Berücksichtigung allfälliger unmittelbarer - d h gleichzeitig mit der irrtumsbedingten Verfügung erfolgender - Schadenskompensation in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu ermitteln. Dabei sind u a Sicherheiten, die der Täuschende gewährt, insbesondere Bürgschaften und Pfandrechte, zu berücksichtigen. Vermögensschaden und Schädigungsvorsatz fehlen daher etwa, wenn der Täter ein hinreichendes Pfand oder einen solventen Bürgen stellt (vgl Kienapfel, BT II § 146 StGB RN 145, 160, 162; 170 und 241; mit Judikaturzitaten).
Den Verfahrensergebnissen nach hatte der Angeklagte unter Mithaftung seiner Gattin die ihnen je zur Hälfte gehörige Liegenschaft EZ 95 Kat.Gem. Lichtenstein im Gerichtsbezirk Leonfelden zunächst schon zur Sicherung eines ihm von der V*** L*** am 19.Jänner 1981 gewährten (ersten) Kredites von 700.000 S verpfändet und hat dies sodann auch zur Sicherung des urteilsgegenständlichen (zweiten) Kredites dieser Bank von 900.000 S getan; zur Sicherung des ersten Kredites diente ferner eine vom damaligen Schwiegervater des Angeklagten geleistete Bürgschaft. Im Lastenblatt der Liegenschaft sind die erste Hypothek zugunsten einer Höchstbetragsforderung von 840.000 S im ersten Rang und die zweite Hypothek zugunsten der Darlehensforderung von 900.000 S samt höchstens 18 % Zinsen, 18 % Verzugs- bzw Zinseszinsen und einer Nebengebührenkaution von 90.000 S im zweiten Rang einverleibt sowie die Löschungsverpflichtung (§ 469 a ABGB) hinsichtlich der ersten Hypothek angemerkt worden (Band I, ON 27, S 185 ff, 235 bis 249 in Verbindung mit Band II, ON 74, S 323 d.A). Die Besicherung des zweiten Kredites, eines Baudarlehens, wurde durch die Vereinbarung ergänzt, daß die Kreditauszahlung nur nach Maßgabe des Baufortschrittes erfolge (ON 74, S 317 d.A). Die Sicherheiten wurden seitens der Bank für ausreichend befunden (ON 27, S 238, ON 74, S 317, 323 d.A). Aus dem Meistbot der schließlich versteigerten Liegenschaft wurde die zweite Darlehensforderung - nach vollständiger Begleichung der ersten auch unter Inanspruchnahme des Bürgen - bis auf einen per 1.Jänner 1985 mit 464.000 S samt Zinsen aushaftenden Teil befriedigt (ON 72, S 290 in Verbindung mit ON 74, S 323 d.A).
Demnach könnte sich der tatsächliche Vermögensschaden der Darlehensgeberin unter Berücksichtigung der zuvor erläuterten Kriterien der unmittelbaren Schadenskompensation - wie die Beschwerde zutreffend hervorhebt - höchstens in der Höhe dieses Betrages belaufen und nicht - wie vom Erstgericht rechtsirrigerweise angenommen - im Betrag des gesamten ausbezahlten Darlehens. Soweit das Erstgericht nähere Feststellungen über die Darlehensbesicherung und den letztlich beim Gläubiger eingetretenen Ausfall unterlassen hat (vgl den bloßen Hinweis auf ein Hypothekarpfand, Band II, ON 75 S 346 d.A), vermag dies allerdings keine materielle Nichtigkeit (§ 281 Abs. 1 Z 10 StPO) zu bewirken, weil sich unter dem Aspekt des (objektiven) Vermögensschadens auch bei einem Betrag von 464.000 S an der strafrechtlichen Zurechnung des - im Sinne des § 147 Abs. 3 StGB qualifizierten - Betruges nichts ändern würde. Wohl aber können die Umstände der Besicherung des Darlehens von Bedeutung für die Feststellung des Schädigungsvorsatzes des Angeklagten (und zwar auch bezüglich des nicht ausgenützten Restes des bewilligten Darlehens) sein. Denn wenn - was vom Erstgericht nicht erörtert worden ist - die Besicherung für die Organe der Bank ausreichend war (ON 27, S 238, ON 74, S 317 d.A), dann bedarf es einer näheren Begründung, warum eine gleiche Beurteilung der Sicherheiten nicht auch dem Angeklagten zugebilligt werden kann. Die vom Erstgericht in diesem Zusammenhang angestellte Erwägung, nach allgemeiner Erfahrung müsse es jedermann klar sein und auch dem Angeklagten sei es klar gewesen, daß bei Verwertung einer Liegenschaft durchaus kein Erlös erreicht werden muß, der alle Pfandrechte absichert (Band II, ON 75, S 346 d.A), ist bei der gegebenen Konstellation als Begründung für den tatbestandsmäßigen Schädigungsvorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB) nicht ausreichend. Außer Betracht bleiben kann die Frage des sog. Verzögerungsschadens, wenn und insoweit (unmittelbare Schadenskompensation) die gegebene Sicherheit (auch) ein Äquivalent für die das Entgelt der Bank für das Darlehen darstellenden Kapitalzinsen sowie für die Verzugszinsen bildet. Auch in diesem Punkte lagen Verfahrensergebnisse (Inhalt des Pfandbestellungsvertrages und dessen entsprechende Intabulation) vor, die bei Prüfung des Schädigungsvorsatzes nicht außer acht gelassen werden durften.
Da das Ersturteil sohin in bezug auf den Schädigungsvorsatz des Angeklagten zu Punkt 2 des Schuldspruches an teils unvollständiger, teils unzureichender Begründung leidet (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO), sodaß insoweit eine Erneuerung des Verfahrens erster Instanz nicht zu vermeiden ist, erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen zum selben Schuldspruch.
Es war sohin der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten bereits in nichtöffentlicher Beratung teilweise Folge zu geben (§ 285 e StPO), das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu Punkt 2 sowie im Strafausspruch aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht Linz zurückzuverweisen. Im erneuerten Verfahren wird auch zu beachten sein, daß sich der Angeklagte in dieser Sache in der Zeit vom 9.Juni 1981, 22,30 Uhr, bis 10.Juni 1981, 15,30 Uhr, in (gemäß § 38 StGB anrechenbarer Vor-)Haft befunden hat (Band I S 13 d.A).
Im übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO ebenfalls in nichtöffentlicher Beratung als offenbar unbegründet sofort zurückzuweisen.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Gemäß § 390 a StPO hat der Angeklagte auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen (vgl Mayerhofer-Rieder StPO 2 E Nr 11 zu § 390 a).
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