Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen (Punkte I 3 und 4 sowie Punkt II) unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten wegen Betruges zum Nachteil des Georg B (Punkt I 2), ferner im Ausspruch zu Punkt I 1 des Urteilssatzes über den der Maria C zugefügten (Betrugs-) Schaden von 95.000 S, und in der darauf beruhenden Annahme, daß der Schaden insgesamt 100.000 S übersteige, demgemäß auch im Ausspruch über die rechtliche Beurteilung der deliktischen Handlungsweise des Angeklagten als Verbrechen des schweren Betruges nach § 147 Abs. 3 StGB. sowie demzufolge auch im Strafausspruch einschließlich des Ausspruchs gemäß § 23 StGB. (und des Ausspruchs gemäß § 38 StGB.) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 9.August 1938 geborene Adolf A des (in vier Angriffen verübten) Verbrechens des schweren Betruges (mit einer Schadenshöhe von insgesamt 101.208 S) nach §§ 146, 147 Abs. 3
StGB. sowie des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt. Ferner wurde gemäß § 23 StGB. seine Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter angeordnet.
Betrug liegt ihm (unter anderem) deshalb zur Last, weil er 'mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern, andere durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitete, die diese oder andere am Vermögen schädigten, und zwar 1. Anfang April 1982 in Wien Angestellte der Filiale der D, 1160 Wien, Thaliastraße 22, oder einer anderen Filiale durch die Vorgabe, Verfügungsberechtigter über ein Sparbuch der Maria C mit dem Losungswort 'Alois', Kontonummer unbekannt, zur Auszahlung von 95.000 S zum Nachteil der Maria C' (Punkt I 1 des Urteilssatzes) und 2. 'vom 1. bis 5.Juli 1982 in Kirchberg am Wechsel dem Georg B (sen.) durch Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit zur Beherbergung und Verköstigung, Schaden 3.708 S' (Punkt I 2).
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 5, 8, 10 und 11 - der Sache Z. 9 lit. a bzw. 10 -
des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt ist die Beschwerde, sofern sie zum Schuldspruchfaktum I 1 unter dem Aspekt einer Unvollständigkeit einen Begründungsmangel (Z. 5) mit dem Hinweis ins Treffen führt, das Schöffengericht habe unerörtert gelassen, daß die Zeugin C bei ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung ausdrücklich erklärte, sie habe deswegen keine Anzeige gegen den Angeklagten erstattet, weil sie ihm das Geld 'geschenkt' hätte. Denn insoweit gibt der Beschwerdeführer die bezügliche Aussage der Zeugin C (vgl. S. 200) zum einen aktenwidrig wieder und ignoriert zum anderen, daß sich das Erstgericht mit dieser Frage ohnedies auseinandergesetzt hat, jedoch mit mängelfreier Begründung zur überzeugung gelangte (S. 217), daß die Zeugin durch die Formulierung, sie 'schenke' dem Angeklagten das von ihm widerrechtlich erlangte Geld, einzig und allein zum Ausdruck bringen wollte, daß sie auf eine Schadensgutmachung durch den (mittellosen) Angeklagten verzichte. Insoweit der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die unrichtig wiedergegebene Äußerung der Zeugin C im Rahmen der Rechtsrüge das Vorliegen eines Betruges negiert, ist die Beschwerde nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie eben von den durch das Gericht ausdrücklich getroffenen Feststellungen abweicht. Gleiches gilt für den Beschwerdeeinwand, das Erstgericht habe die Anklage überschritten, weil die Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter ohne Antrag der Staatsanwaltschaft erfolgt sei; denn dabei übersieht der Beschwerdeführer, daß gemäß § 437 StPO. das Gericht eine Maßnahme nach § 23 StGB.
auch ohne Antrag des Anklägers anordnen kann.
Berechtigt ist die Beschwerde demgegenüber, wenn sie zunächst zum Punkt I 2 des Urteilssatzes dem Erstgericht vorwirft, sich nicht damit auseinandergesetzt zu haben, daß der Zeuge Georg B sen. in der Hauptverhandlung vom 14.Dezember 1982 ausdrücklich erklärte (vgl. S. 134), der Angeklagte habe 'eine Menge Sachen' zurückgelassen, darunter einen Fotoapparat, weshalb er sich 'nicht geschädigt fühle'. Tatsächlich ist das Urteil im bezeichneten Umfang mit Feststellungsmängel (Z. 9 lit. a) behaftet, die eine Beurteilung hindern, ob der Angeklagte in der Zeit vom 1. bis 5.Juli 1982 mit dem zur Tatbestandsverwirklichung erforderlichen Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz gehandelt hat. Denn zum einen ist dem Quartiergeber bis zur Höhe des von ihm in angemessener Frist realisierbaren Wertes der vom Angeklagten zurückgelassenen Gegenstände ein Vermögensschaden gar nicht entstanden, sodaß insoweit vollendeter Betrug nicht in Betracht kommt. Zum anderen aber kann in diesen Fällen der im Verschweigen der Barzahlungsunfähigkeit und (oder) -unwilligkeit zum Ausdruck kommende Täuschungsvorsatz des Angeklagten allein nicht auch schon einem zur Verwirklichung des Tatbestandes des § 146 StGB. außerdem erforderlichen Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz seinerseits gleichgesetzt werden. Sollte der Angeklagte - der vom 16.April bis 30. Juni 1982 seine Quartier- und Zechschulden im Hotel ('X') des Georg B sen. stets beglichen hatte (S. 213) - nämlich von vornherein willens und in der Lage gewesen sein, die ab 1.Juli 1982 erschlichene Gewährung von Kost und Quartier mit in angemessener Frist realisierbaren sonstigen Vermögenswerten vollständig zu honorieren, dann wäre sein Vorsatz weder auf eine unrechtmäßige Vermehrung seines eigenen Vermögens gerichtet gewesen noch auf eine Minderung des Vermögens des Getäuschten (vgl. ÖJZ-LSK. 1976/215; SSt. 47/27).
Die Beschwerde ist aber auch im Recht, soweit sie dem Erstgericht zum Schuldspruch laut Punkt I 1 des Urteilssatzes einen Begründungsmangel mit dem Argument zum Vorwurf macht, es habe bei der Feststellung des zum Nachteil der Maria C herbeigeführten Schadens in der Höhe von 95.000 S vollkommen unberücksichtigt gelassen, daß sowohl die Geschädigte C als auch der als Zeuge vernommene Sparkassenangestellte Kurt E den vom Angeklagten abgehobenen Betrag (bloß) mit 92.000 S angegeben haben. Die Annahme des Schöffengerichts, der in Rede stehende Schaden habe 95.000 S betragen, stützt sich ersichtlich auf den Polizeibericht (vgl. S. 85), wonach der Angeklagte einen Betrag von 95.000 S behoben habe. Angesichts der Tatsache jedoch, daß die Geschädigte Maria C diesen Betrag stets mit 92.000 S angegeben hat (vgl. S. 66, 67, 82, 200) und auch der als Zeuge vernommene Angestellte der kontoführenden Bank Kurt E in der Hauptverhandlung vom 14.Dezember 1982 (vgl. S. 135) 'nach Einsicht in die Unterlagen' erklärte, 'daß es sich um 92.000 S gehandelt' habe, wäre das Erstgericht gehalten gewesen, mit mängelfreier Begründung darzulegen, aus welchen Erwägungen es, abweichend von den zitierten Zeugenaussagen, zur überzeugung eines um 3.000 S höheren Schadens gelangte. Dieser Umstand ist angesichts des vom Erstgericht für die Annahme der Qualifikation nach § 147 Abs. 3 StGB. festgestellten Gesamtschadens von 101.208 S jedenfalls von entscheidungswesentlicher Bedeutung.
Zusammenfassend war sohin schon bei einer nichtöffentlichen Beratung die Nichtigkeitsbeschwerde zum Teil gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO. sofort zurückzuweisen, ihr jedoch im übrigen gemäß § 285 e StPO. sogleich Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.
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