Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Die Berufung "wegen Schuld" wird zurückgewiesen.
Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 27.Juni 1967 geborene Franjo M*** des Verbrechens des Raubes nach § 142 (zu ergänzen: Abs 1 und) Abs 2 StGB (SSt. 51/50; LSK 1985/8) und des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 9.November 1989 in Wien 1./ seiner Lebensgefährtin Ilinka N*** durch Schläge gegen den Kopf und durch die Drohung, sie aus dem Fenster zu werfen, wobei er ein im zweiten Stock gelegenes Wohnungsfenster öffnete und sie dorthin zerrte, mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung 1.000 S Bargeld abgenötigt;
2./ Ilinka N*** durch die Bedrohung mit dem Umbringen zur Unterlassung der Anzeige zu nötigen versucht.
Das Urteil enthält überdies einen (rechtskräftigen) Teilfreispruch.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte hat im Anschluß an die Urteilsverkündung "Berufung wegen Nichtigkeit und Schuld" angemeldet (S 178) und in der Folge eine auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 a, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde sowie "Strafberufung" ausgeführt. Der (unbeschadet der verfehlten Bezeichnung "Berufung wegen Nichtigkeit" rechtswirksam angemeldeten - Mayerhofer-Rieder2 EGr 35 zu § 280 StPO) Nichtigkeitsbeschwerde kommt in keinem Punkt Berechtigung zu.
Soweit sich die Verfahrensrüge (Z 4) gegen das Unterbleiben der Vernehmung des Zeugen Tomislav P*** richtet, ermangelt es ihr bereits an der Formalvoraussetzung eines in der Hauptverhandlung gestellten, entweder überhaupt nicht oder nicht im Sinn des Antragstellers erledigten Antrags. Die Vernehmung des (im übrigen infolge unbekannten Aufenthaltes für das Erstgericht unerreichbar gewesenen - S 177) Zeugen wurde nämlich in der Hauptverhandlung vom 6. März 1990 beantragt (S 132), ohne daß das Beweisbegehren in der dem angefochtenen Urteil vorausgegangenen, gemäß § 276 a StPO am 11. Mai 1990 neu durchgeführten Hauptverhandlung (S 173) wiederholt worden wäre (ON 44).
Jene Umstände hinwieder, deren Nachweis der weitere Antrag auf Vernehmung jenes Polizeibeamten, der die Erhebungen am Tatort durchführte, bezweckte (S 177), hat das Erstgericht ohnedies als erwiesen angenommen. Geht doch das angefochtene Urteil im wesentlichen in Übereinstimmung mit dem Antragsvorbringen davon aus, daß am Tatort keine Anzeichen eines Kampfes (und daher auch keine kriminaltechnisch verwertbaren Spuren) wahrzunehmen waren (S 187 f). Eine entscheidungswesentliche Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten kommt daher nicht in Betracht. Die Tatsachenrüge (Z 5 a) beschränkt sich darauf, unter Bezugnahme auf in den tatrichterlichen Erwägungen ohnedies eingehend und plausibel berücksichtigte Beweisaspekte (Ungereimtheiten in den Angaben der Zeugin Ilinka N***, Fehlen sichtbarer Verletzungsspuren des Tatopfers bzw. äußerer Anzeichen einer tätlichen Auseinandersetzung in dessen Wohnung, Eifersucht als angebliches Motiv der vom Angeklagten behaupteten Falschbezichtigung, Diskrepanz zwischen der Höhe des geraubten und des beim Angeklagten sichergestellten Geldbetrages) die Glaubwürdigkeit der den Angeklagten belastenden Aussage der Zeugin N*** in Frage zu stellen. Daraus ergeben sich mithin keine (geschweige denn erheblichen) Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen. Schließlich schlägt auch die (sachlich allein auf die Z 9 lit a gestützte) Rechtsrüge nicht durch:
Der Beschwerdeauffassung zuwider stellt der Versuch der Nötigung zur Unterlassung der Anzeige (Schuldspruch 2) keine straflose Nachtat zum vorangegangenen Raub dar. Blieb doch die Beeinträchtigung der persönlichen Entscheidungsfreiheit des Opfers bei der Erstattung der Anzeige von dem im Schuldspruch wegen Raubes erfaßten Unrechtsgehalt unberührt, weshalb der gegen ein weiteres Rechtsgut gerichteten Nötigung eigenständige Strafbarkeit zukommt (Mayerhofer-Rieder3 Nr. 86 ff zu § 28 StGB, Nr. 32 a zu § 142 StGB). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Soweit der Angeklagte Berufung (auch) "wegen Schuld" angemeldet und in der Folge "Strafberufung" ausgeführt hat, ist zunächst davon auszugehen, daß der Berufungswerber seine Beschwerdepunkte in der Berufungsausführung über die in der Berufung angemeldeten hinaus erweitern darf, sofern er nicht ausdrücklich oder stillschweigend auf die Geltendmachung weiterer Berufungsgründe verzichtet hat (SSt. 43/9 - verstärkter Senat). Da die (obwohl insoweit verfehlte) Anmeldung der Berufung "wegen Nichtigkeit und Schuld" weder als ausdrücklicher, noch als konkludenter Verzicht auf eine Bekämpfung des Strafausspruchs zu verstehen ist, blieb es dem Angeklagten unbenommen, seine (zunächst zwar auf unzulässige Punkte beschränkte) Berufungsanmeldung in der Rechtsmittelausführung auf eine Anfechtung des Strafausspruchs auszudehnen. Darüber war daher - im Gegensatz zu der als unzulässig zurückzuweisenden Berufung "wegen Schuld" - meritorisch zu entscheiden.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach §§ 28, 142 Abs 2 StGB eine Freiheitsstrafe von neun Monaten. Dabei wertete es das Zusammentreffen von zwei Straftaten, den an der Obergrenze des für "minderschweren" Raub ausschlaggebenden Bagatellrahmens gelegenen Schaden, drei einschlägige Vorverurteilungen, den überaus raschen Rückfall und die Tatbegehung trotz offener Vollzüge dreier Freiheitsstrafen als erschwerend, als mildernd hingegen keinen Umstand.
Mit seiner gegen diesen Strafausspruch gerichteten Berufung strebt der Angeklagte eine Strafreduktion mit der Begründung an, daß sein Alter zur Tatzeit von (erst) 22 Jahren als Milderungsgrund unberücksichtigt geblieben, der an der Bagatellobergrenze gelegene Tatschaden hingegen zu Unrecht als erschwerend gewertet worden sei. Dem Berufungsstandpunkt zuwider bedarf die ausgesprochene Freiheitsstrafe keiner Korrektur. Abgesehen davon, daß nach den gesetzlichen Intentionen eine altersbedingte Relativierung des tataktuellen Handlungs- und Gesinnungsunwerts ab dem 21.Lebensjahr in der Regel entfällt (§ 34 Z 1 StGB) und der Störwert eines minderschweren Raubes im oberen Grenzbereich gegen die Tatbestandsvoraussetzungen zum schwerer pönalisierten Raub nach § 142 Abs 1 StGB hin durchaus im Sinn der erstgerichtlichen Erwägungen steigt, erweist sich die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auch sonst im Ergebnis als nicht überhöht. Die durch die Wirkungslosigkeit wiederholter einschlägiger Vorverurteilungen verdeutlichten spezialpräventiven Erfordernisse stehen der vom Angeklagten angestrebten Herabsetzung der ohnedies im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (von sechs Monaten bis fünf Jahren) bemessenen Freiheitsstrafe entgegen.
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