OGH 12Os110/14i

OGH12Os110/14i18.12.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Dezember 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Dr. Oshidari sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Humer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Izet M***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Geschworenengericht vom 8. April 2014, GZ 40 Hv 8/14x‑140, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0120OS00110.14I.1218.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Izet M***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 6. September 2013 in S***** Amira M***** durch Zufügung eines Schnittes im vorderen Halsbereich, der zu einer Trennung beider Halsarterien und einer plötzlichen Sauerstoffunterversorgung des Gehirns mit massivem Blutverlust sowie zu zentralem Regulationsversagen führte, vorsätzlich getötet.

Die Geschworenen hatten die Hauptfrage nach dem Verbrechen des Mordes gemäß § 75 StGB bejaht, die Zusatzfrage nach Notwehr (§ 3 Abs 1 StGB), Notwehrüberschreitung aus asthenischem Affekt (§ 3 Abs 2 StGB) sowie Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) verneint und die Eventualfrage nach fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach § 81 Abs 1 Z 1 StGB demgemäß unbeantwortet gelassen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil vom Angeklagten aus Z 6 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde schlägt fehl.

Der von der Fragenrüge einzig erhobene Vorwurf der Unterlassung der Stellung einer

Eventualfrage in Richtung des Verbrechens des

Totschlags nach § 76 StGB lässt die gebotene Ausrichtung am Verfahrensrecht vermissen. Zur prozessförmigen Darstellung dieses Nichtigkeitsgrundes hätte es nämlich - samt Angabe der Fundstelle in den Akten - des Hinweises auf ein Verfahrensergebnis der Hauptverhandlung bedurft, das auf einen allgemein begreiflichen tiefgreifenden Affekt zur Tatzeit und auch auf einen währenddessen entstandenen vorsätzlichen Tötungsentschluss des Angeklagten hingewiesen hätte (vgl Ratz, WK‑StPO § 345 Rz 23, 43). Bloß denkbare Möglichkeiten und Mutmaßungen können indes nicht zum Gegenstand einer

Eventualfrage gemacht werden (RIS‑Justiz RS0102724; RS0100871 [T12]).

Dem wird die Beschwerde nicht gerecht, indem sie bloß anführt, der Angeklagte habe unmittelbar nach der Tat mit seiner Schwester telefoniert und dieser zugestanden, das Tatmotiv sei darin gelegen, dass er von seiner Frau (dem Tatopfer) betrogen worden sei. Dass ein Untreuegeständnis eines Ehegatten beim anderen zu einer heftigen Gemütsbewegung führen „kann“, sei ‑ so die sich in dieser Behauptung ohne Sachverhaltsbezug erschöpfenden Rechtsmittelausführung ‑ auch allgemein verständlich und nachvollziehbar. Einen solchen Schluss ließen auch (aktenmäßig nicht bezeichnete) Facebook‑Mitteilungen des Beschwerdeführers zu (vgl jedoch RIS‑Justiz RS0092338; Moos in WK² § 76 Rz 23 f).

Im Übrigen ist ‑ was die Rüge selbst einräumt ‑ auch der Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung kein entsprechendes Substrat in Richtung

Totschlag zu entnehmen, weil sich dieser im Rahmen seiner Verteidigung auf Notwehr und insbesondere auf mangelnde Erinnerung an das wesentliche Tatgeschehen berufen hat (ON 138 S 15 ff).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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